Irlands Premier siegt und sucht neue Partner

Die Partei von Regierungschef Ahern gewinnt die Parlamentswahlen, aber ihr bisheriger Partner schmiert ab. Die Grünen können keine Mandate hinzugewinnen. Die Frauen bleiben in der Politik weiterhin stark unterrepräsentiert

DUBLIN taz ■ Das Volk habe gesprochen, sagte die irische Labour-Abgeordnete Joan Burton. „Aber es wird eine Weile dauern, bis wir herausgefunden haben, was es eigentlich gesagt hat.“ Der Gewinner der Wahlen vom vergangenen Donnerstag ist aber eindeutig Premierminister Bertie Ahern, dessen Fianna Fáil, die „Soldaten des Schicksals“, auf 78 von 166 Parlamentssitzen kamen – einen mehr als bisher. Ahern steht vor seiner dritten Amtsperiode als „Taoiseach“ – irisch für „Häuptling“, die offizielle Bezeichnung für den Premier.

Die Wähler honorierten den wirtschaftlichen Aufschwung, der von Aherns Vorgänger Anfang der Neunzigerjahre eingeleitet worden war und Irland zu einem der reichsten Länder der Welt gemacht hat. Dennoch reicht es für die bisherige Koalition nicht, denn Fianna Fáils Partner, die Progressiven Demokraten, erlitten eine verheerende Niederlage. Sie waren mit acht Abgeordneten gestartet, übrig blieben nur zwei. Prominentestes Opfer war Parteichef Michael McDowell, der Justizminister und stellvertretende Premier. Er erklärte nach der Schlappe seinen Rückzug aus der Politik. Die Wähler halten die Progressiven Demokraten offenbar für überflüssig. Die Partei hatte sich 1985 von Fianna Fáil abgespalten, um dann eine Koalition mit den Exgenossen einzugehen.

Die größte Oppositionspartei Fine Gael, der „Stamm der Gälen“, konnte sich um 20 auf 51 Sitze verbessern. Die Labour Party, die gemeinsam mit Fine Gael an die Macht wollte, verlor dagegen einen Sitz und kam nur auf 20 Mandate, so dass dieser Plan gescheitert ist. Die kleineren Parteien wurden zwischen Fianna Fáil und Fine Gael mehr oder weniger zerrieben.

Sinn Féin ( „Wir selbst“), der politische Flügel der mittlerweile aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), hatte darauf gehofft, die Zahl ihrer sechs Abgeordneten zu verdoppeln. Stattdessen bekam sie nur vier Sitze.

Die Grünen, die ebenfalls mit großen Hoffnungen angetreten waren, konnten ihre sechs Sitze lediglich verteidigen. Nun werden sie von den beiden großen Parteien umgarnt. Sowohl Fianna Fáil als auch Fine Gael entdeckten am Wochenende ihr Herz für den Umweltschutz. Ideologische Hindernisse für eine Koalition mit einer der beiden konservativen Parteien gibt es nicht.

Die Grünen verwahren sich dagegen, als linke Partei bezeichnet zu werden. Sie sind über den Zustand einer Umweltschutzbewegung bisher kaum hinausgekommen. Ihre Themen sind Klimawandel, öffentlicher Transport und Baurecht. Der letzte Punkt ist ein heißes Eisen in Irland, weil es bei der Umwidmung von Agrar- in Bauland zu einer abenteuerlichen Serie von Korruptionsfällen unter Politikern gekommen ist, in die auch Ahern verwickelt sein soll.

Am liebsten wäre Ahern die Fortsetzung der bisherigen Koalition unter Zuhilfenahme einiger unabhängiger Abgeordneter. Das irische Wahlsystem mit Stimmübertragungen, das für eine langwierige und spannende Auszählung sorgt, begünstigt parteilose Kandidaten. Drei von ihnen stehen Fianna Fáil nahe, doch sie sind recht eigenwillig, was eine anfällige Regierung zur Folge hätte.

In ihrer politischen Ausrichtung unterscheiden sich die Parteien wenig. Aber Politik bleibt Männersache. Ins neue Parlament ziehen lediglich 20 Frauen ein, zwei weniger als bisher. Das ist eine der schlechtesten Quoten der westlichen Welt.

RALF SOTSCHECK