Betr.: kinotaz nord

A

Absolute Giganten Deutschland 1999, R: Sebastian Schipper, D: Frank Giering, Florian Lukas

„Der Einbruch märchenhaften Musical-Glamours in eine ansonsten eher triste Welt aus Hochhausbeton und Absturzkneipen ist in diesem Film so etwas wie die Erfüllung der Träume. Mit so viel Charme hat lange kein deutscher Film mehr Musicalträume und reales Leben versöhnt.“ (Der Spiegel) HH

American Hardcore USA 2006, R: Paul Rachman / Originalfassung mit Untertiteln

“Aktivisten und Wegbegleiter geben kenntnisreich Auskunft über die Entwicklung des ,American Hardcore‘, jenen von allen Glam-Elementen gereinigten Punk-Rock, der seine kurze Blütezeit um die Jahre 1985/86 erlebte. Neben Interviews greift die interessante, rasant montierte Musikdokumentation auf zahlreiche Artefakte der Bewegung zurück, leitet die gesellschaftlichen und politischen Ursprünge dieser Musikrichtung her und unterlegt die Bilder mit einer Vielzahl von Musikbeispielen.“ (filmdienst) H

Am Limit Deutschland/Österreich 2007, R: Pepe Danquart

“Dokumentarfilm über zwei Extrembergsteiger, die eine gigantische Steilwand im kalifornischen Yosemite-Nationalpark in Rekordzeit erklettern wollen. Dabei wartet er mit spektakulären Bildern und atemberaubenden Leistungen auf, konzentriert sich aber ausschließlich auf den sportlichen Aspekt des Unterfangens. Das traditionell im Bergfilm zelebrierte Pathos und die symbolische Aufladung der ‚erhabenen‘ Gebirgswelt treten zugunsten einer Feier des modernen Individualismus zurück.“ (filmdienst) HB

B

Black Book Niederlande / Großbritannien 2006, R: Paul Verhoeven, D: Carice van Houten, Sebastian Koch

„In seinem Action-Thriller ‚Black Book‘ erzählt Paul Verhoeven von der jüdischen Revuesängerin Rachel, die sich in den letzten Kriegsmonaten dem Holländischen Widerstand gegen die Nazis anschließt. Ein klassischer Verhoeven-Film: unpsychologisch, anekdotisch, gerne voyeuristisch, oft grotesk über die Karikaturgrenze, immer an der provokantesten Lösung und dem drastischsten Effekt interessiert. Holocaust und NS-Widerstand werden zum dynamischen Entertainmentstoff. Aber die serielle Gewalt erstickt das Gefühl, das immer extremere Horrorbilder mobilisieren müssen. ‚Black Book‘ ist einfach zu abgebrüht, um mit subtileren Mitteln zu rühren.“ (tip) HB

Born to be wild – Saumäßig Unterwegs USA 2007, R: Walt Becker, D: Darsteller: John Travolta, Tim Allen

„Der deutsche Titel verdeutlicht bereits mehr als treffend wohin die Reise dieser Komödie um vier von der Midlife-Krise geplagte Motorradfahrern geht: ins Niemandsland des bodenlosen Humors. Sex- und Fäkalgags nehmen kein Ende – nur was soll daran komisch sein? Irgendwie muss dieser ganze regressive Pipi-Kacke-Fick-Humor etwas mit der total verklemmten amerikanischen Gesellschaft zu tun haben. Im aufgeklärten Europa braucht das glücklicherweise niemand lustig zu finden.“ (tip) BHV, H, HB, HH, HL, KI, OL

Brinkmanns Zorn Deutschland 2006, R: Harald Bergmann, D: Eckhard Rhode, Alexandra Fischer

“O-Töne aus einer Lesung des Literaten Rolf Dieter Brinkmann, Super-8-Filme aus dem Nachlass des Dichters sowie deren szenische Umsetzung mit Darstellern vereinen sich durch eine rhythmisch kongeniale Montage zu einem kraftvollen, stimmigen und mitreißenden Literaturfilm, der die Wut des Dichters gegen den Literaturbetrieb ebenso wie die Hässlichkeit der herrschenden Zustände spürbar macht. Zudem vermittelt sich nachhaltig, wie leidenschaftslos die deutsche Gegenwartsliteratur ist.“ (filmdienst) HB

D

Dol – Tal der Trommeln Irak/Frankreich/Deutschland 2007, R: Hiner Saleem, D: Omer Chawshin, Nazmi Kirik /Originalfassung mit Untertiteln

„Der türkische Kurde Azad muss vor dem türkischen Militär in den Irak. Nach ‚Kilometer Zero‘, in dem Hiner Saleem den unbarmherzigen Krieg des Saddam-Regimes gegen die irakischen Kurden anklagte, prangert er mit ‚Dol‘ das bittere Schicksal der Kurden an, die im Grenzgebiet des Bermuda-Dreiecks Türkei-Iran-Irak verstreut leben. Der Film, eine Mischung aus grandiosem Roadmovie durch die kargen Berge Kurdistans, aus Dokumentarfilm und politischem Pamphlet, vermag allerdings trotz einer gewissen Poesie und vieler guten Absichten nicht voll zu überzeugen oder emotional zu bewegen.“ (tip) H

Das doppelte Lottchen Deutschland 2007, R: Michael Schaack, Toby Genkel

„Fast 60 Jahre ist sie schon alt: Erich Kästners Geschichte der Zwillinge Lotte und Louise. Diese wuchsen, weil Vater und Mutter sich scheiden ließen, getrennt bei jeweils einem Elternteil auf, bis sie sich zufällig begegnen und fortan keinen größeren Wunsch haben, als ihre halben Familien wieder zu einer Einheit zusammenzuführen. Für das Trauma der Scheidungskinder hat Kästner im Motiv der getrennten Zwillinge einen zeitlosen Ausdruck gefunden, der auch in dieser Animationsverfilmung bewegt. Der visuelle Stil ist dabei an die Illustrationen der Kästner-Bücher von Walter Trier angelehnt, zeugt mit seinen knappen Strichen bei Kindern für gute Verständlichkeit.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, HL, KI, OL

E

Elbe Deutschland 2006, R: Marco Mittelstaedt, D: Henning Peker, Tom Jahn

„Metaphern sind eine feine Sache. Gute Regisseure verstehen es, das Innenleben ihrer Protagonisten in Bildern zu spiegeln. Oft sind solche symbolischen Einstellungen nur ein paar Sekunden lang. In diesem River-Movie dauert die Metapher 92 Minuten. Auf der Suche nach einem Job tuckern zwei arbeitslose Lastkahn-Schipper in einem Segelboot die Elbe runter. Auf der meditativen Bootstour werden häppchenweise die Sorgen und Träume, aber auch die tragische Vergangenheit der schmuddeligen Schipper offenbart. Wenn in der letzten Viertelstunde das Tempo merklich anzieht und echte Dramatik ins Spiel kommt, ahnt man, wie gut dieser Film hätte werden können – hätte die Elbe nur schon früher ein paar emotionale Stromschnellen gehabt.“ (Cinema) HH, KI

F

Die Fälscher Deutschland/Österreich 2006, R: Stefan Ruzowitzky, D: Karl Markovics, August Diehl

„Die Geschichte klingt fast unglaublich: In den letzten Kriegsjahren ließen die Nazis im Konzentrationslager Sachsenhausen Pfund- und Dollarnoten fälschen, um damit die Wirtschaft der Kriegsgegner zu schwächen. Niedergeschrieben wurde das weitgehend unbekannte Kapitel der NS-Zeit im Tatsachenroman ‚Des Teufels Werkstatt‘ des Holocaust-Überlebenden Adolf Burger. ‚Anatomie‘-Regisseur Stefan Ruzowitzky hat den Stoff zu einer bewegenden Parabel über Moral und Ideale und die Verantwortung des Einzelnen angesichts von Terror und Unrecht verarbeitet. Ohne überschüssiges Pathos erzählt Ruzowitzky ein spannendes Drama aus finsterer Zeit.“ (Cinema) HB

Die Fans sind wir Bremen 2007, R: Wilhelm Rösing, Thomas Hafke

„Der Film dokumentiert 35 Jahre Bremer Fan-Geschichte und lässt dabei diejenigen zu Wort kommen, die die Szene mitgestaltet haben. Treue Werder-Anhänger geben tiefe Einblicke in das Fan-Dasein, schauen auf die Anfänge zurück und reflektieren die jüngste Entwicklung. Den Filmemachern ist es dabei gelungen, die Ereignisse differenziert aufzuzeigen, um sowohl die Schattenseiten Bremer Fan-Kultur als auch die grenzenlose Faszination für den Fußball darzustellen. Fünfzehn Fans von Werder Bremen erinnern sich an ihr erstes Spiel im Stadion, berichten von Kuttenzeiten und fragen sich, wo ihre Schals geblieben sind. Aber auch die jungen Ultras kommen zu Wort und denken laut über die rasanten Veränderungen in der Welt des Fußballs nach.“ (taz) HB

Fantastic Movie USA 2007, R: Jason Friedberg, Aaron Seltzer, D: Kal Penn, Adam Campbell

„In dieser dämlichen Blockbuster-Parodie müssen sich vier Kids im Zauberland Gnarnia mit Piraten und Harry Potter herumschlagen. Nichts gegen so genannte spoof movies, alberne Parodien, die bekannte Kinoerfolge hemmungslos durch den Kakao ziehen. Doch die abenteuerliche Reise von vier ausgewachsenen Waisenkindern, die vor dem verrückten Schokoladenfabrikbesitzer Willy Wonka in einen Wandschrank flüchten und sich im Zauberland Gnarnia wiederfinden, wo sie mit einem rappenden Piraten, Harry Potter und einem Albino-Mönch aneinander geraten, ist so belanglos blöd, dass es nicht mal zu einem ‚Iiiihgitt!‘ reicht, wenn Waise Edward von Wonkas Scheiße nascht, weil er sie für Schokolade hält.“ (Cinema) H, HB

Der Fluch der goldenen Blume China 2006, R: Zhang Yimou, D: Gong Li, Chow Yun-Fat

„Schwertfechter wirbeln saltoschlagend umeinander, seiltanzende Bogenschützen geben Schnellfeuer, und zum Finale ergießt eine Heerschar sich wie ein Sturzbach ins Schlachtgetümmel: Zhang Yimou, Chinas Großmeister des martialisch-zirzensischen Historienspektakels, stellt einen neuen Rekord an Pomp und kalter Show-Virtuosität auf. Die literarische Vorlage von 1933 gilt als das berühmteste chinesische Drama des 20. Jahrhunderts, doch Zhang versetzt das bürgerliche Trauerspiel um ein gutes Jahrtausend zurück in eine Epoche luxuriöser Feudalherrschaft. So donnert das giftmörderische Familienkomplott samt Ehebruch, Inzest und Wahnsinn wie ein shakespearehaftes Königsdrama über die Leinwand.“ (Der Spiegel) H

fucking different New York Deutschland 2007, R: Steve Gallagher, Todd Verow u. a., D: Wendy Scheer, Yuki Shoji

„Sechs lesbische und sechs schwule FilmemacherInnen aus New York treten an, die homosexuelle Erotik des jeweils anderen Geschlechts zu reflektieren. Die Beiträge schwanken zwischen sinnlich und albern und reichen vom Lego-Animations-Porno, der sich dem Treiben von Bauarbeitern in der Pause widmet, bis hin zum gefaketen Experimental-Home-Movie, in dem Joan Crawford Marilyn Monroe aus ihrer Verzweiflung rettet. Unterhaltsam, aber weitgehend harmlos.“ (tip) H

Full Metal Village D 2006, R: Sung-Hyung Cho

„Lassen Sie sich bitte nicht vom Titel abschrecken, denn ‚Full Metal Village‘ ist eine der schönsten Kinoentdeckungen dieses Frühjahrs. Die in Deutschland lebende Koreanerin drehte die Dokumentation in dem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf Wacken, das einmal im Jahr aus seinem nordfriesischen Phlegma gerissen wird, wenn Tausende von Heavy-Metal-Fans aus aller Welt es bei einem dreitägigen Open Air Festival überrollen. Die Bauern und Damen des Kaffeekränzchens reagieren erstaunlich gelassen auf die meist in schwarzem Leder gekleideten Langhaarigen, und die Filmemacherin hat genau das richtige Maß an Neugierde und Humor, um diesen Zusammenprall der Kulturen zu einem sehr erhellenden und amüsanten Porträt der norddeutschen Provinz werden zu lassen.“ (hip) H, HH, OL

G

Ganges – Fluss zum Himmel Indien/USA 2004, R: Gayle Ferraro

„Die Sehnsucht ihrer todkranken Angehörigen nach den Verheißungen des ewigen Lebens führt vier indische Familien in die jahrhundertealte Stadt Varanasi, an einen der wichtigsten Plätze des Hindu-Glaubens. Gefilmt hauptsächlich im Umfeld eines Sterbehospiz an den Ghats von Varanasi, direkt im religiösen Herzen von Indien, folgt «Ganges - Fluss zum Himmel» den oft mühsamen Versuchen von vier Familien, ihren todkranken Angehörigen den letzten irdischen Wunsch zu erfüllen: Nach dem Tod in den Himmel zu kommen.“ (rhein-main.net) HH

Genosse Pedersen Norwegen 2006, R: Hans Petter Moland, D: Kristoffer Joner, Ane Dahl Torp / Originalfassung mit Untertiteln

„Wie sich eine Weltanschauung zersetzt, das zeigt Hans Petter Moland in seiner Politsatire. Während einer Zugfahrt öffnet der junge Lehrer Knut Pedersen das Gangfenster, weil der Luftzug ihm - ähnlich wie in der bekannten Szene mit Marilyn Monroe - verführerische Blicke unter den roten Rock einer Mitreisenden gestattet. Die Leidenschaft, die die Bewegung um die Marxistisch-Leninistische Arbeiterpartei AKP gegen Ende der sechziger Jahre in Norwegen versprüht, zieht ihn später ebenso verzückt in den Bann ihrer roten Fahne. Er bricht mit seiner gutbürgerlichen Ehe und wirft sich kopflos in eine wilde Affäre mit seiner Genossin Nina . Ambivalent ergänzen sich die ins Komische übersteigerte Fanatik der Aktivisten und die Tragik ihres Scheiterns mit Archivmaterial-Sequenzen von kommunistischen Massenveranstaltungen zu einem wahnwitzigen fiktiven Zeitdokument, das die erotische Anziehungskraft des Revolutionsgedankens gleichzeitig zelebriert und ironisch verzerrt.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H

GG 19 Deutschland 2007, R: diverse, D: diverse

„Viele sinnlos verprasste Fördergelder stekken in diesen 19 Kurzfilmen über die Segnungen unseres Grundgesetzes. Die meisten der Beiträge sind ungelenk und theatralisch inszeniert und wirken wie verfilmter Schulfunk. Justizministerin Brigitte Zypries spielt übrigens auch mit. Die Art von Film, die man Nachsitzern in humanistischen Gymnasien zur Strafe aufbrummt.“ (Cinema) BHV, HB, HH, KI

Goal! II Großbritannien/Spanien/Deutschland 2007, R: Jaume Collet-Serra, D: Kuno Becker, Alessandro Nivola

„Nachdem es ein genialer Fußballer vom südamerikanischen Bolzplatz in die Profiliga Westeuropas geschafft hat, findet seine Karriere mit der Berufung zu Real Madrid ihren Höhepunkt. Doch mit Ruhm und Reichtum legen sich die Schattenseiten des Geschäfts auf die Seele des Sportlers. Affären und Glamourwelt zerfressen die heile Welt des bodenständigen Stars. Zweiter Teil einer Trilogie, die trotz ansehnlicher Fußball-Sequenzen mit wirklichen Stars der Szene vor allem eine dreiste Anhäufung an Klischees und Sentiment ist.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH

Golden Door Italien/Frankreich 2006, R: Emanuele Crialese, D: Charlotte Gainsbourg, Vincenzo Amato / Originalfassung mit Untertiteln

„Anders als etwa in den amerikanischen Einwandererfilmen von Coppola bis Scorsese stellt der Sizilianer Emanuele Crialese in ‚Nuovomondo‘, wie der Film im Original heisst, den Weg über den Atlantik und die anschliessende Selektion bei der Einwanderungsbehörde auf Ellis Island in den Mittelpunkt seiner Emigrantensaga. Er unterstreicht damit die Passage, den forcierten Prozess des Übergangs von einer archaischen Gesellschaft zur Moderne, dem diese armen sizilianischen Bauern zwangsläufig unterzogen werden. Die Gemütslage der Protagonisten spiegelt sich in surrealen Einschüben, wo das Silbergeld von den Bäumen purzelt und riesengrosse Feldfrüchte das harte Bauernlos belohnen. Ein ambitionierter Film, dem erneut Crialeses Freund und Hauptdarsteller, der Bildhauer Vincenzo Amato, das nötige Gewicht verleiht.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH

Der große Ausverkauf Deutschland 2006 , R: Florian Opitz

„‚Der große Ausverkauf‘ prangert, pünktlich zum G-8-Gipfel in Heiligendamm, die Auswüchse des Kapitalismus an. Regisseur Florian Opitz will mit seinem Dokumentarfilm zeigen, „was eine Gesellschaft verliert, die Konzernen die Verantwortung für ihre Grundversorgung überträgt“. In Großbritannien zum Beispiel endete die Privatisierung der Eisenbahn in einer einzigen Katastrophe; im südafrikanischen Township Soweto bleibt es in vielen Häusern dunkel, seit die Bewohner die gestiegenen Strompreise nicht mehr bezahlen können; in Cochabamba, der drittgrößten Stadt Boliviens, versuchte der US-Konzern Bechtel, sogar aus Regenwasser Profit zu schlagen. Opitz schildert diese Fälle konsequent aus der Sicht von Betroffenen, die sich, so gut es geht, gegen die Konzerne wehren. Seine Einseitigkeit erhöht zwar den Unterhaltungswert, aber am Ende der telegenen Strafpredigt fühlt sich manch ein Zuschauer möglicherweise für dumm verkauft.“ (Der Spiegel) H, HB, HH

Das größte Spiel der Welt

Spanien/Deutschland 2006, R: Gerardo Olivares, D: Zeinolda Igiza, Shag Humar Kahn

„‚Das größte Spiel der Welt‘ verwandelt selbst in den entlegensten Winkeln der Erde erwachsene Männer in Kindsköpfe. Ob Mongolen im Altai-Gebirge, Tuareg in der Sahara oder Indianer am Amazonas, sie alle müssen in diesem Film viel Phantasie und Hinterlist aufbringen, um 2002 das WM-Endspiel zwischen Deutschland und Brasilien zu sehen und in ihren archaischen Lebenswelten die modernen Mythen Ronaldo und Kahn per Liveübertragung zu bewundern. Ausgelassen und witzig erzählt der in Naturfilmen bewanderte spanische Regisseur Gerardo Olivares von der einfallsreichen Beschaffungsenergie Fußballsüchtiger und macht daraus eine augenzwinkernde Hommage an den menschlichen Spieltrieb.“ (Der Spiegel) HB

H

Hände weg von Mississippi Deutschland 2007, R: Detlev Buck, D: Zoe Mannhardt, Katharina Thalbach

„In Detlev Bucks beschwingtem Familienfilm nach einem Roman von Cornelia Funke kämpft ein Mädchen für das Überleben eines verwaisten Pferdes. Niemand porträtiert das Leben auf dem Land so liebevoll wie der Bauernsohn Detlev Buck. In der Geschichte geht es um das Stadtkind Emma, das seine Ferien bei der knarzigen Oma verbringt. Als die Zehnjährige mitkriegt, dass der arrogante Erbe eines Nachbarhofes das dazugehörige Pferd Mississippi beim Schlachter entsorgen will, entwickelt sie einen Plan. Die simple Story dient jedoch nur als Gerüst für ein Potpourri köstlicher Szenen, mit denen der Regisseur an seine frühen Kultfilme wie ‚Karniggels‘ anknüpft. Alle bestens geeignet, beim Zuschauer ein zufriedenes Dauergrinsen auszulösen. Ein Kinderfilm? Ja. Einer, in den Eltern ihre Sprösslinge gerne ein zweites Mal mitnehmen.“ (Cinema) BHV, H, HB, HH, HL, KL, OL

Herr Bello Deutschland 2007, R: Ben Verbong, D: Armin Rohde, August Zirner

„Ein Hund, der dem zwölfjährigen Sohn eines verwitweten Apothekers zugelaufen ist, verwandelt sich durch einen Zaubertrank des Großvaters in einen Menschen mit recht „tierischen“ Verhaltensweisen, der um die schöne Nachbarin buhlt, auf die auch der Apotheker ein Auge geworfen hat. Der ebenso einfalls- wie temporeiche Kinderfilm legt nach verhaltenem Anfang beträchtlich zu und zeigt sich von seiner unterhaltsamsten Seite. Auch die spielfreudigen Darsteller tragen zu der gelungenen Inszenierung bei.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Die Hochstapler Deutschland 2006, R: Alexander Adolph

„‚Die Hochstapler‘ beherrschen die hohe Kunst, fremden Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In ihrem so kurzweiligen wie lehrreichen Dokumentarfilm stellen die Regisseure Alexander Adolph und Nina Ergang vier – mittlerweile verurteilte - Meister ihres Fachs vor und die verblüffend einfachen Tricks, mit denen sie zum Erfolg kamen. Da reichten teure Schuhe, ein edler Aktenkoffer und das entsprechende Auftreten, um abgezockten Bankern Kredite abzuluchsen oder Millionären Flüge auf den Mond zu verkaufen. Im Spiegel der Täter porträtiert der Film vor allem die Opfer und enthüllt damit die Leichtgläubigkeit und Gier vieler Menschen.“ (Der Spiegel) HB, HH

Hongkong Love Affair Hongkong 1996, R: Peter Chan, D: Maggie Cheung, Leon Lai

„Die episch angelegte Liebesgeschichte zwischen zwei aus dem chinesischen Hinterland nach Hongkong übergesiedelten jungen Menschen. Obwohl sich zeitweilig eine leidenschaftliche Beziehung entfaltet, verzichtet das Paar aus Familienräson auf eine dauerhafte Bindung. Nach mehreren Jahren und diversen Wechselfällen des Schicksals bietet sich ihm eine zweite Chance. Durch die genaue psychologische Charakterzeichnung, nur scheinbar nebensächliche Anekdoten sowie den hohen dokumentarischen Wert entwirft der Film das plastische Bild einer fremden Lebenswelt. Da die schicksalhaften Verkettungen der Handlung mehr und mehr überhand nehmen, verschiebt sich der Gesamtcharakter jedoch, wodurch der ansonsten ausgesprochen reizvolle Film viel von seiner künstlerisch autonomen Sprache einbüßt.“ (Lexikon des interationalen Films) HB

How to cook your life Deutschland 2006, R: Doris Dörrie

„Edward Espe Brown ist zwar noch kein Küchenheiliger, aber lang kann das nicht mehr dauern: Er lebt als Zen-Priester in Fairfax, gibt Koch- und Zen-Kurse und schreibt Bestseller darüber. In den USA sind seine Workshops der Renner - vermitteln sie doch ein verloren gegangenes Stück Zufriedenheit und Nähe zum Leben. Doris Dörrie war bei einigen mit der Kamera dabei und ließ sich von Browns undogmatischer Kunst des Kochens zu einer heiteren Dokumentation über das Kochen, das Leben und den Meister inspirieren.“ (tip) H, HH

I

Irina Palm Belgien/Frankreich/ Deutschland 2007, R: Sam Gabarski, D: Marianne Faithfull, Miki Manojlovic

„Marianne Faithfull spielt die Titelheldin und sucht, um eine sehr teure Behandlung für ihren todkranken Enkel bezahlen zu können, einen Job. Schon das ist eigentlich unerträglich: Könnte sie nicht einfach die Nase voll haben von ihrem Vorstadtspießerdasein? Sie findet nichts außer einer Hostessenstelle bei Sexyworld, einem schmierigen Schuppen in Soho, in den sie hereinstolpert in der Annahme, sie könne dort für eine Menge Geld Tee kochen und aufräumen. Ein garantierter Lacher? O ja, und so geht es weiter, mit Erklärungen, wie sie ihre Aufgabe bewältigen kann vor einem Loch in der Wand, durch das ihr die Arbeit zugereicht wird. “Wichsende Witwe“ nennt sie sich selbst, und auch das sorgt im Publikum für fröhliche Schnaufer. Dabei sieht „Irina Palm“ nicht besser aus als jeder beliebige Fernsehfilm, die Gitarrenmusik ist von großer Schlichtheit und Marianne Faithfulls Schauspielkunst schnell erschöpft.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) HH

J

Joe Strummer: The Future Is Unwritten Großbritannien 2007, R: Julian Temple

„‚Joe Strummer – The Future Is Unwritten‘ ist eine Dokumentation über den Ende 2002 verstorbenen Frontman der Punkheroen von ‚The Clash‘ und wirkt wie ein visueller Schlagzeugwirbel. Regisseur Julien Temple lässt Strummers Leben in einer Montage vorbeirauschen, die so unwiderstehlich vorantreibt wie dessen Songs, er mischt Spiel-, Trick- und Dokumentarfilmelemente genauso wild wie der geniale Eklektiker die Musikstile. Am Lagerfeuer, wo sich Freunde und Weggefährten des Musikers treffen und von ihm erzählen, kommt der Film immer wieder zur Ruhe. Ein mitreißendes und lehrreiches Porträt.“ (Der Spiegel) HB, HH

Junebug USA 2006, R: Phil Morrison, D: Embeth Davidtz, Alessandro Nivola

„Dass der Clash der Kulturen auch innerhalb der USA stattfindet, beweist diese feinfühlige Tragikomödie von Regisseur Phil Morrison: Madeleine, weltläufige Kunsthändlerin aus Chicago, reist mit ihrem neuen Ehemann George zum Antrittsbesuch bei seiner Familie ins ländliche North Carolina. Dort macht Madeleine Bekanntschaft mit verstockten Schwiegereltern, einer redseligen Schwägerin (2006 Oscarnominiert: Amy Adams), aber auch bisher unbekannten Werten: Familie, Kirche, Vaterland. Regisseur Morrison, selbst in North Carolina aufgewachsen, ist eine humorvolle Studie über die Macht der Gewohnheit gelungen.“ (Der Spiegel) HB

L

Der letzte König von Schottland Großbritannien 2006, R: Kevin Macdonald, D: Forest Whitaker, James McAvoy

Er kann so jovial sein wie Falstaff, so paranoid wie Othello, so brutal wie Richard III und so unberechenbar wie Titus Andronikus. Ja, der Tyrann Idi Amin scheint direkt aus den Königsdramen von Shakespeare in die Geschichte des 20. Jahrhunderts verpflanzt worden zu sein – so spielt ihn zumindest Forest Whitaker in dieser Adaption des gleichnamigen Romans von Giles Foden. Der Diktator herrschte von 1971 bis 1979 über Uganda, mehr als 300000 Menschen soll er getötet haben, und er starb erst vor drei Jahren im Exil in Saudi Arabien. Das Zentrum von ‚The Last King of Scotland‘ bildet das Psychogramm von Idi Amin – und damit auch die mit Recht mit dem Oscar prämierte Leistung von Forest Whitaker. Er wirkt beängstigend real, zugleich überlebensgroß und menschlich. Diesen monströsen Verrückten verkörpert Forest Whittaker als eine archaischen Naturgewalt in menschlicher Gestalt. (hip) HH

Little Children USA 2006, R: Todd Field, D: Kate Winslet, Patrick Wilson

„Ihr biederes Hausfrauen- und Mutterdasein in einem amerikanischen Suburb empfindet Sarah (Kate Winslet) als bedrükkend. Nach der Heirat hatte sie ihr Promotionsvorhaben abgebrochen. Sie lernt Brad (Patrick Wilson) kennen, einen jungen Vater, der, streng von Ehefrau Kathy (Jennifer Connelly) überwacht, seiner verflossenen Jugend nachhängt. Aus dem scherzhaften Kuss zweier Leidensgenossen entwickelt sich eine Affäre, die beide von einer gemeinsamen Zukunft träumwenische Philosopen lässt. In präziser Schlichtheit zeichnet der Film Sarahs private Rebellion mitreißend nach und macht aus ihr eine veritable „Madame Bovary“ der Vorstädte.“ (Rheinischer Merkur) HH

M

Das Mädchen, das die Seiten umblättert Frankreich 2006, R: Denis Dercourt, D: Catherine Frot, Déborah François

„Ein Trauma und seine bösen Folgen: Eine gescheiterte Musikerin erschleicht sich unerkannt das Vertrauen einer Konzertpianistin – die sie in Wahrheit abgrundtief hasst. Denis Dercourt erzählt die Geschichte einer konsequenten Rache, allerdings nicht auf plumpe Art, sondern mit Stil: Hier wetzen die Bösen keine Messer. In ruhigen, eleganten Bildern zeigt der Regisseur, wie Mélanie ihr Opfer langsam einkreist, er intensiviert die bedrohliche Atmosphäre allein durch verstohlene Blicke, eine Berührung, Schweigen. Und der Zuschauer schwankt zwischen Mitleid für die zappelnde Fliege und Bewunderung für diese Spinne, die ihr Netz so wunderbar hinterlistig baut. Perfide.“ (Cinema) H, HB, HH

Mana – Die Macht der Dinge Deutschland, USA, Holland, Frankreich 2004, R: Peter Friedman Roger Manley / Originalfassung mit Untertiteln

„Überall auf der Welt und in jeder Gesellschaft gibt es Objekte, die eine besondere Macht haben. Menschen besteigen Berge oder unternehmen Pilgerreisen, um diese Objekte einmal zu sehen oder zu berühren. Der Film von Peter Friedman und Roger Manley will aufzeigen, wie sich Menschen in Gegenwart dieser magischen Gegenstände verhalten und was die Grundlage dieses universellen Verhaltens ist: Der Glaube. Sie zeigen eine Odyssee von der Wüste Arizonas durch Asien, Afrika und Europa zu Tempeln, Museen und Zeremonien, aber auch nach Elvisland und in einen Atomreaktor.“ (Rhein-main.net) HB, HH

Der Mann aus Eisen Polen 1981 R: Andrzej Wajda, D: Jerzy Radziwilowicz, Krystyna Janda

„Rekonstruktion der politischen Entwicklung Polens während der 70er Jahre im Spiegel der Lebensgeschichte einiger Personen, die schon in Wajdas Film ‚Der Mann aus Marmor‘ 1976 vorkamen. Ein angepaßter Reporter erlebt den politischen Umschwung des Jahres 1980 und recherchiert die Vorgeschichte in der Biografie eines Streikführers, der der Sohn eines Propagandahelden aus der stalinistischen Ära ist. Ein politisch engagierter Film, entstanden aus der Unmittelbarkeit der Situation; ein leidenschaftliches Plädoyer für Menschenrechte, Demokratie und das Vertrauen in die eigene Kraft.“ (Lexikon des internationalen Films) HB

Das Ministerium für Staatssicherheit – Alltag einer Behörde Deutschland 2002, R: Christian Klemke, Jan Lorenzen

„Ex-Stasi-Generäle und -Offiziere geben in einer entlarvenden Dokumentation Einblicke in den Arbeitsalltag der Stasi. Die Regisseure Christian Klemke und Jan N. Lorenzen betreiben mit ihrer Dokumentation keine investigative Spurensuche und bieten auch keine sensationellen Enthüllungen. Sie porträtieren stattdessen das Menschenbild, Selbstverständnis und Rechtfertigungsstrategien der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter und die menschenverachtenden Techniken der Stasi - aus der Sicht der Täter, deren Ausflüchte und Verdrängungsbemühungen in der Montage der Bilder entlarvt werden.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI, OL

Mr. Bean macht Ferien Großbritannien 2007, R: Steve Bendelack, D: Rowan Atkinson, Willem Dafoe

„Die britische (Fernseh-)Kultfigur Mr. Bean gewinnt eine Reise nach Cannes, die er weidlich nutzt, um durch sein infantiles Unvermögen für Durcheinander zu sorgen. Eher eine Aneinanderreihung von Missgeschicken als ein dramaturgisch durchdachter Spielfilm, hat der zweite Kinoauftritt des beschränkten Briten nur wenig Unterhaltendes zu bieten und ist eher als Abgesang auf einen einstigen Fernsehkult zu deuten.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

N

The Namesake – Zwei Welten, eine Reise USA 2007, R: Mira Nair, D: Kal Penn, Irfan Khan

Großes episches Kino wird hier geboten – die so oft erzählte Geschichte von der Emigration in die USA einmal nicht aus der Perspektive von Italienern, Iren oder Juden erzählt, sondern von einer bengalischen Familie. Und damit hat Mira Nair, die sich mit ihren Filmen ja auch eine Nische zwischen Bollywood und Hollywood geschaffen hat, den genau für sie passenden Stoff gefunden. Dabei geht sie für eine Literaturadaption überraschend filmisch vor. Bei den intimen Familienszenen ist sie am stärksten, denn hier schöpft sie offensichtlich aus eigenen Erfahrungen. Aber sie kann auch große Panoramen schaffen und arbeitet geschickt mit wiederkehrenden Leitmotiven wie der Brückenmetapher oder den Schuhen, in die jemand anderes steigt. Dieser Film erzählt von der Welt – man erfährt viel über die bengalische Kultur, deren exotische Reize durchaus ausgespielt werden, ohne dass sich der Film auf den rein touristischen Blick verengt. Stattdessen bekommt man eine Ahnung davon, wie die Sicht von Bengalen auf den Westen ist. (hip) H, HB, HH, HL, KI

O

Ocean’s Thirteen USA 2007, R: Steven Soderbergh, D: George Clooney, Brad Pitt

Inzwischen sind Steven Soderbergh und sein Schauspielerensemble genauso gut eingespielt wie Danny Ocean und seine Kumpanen. Wie der Meisterdieb mit einer souveränen Gelassenheit seinen Coup vorbereit, sodass man nie ernsthaft daran zweifelt, dass das tollkühne Vorhaben auch gelingt,so inszeniert nun auch der Regisseur diesen Genrefilme, der so entspannt und perfekt daherkommt als wäre er ein Klassiker von Howard Hawks. Wie schon in den vorherigen ‚Ocean‘-Filmen wird hier die Genre-Konvention von den genau ausbaldowerten Einbruchsplänen und Täuschungsmanövern, die scheitern, um dann von Strategien abgelöst zu werden, die noch komplexer und gewagter sind, auf die Spitze getrieben. Aber jetzt hat Soderbergh es nicht mehr nötig, sie ernsthaft und mit einem immer etwas leicht angeberisch wirkenden Stolz auf die eigene Raffinesse vorzuführen. Statt dessen gibt er dem Film einen selbstironischen, komödiantischen Dreh, der ihm sehr gut bekommt. (hip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

P

Das perfekte Verbrechen USA 2007, R: Gregory Hoblit, D: Sir Anthony Hopkins, Ryan Gosling

„Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem ehrgeizigen Strafermittler und einem gerissenen Mörder. ‚Das perfekte Verbrechen‘ erinnert stark an Hoblits Regiedebüt ‚Zwielicht‘, ohne dessen durchgängige Spannung zu erzielen. Der Film lebt vom Nervenkitzel des Zermürbungskrieges zwischen Anthony Hopkins und dem großartigen Ryan Gosling, doch zwischendurch sorgen lange Phasen unnötiger Umstandskrämerei für dramaturgische Schwächeperioden. Wer im Kino aber gerne mittüftelt, dürfte an diesem „Popcorn-Thriller mit Hirn“ (O-Ton Hoblit) sein Vergnügen haben.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt USA 2007, R: Gore Verbinski, D: Johnny Depp, Keira Knightley

Die Kaperfahrt von Jack Sparrow und seiner Piratencrew führt im dritten Teil auch in bisher noch nicht durchkreuzte Gewässer. Wie die Vorgänger ist dieser Film wieder ein großes Spektakel mit nicht enden wollenden Seeschlachten, Schwertkämpfen und Keilereien. Das Genre der Piratenfilme wird wieder so gründlich geplündert, dass nach dieser Enterattacke von Verbinski und den Drehbuchschreibern Ted Elliot und Terry Rossio nur noch ein abgetakeltes Schiffswrack übrigbleibt, an das sich in nächster Zeit wohl kaum noch ein Studio heranwagen wird. Dabei gelingt es ihnen, eine Popmythologie von zum Teil erstaunlicher Komplexität zu schaffen, und diese nehmen sie im letzten Teil der Trilogie viel ernster als etwa im vergleichsweise komödiantischen ‚Dead Man’s Chest‘. So ist der Film düsterer und mysteriöser geraten. Einzelne Sequenzen haben sogar eine surreale Poesie. Man merkt, dass den Filmemachern beim dritten Teil nicht etwa die Ideen ausgegangen sind, dass dies nicht nur ein weiterer Aufguss ist, sondern dass sie mit übermütiger Spielfreude weiter an ihrer Piratengeschichte gebastelt haben. (hip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Prinzessinnenbad Deutschland 2007, R: Bettina Blümner

„Frühreif wäre das falsche Wort. Aber Mina, Klara und Tanutscha, alle 15, sind für ihr Alter schon ziemlich weit. Bettina Blümner hat die drei Freundinnen beim Erwachsenwerden begleitet: im Berliner Prinzenbad, im Freundeskreis, im täglichen Leben. Dabei albern die Mädchen herum, rauchen Kette – und nehmen bei Themen wie Liebe, Familie und beruflicher Zukunft kein Blatt vor den Mund. ‚Prinzessinnenbad‘ bietet ihnen eine Bühne, auf der sie selbstbewusst, in stillen Momenten aber auch verletzlich wirken. So entsteht ein Porträt, das ihre Charakterzüge unaufdringlich verdichtet und umfassend beschreibt.“ (Cinema), HH, OL

R

Die Reise der Pinguine Frankreich 2004, R: Luc Jacquet

„Der Überraschungserfolg des Jahres kommt aus Frankreich – eine spektakuläre Expedition zu den heldenhaften Kaiserpinguinen der Antarktis. Nie gesehene Bilder aus dem ewigen Eis rauben den Atem und gehen zu Herzen. Denn der Lebenszyklus der Kaiserpinguine, die Unfassbares auf sich nehmen, um sich zu paaren, ein einziges Ei zu legen und hart an der Grenze zum Hungertod ihr Küken aufzuziehen, ist eine Tragikomödie epischer Größe.“ (Cinema) HB

Robert Altman’s Last Radio Show USA 2006, R: Robert Altman, D: Garrison Keillor Meryl Streep / OmU

Der letzte Film eines Regisseurs vor seinem Tode bekommt immer eine ganz eigene Bedeutung. Und nicht jeder Filmemacher hat das Glück, mit einem gelungenen Werk abzutreten. Nun kommt Robert Altmans „A Prairie Home Companion“ (so der Originaltitel) in die deutschen Kinos. Dies ist ein sanfter, exzentrischer Ensemblefilm, der von nichts anderem erzählen will, als von der letzten Vorstellung einer altmodischen Radioshow. Altman war immer ein Regisseur, der versuchte, das Durcheinander des Lebens, das Überraschende, die Missgeschicke und unverhofften Glückmomente in seinen Filmen einzufangen, und so war diese live aufgeführte Radioshow für ihn eine wunderbare Spielwiese, auf der er sich noch einmal austoben konnte. Mit seinem übermütigen Blick auf das Skurrile zeigt er eine kleine Welt, die voller Leben ist. Wie in seinen großen Ensemblefilmen wechselt er wieder ständig zwischen den Filmfiguren, Geschichten und Stimmungen mit einer in jeder Minute des Films spürbaren Freude am so unordentlichen, traurigen, schönen, lächerlichen und erhabenen menschliche Dasein. Ein schöner Abschied von seinen Zuschauern ist ihm da gelungen. (hip) HH, OL

Der rote Bär – Un oso rojo Argentinien 2003, R: Adrián Caetano, D: Julio Chávez, Soledad Villamil / Originalfassung mit Untertiteln

„Nach siebenjähriger Haft will ein Mann sein altes Leben in einem Vorort von Buenos Aires wieder aufnehmen. Seine Frau lebt inzwischen mit einem anderen Mann zusammen und will nichts mehr von ihm wissen. Er nähert sich der geliebten Tochter an, doch sein Versuch, ihre finanzielle Zukunft zu sichern, führt erneut in die Kriminalität. Eine eindringliche, pessimistische Sozialstudie vor dem Hintergrund des Staatsbankrotts 2002, bei dem viele Argentinier Arbeit und Ersparnisse verloren. Der Film verbindet unterhaltsame Genreelemente mit einer realistischen Lebensbeschreibung.“ (Lexikon des internationalen Films) H

S

Schröders wunderbare Welt Deutschland/Tschechien/Polen 2006, R: Michael Schorr, D: Peter Schneider, Karl Fred Müller

„‚Schröders wunderbare Welt‘ liegt im sächsischen Tauchritz. Dort will ein Gutmensch mit tschechischem Sand, polnischem Strom und deutschem Unternehmergeist das Urlaubsparadies ‚Lagunenzauber‘ erschaffen und das darbende Dreiländereck beleben – ein schwieriges Unterfangen. Michael Schorrs zweiter Film nach ‚Schultze Gets the Blues‘ ist trotz aller Lakonie gröber geraten. Der Vision des kreuzbraven Schröder fehlt jene aufwühlende Wahrhaftigkeit, mit der Schultze das Publikum verstörte.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI

Shoppen Deutschland 2006, R: Ralf Westhoff, D: Sebastian Weber, Anna Böger

„Komödie über einsame Großstadtsingles und eine Methode, sie zusammenzubringen: Speed Dating, bei dem den Teilnehmern nur fünf Minuten zum Kennenlernen bleiben. Trotz des oft beackerten Terrains der Partnersuche angesichts des Single-Überschusses gelingt dem Kinodebütanten eine lebensnahe und nahezu gleichberechtigte Darstellung von 18 Figuren, denen er bei aller genretypischen Vereinfachung mit Gespür und Witz auf den Grund zu gehen versucht. Auch dank der guten Darsteller ein hierzulande außergewöhnliches Vergnügen.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, OL

Spider-Man III USA 2007, R: Sam Raimi, D: Tobey Maguire, Kirsten Dunst

„Venom, ein schwarzer, parasitärer Organismus aus dem All, und der Sandman haben Spider-Mans geliebte Mary Jane entführt. Aus der unschuldigen Perspektive der 30er Jahre, der Geburtsstunde der Superhelden, wirft Sam Raimi einen romantisch verklärten Blick auf ein idealisiertes Amerika mit aufrechten Superhelden und berechenbaren Superschurken. Das der Film dabei nicht peinlich wird, ist der offenkundigen Begeisterung Raimis für das altbackene Superheldengenre zu verdanken.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Stomp the Yard USA 2007, R: Sylvain White, D: Columbus Short, Meagan Goo

„Zwei rivalisierende Studentengruppen reißen sich um einen talentierten Streetdancer. Manchmal kann man einfach nur noch den Kopf schütteln und sich wundern. Darüber nämlich, dass sich die Produzenten von Fließbandware wie ‚Stomp the Yard‘ bei ihrer Arbeit nicht zu Tode langweilen. Denn die Geschichte vom tanzenden Outcast ist mittlerweile so oft erzählt worden, dass es sich erübrigt, die vermeintliche Erfolgsformel nochmals herunterzubeten. Was das ergibt? Einen überlangen Videoclip mit nett choreografierter Beinarbeit, viel rhythmischem Gestampfe, einem schneidigen Eintänzer und einigen schmissigen Dancefloor-Krachern. Massenware zum Kopfschütteln eben.“ (Cinema) H, HB, H, KI, OL

T

Tokio-Story (House of Bamboo) USA 1955, R: Samuel Fuller, D: Robert Ryan Dawson, Robert Stack / Originalfassung ohne Untertitel

„In Tokio überfällt eine Bande amerikanische Munitionszüge. Ein amerikanischer Polizist nimmt die Ermittlungen auf. Fuller etablierte in dieser Gangstergeschichte die Figur des Verbrechers in der Samurai-Tradition, wie er in ‚Le Samurai‘ oder ‚Ghost Dog‘ weiterlebt.“ (Metropolis) HH

Tokyo-Ga Deutschland 1984, R: Wim Wenders

„‚Tokyo-Ga‘ ist eine halbdokumentarische Hommage an den wohl größten, japanischen Regisseur, den 1964 verstorbeen Yasujiro Ozu, der so eindringlich wie still in mehr als 60 Filmen den Verfall der japanischen Identität beklagte. Wenders sprach mit Wegbegleitern Ozus, dem Schauspieler Chishu Ryu, dem Kameramann Atsuta, besuchte Ozus Grabstätte und fing ganz persönliche Eindrücke der japanischen Millionenmetropole ein. Ein Film als Spurensuche, als unsentimentale Liebeserklärung an einen Vater, ein Vorbild.“ (Angie Dullinger, AZ) HH

Toras verbotene Liebe (Otoko wa tsuraiyo: Torajiro shinjitsu ichiro) Japan 1985, R: Yamada Yoji, D:Atsumi Kiyoshi, Baisho Chieko Orriginalfassung mit Untertiteln

„Dies ist der 34. Teil der längsten Spielfilmserie der Welt ‚Otoko wa tsuraiyo‘ (Ein Mann hat’s schwer) des Regisseurs Yoji Yamada. Der liebenswerte Handelsreisende Tora-san übernachtet betrunken bei einem Geschäftsmann und verliebt sich in dessen Frau. Als der Gatte plötzlich nicht mehr von der Arbeit nach Hause zurückkommt, kümmert sich Tora-san um die Frau und macht sich mit ihr auf die Suche nach ihm. Währenddessen beginnt Tora-san zu träumen: Was wäre, wenn der Ehemann nie mehr zurückkehren würde .“ (Kino 46) HB

Der Traum Dänemark/Großbritannien 2005, R: Niels Arden Oplev, D: Janus Dissing Rathke, Steen Stig Lommer

„Dänemark 1969: Mit dem neuen Schuljahr kommen neue Probleme: Frits, der sich für den kürzlich ermordeten Menschenrechtler Martin Luther King zu interessieren beginnt, leidet unter dem tyrannischen Direktor Lindum-Svendsen. Obwohl er bei seinen Schulkameraden nicht viel Rückhalt hat und auch die Eltern und ein junger, unkonventioneller Lehrer nur bedingt hinter ihm stehen, setzt sich Frits wie sein Vorbild King gegen den diktatorischen Rektor mutig für seinen eigenen ‚Traum‘ von Gerechtigkeit ein. Die Kraft und Emotionalität des Films überzeugte 2006 auch die Jugend-Jury der Berlinale, die das bewegende Drama mit dem Gläsernen Bären auszeichnete.“ (Rheinischer Merkur) HB, HH, KI

U

Unbesiegbar – Der Traum seines Lebens USA 2006, R: Ericson Core, D: Mark Wahlberg, Greg Kinnear

„Philadelphia Mitte der 1970er-Jahre: Ein wortkarger Aushilfslehrer und Feierabend-Footballer wird nach einem Probetraining in die abgehalfterte Football-Mannschaft der „Philadelphia Eagles“ aufgenommen und macht Karriere als Profisportler. Der auf einer wahren Begebenheit beruhende Aufsteigerfilm vermeidet weitgehend die Klischees des Genres und zeichnet sich in erster Linie durch die glaubhafte Darstellung eines proletarischen Milieus aus. Sympathisch auch dank des guten Hauptdarstellers.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH

Unsichtbar – Zwischen zwei Welten USA 2007, R: David S. Goyer, D: Justin Chatwin, Margarita Levieva

„Wie löst man einen Mordfall, wenn man selbst das Opfer ist? US-Remake eines schwedischen Mystery-Thrillers. Der Film erzählt von einem Teenager, der das Rätsel seines eigenen Verschwindens lösen muss. Nick, ein arroganter Streber, wird von den Kumpels seiner getriezten Mitschülerin Annie brutal verprügelt und im finstren Wald zurückgelassen. Während die Polizei nach ihm fahndet, wandelt er als Geist durch seine eigene Welt – so lange, bis sein Körper gefunden wird. Dumm nur, dass er dabei auf die Hilfe von Annie angewiesen ist. Hilfe könnten auch die jugendlichen Darsteller gebrauchen: in Form der einen oder anderen Stunde Schauspielunterricht. Regisseur Goyer gelingt überdies das Kunststück, seine prätentiöse Story so verschwurbelt zu erzählen, dass man sich unentwegt fragt: Warum das Ganze jetzt? Und darauf gibt es eigentlich nur eine Antwort: Keine Ahnung, aber wen interessiert’s?“ (Cinema) H, HB

V

Valley of Flowers Deutschland/Schweiz/Indien/Frankreich/Japan 2006, R: Pan Nalin, D: Milind Sonam, Mylene Jampanoi

„Im Himalaja des 19. Jahrhunderts geraten der glutäugige Jalan und die mysteriöse Ushna beim Plündern und Stehlen dermaßen in Wallung, dass unser irdisches Dasein für ihre Liebe bald zu klein wird. Doch um eine Leidenschaft zu schildern, die Zeit und Raum überbrückt – das Ganze endet im heutigen Tokio –, bedarf es empfindsamer Schauspieler und einer Dramaturgie, die sich nicht nur auf exotische Bilder verlässt. Die wenigen Szenen, in denen Mystik und romantische Magie tatsächlich aufs Wunderbarste verschmelzen, trösten da nur bedingt.“ (Cinema) HB, HH

Verführung einer Fremden USA 2007, R: James Foley, D: Halle Berry, Bruce Willis

„Eine New Yorker Reporterin, die aus Frustration ihren Job gekündigt hat, ermittelt nach der Ermordung einer Freundin auf eigene Faust im Privat- und Geschäftsleben eines führenden Werbefachmanns und kommt in Teufels Küche, als ihre Tarnung auffliegt. Solider Thriller, der mit einigen / Originalfassung mit Untertitelnüberraschenden Wendungen und routinierten Darstellern aufwartet.“ (filmdienst) H, HB

Vier Fenster Deutschland 2006, R: Christian Moris Müller, D: Margarita Broich, Frank Droese

„Eine Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder an der Schwelle zum Erwachsensein, befindet sich in der Krise: der Vater ein frustrierter Polizist, die Mutter mit Angst vor dem Alter, Tochter und Sohn verlieren den Halt. Der Blick auf eine vom Verstecken eigener Sehnsüchte ermüdete Familie ist darstellerisch solide, aber übertrieben deprimierend in Szene gesetzt. Der Film negiert dramaturgische Konventionen, ohne sie durch etwas Überzeugendes zu ersetzen.“ (filmdienst) H, HH

W

Wer früher stirbt, ist länger tot Deutschland 2006, R: Marcus Rosenmüller, D: Markus Krojer, Jule Ronsted

“In einem Dorf in Bayern hört der elfjährige Sebastian, dessen Mutter vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, die Erwachsenen oft über den Tod reden. Sie denken sich nicht viel dabei. Sebastian denkt sich zuviel dabei. Aus dieser Diskrepanz entwickelt Markus Rosenmüller seine Komödie ‚wer früher stirbt, ist länger tot‘. Diese überzeugt durch eine profunde Logik, in die viele bayerische Überlebensweisheiten gemischt sind. Das lokale Idiom trägt entscheidend zum Charme des Films bei.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HH

Z

Das Zauberflugzeug Frankreich/Deutschland 2005, R: Cédric Kahn, D: Roméo Botzaris, Alicia Djemaï

„Ein magisches Flugzeug hilft einem Jungen über den Verlust seines Vaters hinweg. Die Mischung aus Alltagstragödie und fantastischem Märchen funktioniert zunächst ganz prima, denn Regisseur Cédric Kahn arbeiten mit Anspielungen und poetischen Symbolen, die unmissverständlich sind: Charlys Abenteuer zu Lande und über den Wolken sollen ihm helfen, über seinen entsetzlichen Verlust hinwegzukommen. Doch dann setzt der Film zur (Bruch-)Landung an – und kleidet seine Botschaft in kitschig-plumpe Szenen, die alle losen Fäden eilig zum Happy End verknüpfen. Aber womöglich muss man mit Kindern eine so eindeutige Sprache sprechen. Schließlich wurde die Geschichte für sie gedreht.“ (Cinema) HH

Zodiac – Spur des Killers USA 2007, R: David Fincher, D: Jake Gyllenhaal, Mark Ruffalo

„Auf Tatsachen beruhender Film um die vergebliche Jagd nach dem Serienkiller ‚Zodiac‘, der Ende der 1960er-Jahre den Großraum San Francisco mit fünf Morden in Angst und Schrecken versetzte. Der weitgehend aus Perspektive zweier im Dunkeln tappender Ermittler – eines Polizisten und eines detektivisch ambitionierten Zeitungskarikaturisten – inszenierte Kriminalfilm fesselt dank seiner suggestiven formalen Qualitäten. Dabei wirkt er um so verstörender dadurch, dass er im nachhinein die Gier des wirklichen Täters nach Publicity zu erfüllen scheint.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL

Zum Abschied Mozart Schweiz 2006, R: Christian Labhart

„Die sechswöchigen Chorproben zu Wolfgang A. Mozarts ‚Requiem‘ stehen im Zentrum einer Dokumentation über eine Abschlussklasse einer Schweizer Waldorfschule und fungieren als Kristallisationspunkt für deren Befindlichkeit, aber auch Kritik an der Schweizer Gesellschaft. Die vom Filmemacher beabsichtigte Katalysatorwirkung des Musikprojekte ist ebenso behauptet wie letztlich misslungen und bietet nur den Rahmen für mehr oder minder tiefschürfende Statements von Jugendlichen einer Schweizer Oberschicht.“ (filmdienst) H

2 Tage Paris Frankreich/Deutschland 2007, R: Julie Delpy, D: Julie Delpy, Daniel Brühl

„Mit beeindruckendem komödiantischen Timing erzählt Julie Delpy in ihrem Regie-Debüt vom Paris-Besuch eines Liebespaars. Adam Goldbergs Neurotiker und Delpys Tagträumerin bieten Anmerkungen zum Beziehungsleben, aber auch den kulturellen Eigenheiten von Amerikanern und Franzosen. Trotz eines etwas holprigen Finales ein großes, hintersinniges Vergnügen.“ (tip) H, HB, HH, OL