Betr.: kinotaz nord

A

Am Ende der Gewalt USA/Frankreich 1997, R: Wim Wenders, D: Bill Pullman, Andie MacDowell

“Ein Produzent gewalttätiger Action-Filme wird in Los Angeles selbst Opfer eines brutalen Überfalls. Ehe ihn die Täter umbringen können, werden sie durch gezielte Kopfschüsse, scheinbar aus dem Nichts, liquidiert. Zeuge dieser Tat ist ein Wissenschaftler, der in einem Observatorium hoch oben in den Hügeln der Stadt an einem geheimen FBI-Projekt arbeitet. Satellitenanlagen und ferngesteuerte Kameras sollen die totale Überwachung und somit das Ende der Gewalt bringen. Doch um welchen Preis? Wim Wenders präsentiert seinen philosophischen Edel-Thriller aus einer Welt der Gier, Einsamkeit und geistigen Leere stilsicher und in wunderbaren Bildern; den perfekten Soundtrack lieferte erneut Ry Cooder. Wie Wenders die zahlreichen Einzelgeschichten mit seinen Reflexionen über Gewalt zu einem Ganzen verwebt, überzeugt allerdings nicht.“ (D. Lackner) HH

B

Babel USA 2006, R: Alejandro González Iñárritu, D: Brad Pitt, Cate Blanchett

“Der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzáles Iñárritu stellt die babylonische Sprachverwirrung als metaphorisches Leitmotiv über ein kunstvolles Konstrukt von ineinander verwobenen Geschichten aus verschiedenen Ecken der globalisierten Welt. Ein Film über Liebe und Tod, Weltpolitik und Verteilungskämpfe, der trotz einiger Mängel im Detail große intellektuelle und emotionale Wucht entfaltet.“ (tip) BHV, HB, HH

Blow Up Großbritannien 1966, R: Michelangelo Antonioni, D: David Hemmings, Vanessa Redgrave

„‚Blow up‘ ist die erste Produktion des Regisseurs außerhalb seiner italienischen Heimat. Der Film erzählt in den grellen Farben und Bildern der Pop-Art eine eigentümliche Kriminalgeschichte, in der es zwar ein Opfer, aber offensichtlich keinerlei Interesse am Täter gibt. Ein erfolgreicher Modefotograf wird bei der Suche nach Motiven in einem kleinen Park mit seiner Kamera unfreiwillig Zeuge eines Mordes, den er aber erst später bei der genauen Betrachtung des entwickelten Films wahrnimmt. Dieser schöne, bis zuletzt spannende Streifen zeichnet auch ein stimmiges und überaus lebendiges Bild der Londoner Beat-Genration.“ (tip) HH

Borat USA 2006, R: Larry Charles, D: Sacha Baron Cohen, Pamela Anderson

“Das Kultusministerium von Kasachstan beauftragt den Reporter Borat Sagdiyev, den Lifestyle der US-Amerikaner zu studieren und nach Osteuropa zu importieren. Obwohl er sich dort aufführt wie ein Neandertaler auf Crack und rassistische Sprüche en masse absondert, findet er immer noch Amis, die peinlicher sind als er. Dem britischen Komiker Sacha Baron Cohen, besser bekannt als Ali G., ist kein Auftritt zu grotesk. Vor laufender Kamera stürzt er sich auf vermeintlich aufrechte Amerikaner, die dem Pseudo-Reporter ihre wahren Fratzen zeigen: als fanatische Christen, Schwulenhasser, Rednecks, College-Chauvis und vermeintlich liberale Bildungsbürger. So entsteht ein unfassbar absurdes Panoptikum - rasend lustig und schmerzlich authentisch zugleich.“ (Cinema) HH

Brand Upon the BrainKanada 2006, R: Guy Maddin, D: Erik Steffen Mahs, Gretchen Krich / Originalfassung ohne Untertitel„Mit „Brand Upon the Brain“ setzt Regisseur Guy Maddin die Reihe seiner auf Super-8-Material gefilmten und in Stummfilmmanier mit Zwischentiteln versehenen Werke fort. Diesmal heißt die Hauptfigur Guy, und folglich geht es ein Stück weit auch um des Meisters eigene Jugenderinnerungen, bei denen eine Furcht erregende Mutter und erste sexuelle Verwirrungen die tragenden Rollen spielen. Verbunden ist dies mit einer Story um die sehr seltsamen Vorgänge auf einer einsamen Insel, die Nachforschungen jugendlicher Detektive nach sich ziehen, und einer Ästhetik, die sich stark an expressionistischen Horrorfilmen orientiert. Neben den Zwischentiteln führt Isabella Rossellini als Erzählerin aus dem Off durch den Film. Trotz seines Spiels mit den Strukturen von Genreserials sowie dem Rückgriff auf eine Ästhetik längst vergangener Tage schuf Maddin jedoch kein überflüssiges Zitatkino, sondern einen ebenso persönlichen wie hochgradig originellen Film, der mit seinen geringen Produktionskosten so manche Superproduktion ganz schön alt aussehen lässt.“ (taz) HH

Bunty aur Babli Indien 2005, R: Shaad Ali, D: Abhishek Bachchan, Rani Mukherjee / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Bunty und Babli ist die Geschichte von zwei jungen Menschen aus dem kleinstädtischen Nordens Indiens. Sie lernen sich auf dem Bahnhof kennen, nachdem sie beide mit ihren Karriereversuchen gescheitert sind. Bunty und Babli wollen großes erreichen. Zunächst erschleichen sie sich Geld, um ihre Bahnfahrt nach Bombay bezahlen zu können. In Bombay angekommen, bleiben sie im Geschäft. Sie geben sich neue Namen und erreichen es in der Tat auf die Titelseiten der Zeitungen. Die Polizei jagt sie, bis Inspektor Dashrath Singh ihnen auf die Schliche kommt. Er stellt beide, doch gibt er der Handlung eine weitere Wendung. Der Film war in Indien der kommerziell erfolgreichste des Jahres 2005. Dieser Erfolg mag zunächst auf seinen Hauptdarstellern beruhen, denn er führte Vater und Sohn Bachchan erstmalig zusammen. Hervorzuheben sind hingegen die vielen Außenaufnahmen der indischen Variante des US-Films „Bonny und Clyde“.“ (moviereporter) HB

C

Clerks II USA 2006, R: Kevin Smith, D: Brian O’Halloran, Jeff Anderson

„‚Clerks 2‘ ist die Fortsetzung der kultigen Generationskomödie, mit der Kevin Smith (‚Dogma‘, ‚Chasing Amy‘) vor über zehn Jahren seine Regiekarriere begründete. Das Erstlingswerk war für ein minimales Budget entstanden und spielte aus dem Stand 150 Millionen Dollar ein. ‚Clerks – Die Ladenhüter‘ war eine wahre Hymne auf das Nichtstun und höheres Blödschwätzen und gilt bis heute als Klassiker der Slacker- und Generation-X-Movies. Die vertrödelten Antihelden Dante und Randal und ihre bekifften Anhängsel Jay und Silent Bob (gespielt von Smith selbst) wurden zu Ikonen der Popkultur, die bald auch auf filmischen Solopfaden wandelten. ‚Clerks 2‘ ist ein würdiger Nachfolger. Kevin Smith mischt in bewährtem Stil saftige Dialoge mit satirischen Alltagsbeobachtungen, deren Höhepunkt u. a. in einer pantomimischen Darstellung der drei ‚Der Herr der Ringe‘-Filme besteht.“ (Cinema) HH

D

Die Dämonischen - Invasion of the Body Snatchers USA 1955, R: Don Siegel, D: Kevin McCarthy, Dana Wynter “Einer der besten Science-Fiction-Filme aller Zeiten und einer der wenigen, die das Fantastische absolut glaubhaft werden lassen. Don Siegels Klassiker spielt in Santa Mira wo Dr. Miles Bennell von vielen Menschen Klagen darüber erhält, daß ihre Freunde und Bekannten durch Doppelgänger ersetzt wurden, die keinerlei Gefühlsregung zeigen. Später finden er und einige Freunde Pflanzen, die halbgeformte Kreaturen enthalten, die ihnen verdächtig ähneln. Sie erkennen, daß alle anderen im Ort, sogar die Polizisten, im Schlaf von Außeriridischen ersetzt wurden. Wenige Momente in der Geschichte des Kinos sind so traurig und schockierend wie die Szene, in der Miles seine Freundin küßt und merkt, daß auch sie eine von Ihnen geworden ist.“ (Danny Peary) HH

Death Proof – Todsicher USA 2007, R: Quentin Tarantino, D:Kurt Russell, Rosario Dawson

„Tarantino nimmt sich das Exploitation-Kino der 60er- und 70er-Jahre vor und macht daraus eine postfeministische Empowerment-Fantasie. Der wiederum verleiht er die Anmutung einer zu oft abgespielten Filmkopie: Sprünge auf der Tonspur, abrupt endende Szenen, das Bild vertikal durchlaufende Streifen suggerieren, dass dieser funkelnagelneue Film 30 Jahre alt ist. Es geht um schnelle Autos, schöne Füße, noch schönere und sehr schlagfertige Frauen und um einen Serienmörder, der sich im Laufe des Films als Weichei entpuppt. Dazu gibt es viele Filmzitate, sorgfältig ausgewählte Musik, blutige Action und vor allem: lange, lässige Dialoge. Der größte Genuss, den „Death Proof“ gewährt, besteht darin zu verfolgen, wie Tarantino seine Heldinnen reden lässt, während sie in Kneipen abhängen oder über Land fahren, wie er Akzente, Slang und Redeweisen so orchestriert, dass ein langer, nicht ablassender Redeflow des Cool entsteht.“ (taz) BHV,DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Das doppelte Lottchen Deutschland 2007, R: Michael Schaack, Toby Genkel

„Fast 60 Jahre ist sie schon alt: Erich Kästners Geschichte der Zwillinge Lotte und Louise. Diese wuchsen, weil Vater und Mutter sich scheiden ließen, getrennt bei jeweils einem Elternteil auf, bis sie sich zufällig begegnen und fortan keinen größeren Wunsch haben, als ihre halben Familien wieder zu einer Einheit zusammenzuführen. Für das Trauma der Scheidungskinder hat Kästner im Motiv der getrennten Zwillinge einen zeitlosen Ausdruck gefunden, der auch in dieser Animationsverfilmung bewegt. Der visuelle Stil ist dabei an die Illustrationen der Kästner-Bücher von Walter Trier angelehnt, zeugt mit seinen knappen Strichen bei Kindern für gute Verständlichkeit.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, HL, KI

Du bist nicht allein Deutschland 2007, R: Bernd Böhlich, D: Katharina Thalbach, Axel Prahl

„Moll und seine Frau leben mit ihrem Sohn im Plattenbau. Als Jewgenia mit ihrer Tochter in die Nachbarwohnung einzieht, gerät Molls Welt ins Schwanken. Der arbeitslose Malermeister verliebt sich in die russische Nachbarin, was die nicht will. Moll verliert vollends den Boden unter den Füßen und wagt ein neues Leben. Melancholisches Kammerspiel mit tollen Schauspielern.“ (tip) H, HB, HH

Dunkelblau Fastschwarz Spanien 2006, R: Daniel Sánchez Arévalo, D: Quim Gutiérrez, Antonio de la Torre

„‚Dunkelblaufastschwarz‘ sieht die Zukunft der Brüder Jorge und Antonio aus. Der eine arbeitet als Hausmeister und pflegt den kranken Vater, der andere sitzt im Knast. Aber zwischen Resignation und verzweifeltem Aufbegehren schlägt Regisseur Daniel Sánchez Arévalo in seinem mit dem spanischen Filmpreis Goya prämierten Spielfilmdebüt strahlende Funken. Als der zeugungsunfähige Antonio sich in die Gefangene Paula (Marta Etura) verliebt und seinen Bruder bittet, ihr ein Kind zu machen, gewinnt dieser bittersüße Film anrührende Wahrhaftigkeit.“ (Der Spiegel) H, HH, KL

E

Ein Lied für Argyris Schweiz 2006, R: Stefan Haupt

“Der Dokumentarfilm folgt dem Lebensweg des 66-jährigen Argyris Sfountouris, der sich mit dem Wahnsinn auseinander setzt, der ihm als Kind widerfuhr: Im Sommer 1944 wurden seine Eltern und Verwandten sowie über 200 weitere Menschen aus dem griechischen Dorf Distomo Opfer des Massakers einer deutschen SS-Division, das als Reaktion auf einen Partisanenangriff verübt wurde. Neben Archivmaterial und privaten Fotos lässt der beeindruckende Film den Protagonisten und andere Zeitzeugen erzählen. Getragen von der Hoffnung auf eine mitmenschlichere Zukunft und Völkerverständigung, werden die Zeit- und Handlungsebenen stilsicher verknüpft und wirken lange nach.“ (filmdienst) H

F

Die Fans sind wir Bremen 2007, R: Wilhelm Rösing, Thomas Hafke

„Der Film dokumentiert 35 Jahre Bremer Fan-Geschichte und lässt dabei diejenigen zu Wort kommen, die die Szene mitgestaltet haben. Treue Werder-Anhänger geben tiefe Einblicke in das Fan-Dasein, schauen auf die Anfänge zurück und reflektieren die jüngste Entwicklung. Den Filmemachern ist es dabei gelungen, die Ereignisse differenziert aufzuzeigen, um sowohl die Schattenseiten Bremer Fan-Kultur als auch die grenzenlose Faszination für den Fußball darzustellen. Fünfzehn Fans von Werder Bremen erinnern sich an ihr erstes Spiel im Stadion, berichten von Kuttenzeiten und fragen sich, wo ihre Schals geblieben sind. Aber auch die jungen Ultras kommen zu Wort und denken laut über die rasanten Veränderungen in der Welt des Fußballs nach.“ (taz) HB

Full Metal Village D 2006, R: Sung-Hyung Cho

„Lassen Sie sich bitte nicht vom Titel abschrecken, denn ‚Full Metal Village‘ ist eine der schönsten Kinoentdeckungen dieses Frühjahrs. Die in Deutschland lebende Koreanerin drehte die Dokumentation in dem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf Wacken, das einmal im Jahr aus seinem nordfriesischen Phlegma gerissen wird, wenn Tausende von Heavy-Metal-Fans aus aller Welt es bei einem dreitägigen Open Air Festival überrollen. Die Bauern und Damen des Kaffeekränzchens reagieren erstaunlich gelassen auf die meist in schwarzem Leder gekleideten Langhaarigen, und die Filmemacherin hat genau das richtige Maß an Neugierde und Humor, um diesen Zusammenprall der Kulturen zu einem sehr erhellenden und amüsanten Porträt der norddeutschen Provinz werden zu lassen.“ (hip) H, HH

G

Golden Door Italien/Frankreich 2006, R: Emanuele Crialese, D: Charlotte Gainsbourg, Vincenzo Amato / Originalfassung mit Untertiteln

„Anders als etwa in den amerikanischen Einwandererfilmen von Coppola bis Scorsese stellt der Sizilianer Emanuele Crialese in ‚Nuovomondo‘, wie der Film im Original heisst, den Weg über den Atlantik und die anschliessende Selektion bei der Einwanderungsbehörde auf Ellis Island in den Mittelpunkt seiner Emigrantensaga. Er unterstreicht damit die Passage, den forcierten Prozess des Übergangs von einer archaischen Gesellschaft zur Moderne, dem diese armen sizilianischen Bauern zwangsläufig unterzogen werden. Die Gemütslage der Protagonisten spiegelt sich in surrealen Einschüben, wo das Silbergeld von den Bäumen purzelt und riesengrosse Feldfrüchte das harte Bauernlos belohnen. Ein ambitionierter Film, dem erneut Crialeses Freund und Hauptdarsteller, der Bildhauer Vincenzo Amato, das nötige Gewicht verleiht.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

H

Hände weg von Mississippi Deutschland 2007, R: Detlev Buck, D: Zoe Mannhardt, Katharina Thalbach

„In Detlev Bucks beschwingtem Familienfilm nach einem Roman von Cornelia Funke kämpft ein Mädchen für das Überleben eines verwaisten Pferdes. Niemand porträtiert das Leben auf dem Land so liebevoll wie der Bauernsohn Detlev Buck. In der Geschichte geht es um das Stadtkind Emma, das seine Ferien bei der knarzigen Oma verbringt. Als die Zehnjährige mitkriegt, dass der arrogante Erbe eines Nachbarhofes das dazugehörige Pferd Mississippi beim Schlachter entsorgen will, entwickelt sie einen Plan. Die simple Story dient jedoch nur als Gerüst für ein Potpourri köstlicher Szenen, mit denen der Regisseur an seine frühen Kultfilme wie ‚Karniggels‘ anknüpft. Alle bestens geeignet, beim Zuschauer ein zufriedenes Dauergrinsen auszulösen. Ein Kinderfilm? Ja. Einer, in den Eltern ihre Sprösslinge gerne ein zweites Mal mitnehmen.“ (Cinema) BHV, H, HB, HH, HL, KL, OL

Harry Potter und der Orden des Phoenix USA/Großbritannien 2007, R: David Yates, D: Daniel Radcliffe, Emma Watson

„Der fünfte Film der Potter-Saga schickt die Serien-Charaktere wieder in den zunehmend offen ausgetragenen Krieg zwischen Weißer und Schwarzer Magie, stagniert dabei aber selbst. Das milliardenschwere Potter-Franchise hat mit David Yates inzwischen ein britischer No-Name-Regisseur übernommen, handschriftenlos inszeniert er den Stoff des Entwicklungsromans, mit gewohnt kräftiger Unterstützung der Digitalabteilung, aber mit wenig Sensibilität für die kleinen Nebengeschichten im Potter-Universum. Gewohnt zauberhafte, längst vertraute Details am Rande, aber keine Neuerungen.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Die Herbstzeitlosen Schweiz 2006, R: Bettina Oberli, D: Stephanie Glaser, Hanspeter Müller

“Um die verwitwete Martha (Stephanie Glaser) aufzuheitern, ermuntern ihre Freundinnen sie dazu, eine Lingerieboutique mitten im Emmentaler Trub zu eröffnen. So beginnt die 80-jährige Schneiderin, Halb- und Kunstseidiges zu nähen, und blüht über der neuen Aufgabe plötzlich auf - allerdings sehr zum Unwillen der Dorfbewohner, denen die aktive Alte, ihre euphorischen Freundinnen sowie überhaupt die ganze ,Reizwäsche‘ zunehmend ein Dorn im Auge sind. Unterstützt von einem grossartigen Schauspielensemble, erzählt die Schweizer Regisseurin Bettina Oberli in ihrem Zweitling eine warmherzige, wenn auch nicht allzu aufreizend inszenierte Geschichte über Selbstbestimmung und Sinnsuche im letzten Lebensabschnitt.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH, KL

Herr Bello Deutschland 2007, R: Ben Verbong, D: Armin Rohde, August Zirner

„Ein Hund, der dem zwölfjährigen Sohn eines verwitweten Apothekers zugelaufen ist, verwandelt sich durch einen Zaubertrank des Großvaters in einen Menschen mit recht „tierischen“ Verhaltensweisen, der um die schöne Nachbarin buhlt, auf die auch der Apotheker ein Auge geworfen hat. Der ebenso einfalls- wie temporeiche Kinderfilm legt nach verhaltenem Anfang beträchtlich zu und zeigt sich von seiner unterhaltsamsten Seite. Auch die spielfreudigen Darsteller tragen zu der gelungenen Inszenierung bei.“ (filmdienst) H, HB, HH, KI, OL

Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis Großbritannien 2007, R: Edgar Wright, D: Simon Pegg, Nick Frost

Der gewohnt dämliche deutsche Aftertitelsollte niemanden davon abhalten, sich diesen Film anzusehen, denn die sehr britische Komödie ist ein parodistisch gewobener, immer wieder überraschender Flickenteppich, in dem von Polizeifilm, Agatha-Christie-Krimis, Buddy-Movies bis zu Splatterfilmen und brutalen Action-Orgien alles gnadenlos durch den Kakao gezogen wird. Der Witz ist dabei so abgedreht und treffend, dass man aus dem Lachen kaum herauskommt. (hip) HB, HH

I

Im Juli Deutschland 2000, R: Fatih Akin, D: Moritz Bleibtreu, Christiane Paul

Die Geschichte von dem braven Referendar in Hamburg, der glaubt, in einer Türkin seine große Liebe getroffen zu haben, ihr nach Istanbul nachreist, und dabei von seiner tatsächlichen großen Liebe verfolgt wird, ist manchmal allzu übermütig und sprunghaft erzählt. Aber Akin hält eine sehr sympathische, witzig-warme Grundstimmung durch, und so lange wie Bleibtreu und Paul sich auf der Straße ständig verpassen, wiederfinden, verlieren und dabei von einem Malheur ins nächste stolpern, sind sie auch ein wirklich schönes Paar. (hip) HB

Irina Palm Belgien/Frankreich/ Deutschland 2007, R: Sam Gabarski, D: Marianne Faithfull, Miki Manojlovic

„Marianne Faithfull spielt die Titelheldin und sucht, um eine sehr teure Behandlung für ihren todkranken Enkel bezahlen zu können, einen Job. Schon das ist eigentlich unerträglich: Könnte sie nicht einfach die Nase voll haben von ihrem Vorstadtspießerdasein? Sie findet nichts außer einer Hostessenstelle bei Sexyworld, einem schmierigen Schuppen in Soho, in den sie hereinstolpert in der Annahme, sie könne dort für eine Menge Geld Tee kochen und aufräumen. Ein garantierter Lacher? O ja, und so geht es weiter, mit Erklärungen, wie sie ihre Aufgabe bewältigen kann vor einem Loch in der Wand, durch das ihr die Arbeit zugereicht wird. „Wichsende Witwe“ nennt sie sich selbst, und auch das sorgt im Publikum für fröhliche Schnaufer. Dabei sieht „Irina Palm“ nicht besser aus als jeder beliebige Fernsehfilm, die Gitarrenmusik ist von großer Schlichtheit und Marianne Faithfulls Schauspielkunst schnell erschöpft.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HB, HH, HL

Der Italiener Italien/Frankreich 2006, R: Nanni Moretti, D: Silvio Orlando, Margherita Buy

“Daß Nanni Morettis Berlusconi-Film in der Endphase des italienischen Wahlkampfs für Debatten und volle Säle sorgen würde, war vorherzusehen. Daß die Meinungen von Kritikern und Kinobesuchern geteilt blieben, mag an der komplizierten Struktur des Films liegen. Der Regisseur hat nämlich - bei allem persönlichen Ekel vor dem Medienmogul - keineswegs ein anklagendes Dokumentarwerk im Stil Michael Moores geschaffen, sondern einen typischen Moretti-Film, der haarscharf auf dem Grat zwischen alltäglicher Komödie und Tragödie balanciert. Daß sein Publikum über die finanziellen und juristischen Machenschaften aus Berlusconis Unternehmerkarriere nicht mehr aufgeklärt werden muß, setzt Moretti dabei voraus. Deshalb schildert er lieber, wie es sich im ganz normal verrückten Italien der Berlusconi-Ära lebt und arbeitet.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HH

K

Kann das Liebe sein? Frankreich 2007, R: Pierre Jolivet, D; Sandrine Bonnaire, Vincent Lindon

“Pierre Jolivet hat als Autor und Regisseur langjährige Erfahrung mit Komödien, in denen ernste Themen leicht und fröhlich verpackt angesprochen werden. Doch diesmal ist ihm die Komödie vielleicht etwas ZU leicht geraten. Trotz sehr gelungener Gags (eine hektisch gesuchte Minikamera, die den ersten Sex verhindert; ein Sumo-Ringer, der nicht in den Fahrstuhl passt und so ein Rendezvous platzen lässt; der Aktienkurs der Firma, der vom Gefühlsleben des Chafs abhängt) mäandert der Plot etwas ziellos daher und auch die mit vollem Enthusiasmus agierenden Hauptdarsteller können diesem Manko nicht vollends entgegenspielen.“ (westzeit) H, HB, HH, KL

Klimt Deutschland/Österreich 2006, R: Raoul Ruiz, D: John Malkovich, Veronica Ferres

“Moment, das soll der Jugendstilmaler Gustav Klimt sein? Dieser selbstgefällige, unsympathische Fatzke, der noch als Mittvierziger unter Mamas Fuchtel steht und von einem lustlosen John Malkovich mit affektiert geschürzten Lippen gespielt wird? Okay, es ist das gute Recht des Regisseurs, seine subjektive Sicht auf den berühmten Wiener Künstler (1862 - 1918) zu präsentieren. Doch tut er dies mit einer wirren Story, deren prätentiöse Dialoge über Kunst nerven und Laien geradezu ausgrenzen. Die Nacktmodelle, die dröge in den Kulissen herumstehen, machen den Film auch nicht aufregender.“ (Cinema) HH

L

Die Lady von Shanghai USA 1946, R: Orson Welles, D: Orson Welles, Rita Hayworth / Originalfassung mit Untertiteln

„Der Film zeigt Rita Hayworth, die einzige Filmschauspielerin, die die Männerwelt im Parkett allein mit ihrer Haarpracht um den Verstand bringen konnte, kurzgeschnitten und blondgefärbt. Möglicherweise als Demontage des Mythos Hayworth geplant, ist dieser Film, ein Jahr vor der Scheidung des Traumpaares Hayworth-Welles entstanden, eine einzige Liebeserklärung. Die Geschichte verkommt zur Nebensache, denn Welles verliert sich mit Leidenschaft an zahllose wunderbare Details.“ (tip) HH

M

Max Ernst: Mein Vagabundieren - Meine Unruhe Deutschland 1991, R: Peter Schamoni

Das Leben von Max Ernst zwischen Dada, Surrealismus und Hopi-Indianern, zwischen Paris, New York, Arizona und Avignon war phantastisch, provozierend und frei wie seine besten Kunstwerke. Und weil Ernst sich selber mit viel poetischem und visionärem Esprit inszenierte, konnte bei diesem Portraitfilm nicht viel schiefgehen. Nur wenige Male, wenn Regisseur Peter Schamoni versucht, die Dokumentation mit eigenen künstlerischen Ideen anzureichern, verliert der Film. Zeitrafferaufnahmen von amerikanischen Landschaften oder Straßenaufnahmen wirken unmotiviert. Aber zum Glück wird meist nur ganz konventionell das ganz und gar unkonventionelle Leben von Max Ernst präsentiert. (hip)H, HB, HL, OL

Mitten ins Herz - Ein Song für dich USA 2007, R: Marc Lawrence, D: Hugh Grant, Drew Barrymore

“Es kostet Hugh Grant sichtlich wenig Anstrengung die Pose des leicht abgetakelteten 80er-Popstars einzunehmen, der sein Geld inzwischen auf Revival-Parties und Erntedankfesten verdient. Kann es so einer schaffen, in nur ein paar Tagen einen Hit für einen jungen Popstar zu komponieren? „Mitten ins Herz“ verkoppelt Seitenhiebe auf die synthetische 80er-Jahre Popkultur mit einem altmodischen, romantischen Plot, aber bei alledem fehlt der richtige Rhythmus und das richtige Gefühl.“ (tip) HH

Motel USA 2007, R: Nimród Antal, D: Kate Beckinsale, Luke Wilson

„Cleverer Horrorthriller über ein Ehepaar, das in einem einsamen Motel landet und feststellen muss, dass dort Snuff-Filme gedreht werden - mit den jeweiligen Gästen. Mit „Kontrol“ gab der junge Ungar Nimrod Antal eine beeindruckende Visitenkarte ab. Auch seine erste amerikanische Arbeit zeichnet sich durch unbedingten Stilwillen, präzise visuelle Gestaltung und ein souveränes Verständnis für die Anforderungen des Horrorgenres aus. Soll heißen: Der Mann weiß, wo man in diesem klaustrophobischen Mix aus „The Descent“ und „Identität“ die Spannungsschraube drehen muss, um Luke Wilson und Kate Beckinsale als optimale Identifikationsfiguren in Situationen auf Leben und Tod zu schicken.“ (Blickpunkt:Film) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI

Mr. Bean macht Ferien Großbritannien 2007, R: Steve Bendelack, D: Rowan Atkinson, Willem Dafoe

„Die britische (Fernseh-)Kultfigur Mr. Bean gewinnt eine Reise nach Cannes, die er weidlich nutzt, um durch sein infantiles Unvermögen für Durcheinander zu sorgen. Eher eine Aneinanderreihung von Missgeschicken als ein dramaturgisch durchdachter Spielfilm, hat der zweite Kinoauftritt des beschränkten Briten nur wenig Unterhaltendes zu bieten und ist eher als Abgesang auf einen einstigen Fernsehkult zu deuten.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

N

The Namesake – Zwei Welten, eine Reise USA 2007, R: Mira Nair, D: Kal Penn, Irfan Khan

Großes episches Kino wird hier geboten – die so oft erzählte Geschichte von der Emigration in die USA einmal nicht aus der Perspektive von Italienern, Iren oder Juden erzählt, sondern von einer bengalischen Familie. Und damit hat Mira Nair, die sich mit ihren Filmen ja auch eine Nische zwischen Bollywood und Hollywood geschaffen hat, den genau für sie passenden Stoff gefunden. Dabei geht sie für eine Literaturadaption überraschend filmisch vor. Bei den intimen Familienszenen ist sie am stärksten, denn hier schöpft sie offensichtlich aus eigenen Erfahrungen. Aber sie kann auch große Panoramen schaffen und arbeitet geschickt mit wiederkehrenden Leitmotiven wie der Brückenmetapher oder den Schuhen, in die jemand anderes steigt. Dieser Film erzählt von der Welt – man erfährt viel über die bengalische Kultur, deren exotische Reize durchaus ausgespielt werden, ohne dass sich der Film auf den rein touristischen Blick verengt. Stattdessen bekommt man eine Ahnung davon, wie die Sicht von Bengalen auf den Westen ist. (hip) HH

Next USA 2007, R: Lee Tamahori, D: Nicolas Cage, Julianne Moore

„Magier Cris hat das Talent, in die Zukunft zu sehen. Kann er einen Nuklearanschlag auf L. A. verhindern? „Next“ basiert auf einer Kurzgeschichte aus dem schier unerschöpflichen Fundus des „Blade Runner“-Autoren Philip K. Dick. Die Originalstory spielte in der Zukunft, der neuseeländische Regisseur Lee Tamahori (“007 --Stirb an einem anderen Tag“) verlegt sie in die Gegenwart. Was sie nicht überzeugender macht. “Next“ ist ein kruder Pseudo-Thriller, wobei die lachhaften Dialoge nur von den schlechten Computertricks unterboten werden -- man beachte etwa die haarsträubend animierte CGI-Eisenbahn in der Mitte des Films.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KI, OL

O

Ocean’s Thirteen USA 2007, R: Steven Soderbergh, D: George Clooney, Brad Pitt

Inzwischen sind Steven Soderbergh und sein Schauspielerensemble genauso gut eingespielt wie Danny Ocean und seine Kumpanen. Wie der Meisterdieb mit einer souveränen Gelassenheit seinen Coup vorbereit, sodass man nie ernsthaft daran zweifelt, dass das tollkühne Vorhaben auch gelingt,so inszeniert nun auch der Regisseur diesen Genrefilme, der so entspannt und perfekt daherkommt als wäre er ein Klassiker von Howard Hawks. Wie schon in den vorherigen ‚Ocean‘-Filmen wird hier die Genre-Konvention von den genau ausbaldowerten Einbruchsplänen und Täuschungsmanövern, die scheitern, um dann von Strategien abgelöst zu werden, die noch komplexer und gewagter sind, auf die Spitze getrieben. Aber jetzt hat Soderbergh es nicht mehr nötig, sie ernsthaft und mit einem immer etwas leicht angeberisch wirkenden Stolz auf die eigene Raffinesse vorzuführen. Statt dessen gibt er dem Film einen selbstironischen, komödiantischen Dreh, der ihm sehr gut bekommt. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL

Ode an die Freude Japan 2006, R: Masanobu Deme, D: Bruno Ganz, Ken Matsudaira

„Die deutschen Kriegsgefangenen im japanischen Bando Camp genießen dank dem humanistisch gestimmten Lagerkommandant Toyohisa Matsue relative Freiheit. Trotzdem bricht Verzweiflung unter den Deutschen aus, als ihr Land 1918 kapituliert. Auf Tatsachen basierendes Drama um ein Gefangenenlager, wo Beethovens berühmtes, titelgebendes Stück erstmals in Japan zu hören war. Der mit prominenter japanischer und deutscher Besetzung, u.a. Bruno Ganz und Kostja Ullmann, realisierte Film ist auch ein Plädoyer für Menschlichkeit.“ (Blickpunkt:Film) HH

One - Der Film USA 2005, R: Ward M. Powers

Mit „One - Der Film“ läuft gerade ein ärgerlicher Dokumentarfilm in den Kinos, in dem „bedeutende Menschen“ aus allen möglichen Ecken ständig „bedeutende“ Antworten auf die großen Fragen nach dem Leben, dem Universum und allem in die Kamera absondern, und der dabei so verblasen gutmenschelt, dass man schnell den Appetit an dem propagierten universellen Einssein verliert. (hip) H, HH

P

Pan‘s Labyrinth Spanien/Mexiko/USA 2006, R: Guillermo Del Toro, D: Ivana Baquero, Sergi López / Originalfassung mit Untertiteln

“Pan‘s Labyrinth“ lässt das zwölfjährige Mädchen Ofelia im faschistischen Spanien des Jahres 1944 in eine bizarre Märchenwelt flüchten. Der mexikanische Regisseur Guillermo Del Toro erzählt von Folter, Terror und der Kraft der Phantasie. Geschickt gibt Del Toro schon der Wirklichkeit märchenhafte Züge. Er zeigt Vidal als bösen Stiefvater, der seine Tochter nicht liebt, und die Rebellen als tapfere Freiheitskämpfer, die etwas Besseres als den Tod suchen - aber nicht finden. Der Regisseur geht mit seinen Gewaltdarstellungen bis an die Schmerzgrenze und zeigt dann Bilder, die vor dem inneren Auge ablaufen, wenn sich die Lider angesichts des Grauens schließen: Ofelia stellt sich vor, dass ein gesichtsloses Monster sie verfolgt und ein Faun ihr hilft, in der Realität das schlimmste Unheil zu verhindern. Ein wunderschöner, tiefberührender und sehr trauriger Film.“ (Der Spiegel) HH

Pat Garrett jagt Billy the Kid USA 1972, R: Sam Peckinpah, D: James Coburn, Kris Kristoffersen, Bob Dylan

Einer der berühmtesten aber auch umstrittensten Western von Peckinpah. Elegisch lang stirbt hier jeder Westernheld, zurück bleiben nur Geier, sowohl die echten wie auch die menschlichen. Kristoffersen und Coburn wurden nach diesem Film unter Westernfans die ultimativen Verkörperungen von „The Kid“und Garrett; Bob Dylan produzierte einen herrlichen Soundtrack, u.a. mit dem Song „Knocking on Heavens Door“. Leider spielt Dylan auch die Nebenrolle eines linkischen, messerwerfenden Schmieds, und verdarb dadurch fast den ganzen Film. (hip) HH

Das perfekte Verbrechen USA 2007, R: Gregory Hoblit, D: Sir Anthony Hopkins, Ryan Gosling

„Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem ehrgeizigen Strafermittler und einem gerissenen Mörder. ‚Das perfekte Verbrechen‘ erinnert stark an Hoblits Regiedebüt ‚Zwielicht‘, ohne dessen durchgängige Spannung zu erzielen. Der Film lebt vom Nervenkitzel des Zermürbungskrieges zwischen Anthony Hopkins und dem großartigen Ryan Gosling, doch zwischendurch sorgen lange Phasen unnötiger Umstandskrämerei für dramaturgische Schwächeperioden. Wer im Kino aber gerne mittüftelt, dürfte an diesem „Popcorn-Thriller mit Hirn“ (O-Ton Hoblit) sein Vergnügen haben.“ (Cinema) H, HB, HH

Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt USA 2007, R: Gore Verbinski, D: Johnny Depp, Keira Knightley

Die Kaperfahrt von Jack Sparrow und seiner Piratencrew führt im dritten Teil auch in bisher noch nicht durchkreuzte Gewässer. Wie die Vorgänger ist dieser Film wieder ein großes Spektakel mit nicht enden wollenden Seeschlachten, Schwertkämpfen und Keilereien. Das Genre der Piratenfilme wird wieder so gründlich geplündert, dass nach dieser Enterattacke von Verbinski und den Drehbuchschreibern Ted Elliot und Terry Rossio nur noch ein abgetakeltes Schiffswrack übrigbleibt, an das sich in nächster Zeit wohl kaum noch ein Studio heranwagen wird. Dabei gelingt es ihnen, eine Popmythologie von zum Teil erstaunlicher Komplexität zu schaffen, und diese nehmen sie im letzten Teil der Trilogie viel ernster als etwa im vergleichsweise komödiantischen ‚Dead Man’s Chest‘. So ist der Film düsterer und mysteriöser geraten. Einzelne Sequenzen haben sogar eine surreale Poesie. Man merkt, dass den Filmemachern beim dritten Teil nicht etwa die Ideen ausgegangen sind, dass dies nicht nur ein weiterer Aufguss ist, sondern dass sie mit übermütiger Spielfreude weiter an ihrer Piratengeschichte gebastelt haben. (hip) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Prinzessinnenbad Deutschland 2007, R: Bettina Blümner

„Frühreif wäre das falsche Wort. Aber Mina, Klara und Tanutscha, alle 15, sind für ihr Alter schon ziemlich weit. Bettina Blümner hat die drei Freundinnen beim Erwachsenwerden begleitet: im Berliner Prinzenbad, im Freundeskreis, im täglichen Leben. Dabei albern die Mädchen herum, rauchen Kette – und nehmen bei Themen wie Liebe, Familie und beruflicher Zukunft kein Blatt vor den Mund. ‚Prinzessinnenbad‘ bietet ihnen eine Bühne, auf der sie selbstbewusst, in stillen Momenten aber auch verletzlich wirken. So entsteht ein Porträt, das ihre Charakterzüge unaufdringlich verdichtet und umfassend beschreibt.“ (Cinema), HB, HH

R

Roadkill Kanada 1989, R: Bruce McDonald, D: Valerie Buhagiar, Gerry Quigley / Originalfassung mit Untertiteln

“Eine junge Frau begibt sich auf die Suche nach einer Rock-Gruppe und begegnet dabei in der kanadischen Provinz einer Reihe von Leuten, die alle auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens sind. Als sie endlich die vier Gruppenmitglieder beisammen hat, arrangiert sie ein Zusammentreffen der neugewonnenen Freunde und führt herbei, daß sich das Schicksal eines jeden auf tragische Weise erfüllt. Ein eigenwilliges „Roadmovie“ über Sinnsuche und Rockmusik, das seine Geschichte lakonisch und zum Ende hin mit rabenschwarzem Humor erzählt.“ (Lexikon des internationalen Films) HH

S

Schwedisch für Fortgeschrittene Schweden 2006, R: Colin Nutley, D: Helena Bergström, Maria Lundqvist

„Schwedisch für Fortgeschrittene“ gibt Männern ausführlich Gelegenheit zu hören, was so alles auf Damentoiletten geredet wird, wenn die Nacht lang ist. Frauen mögen sich wiedererkennen in den beiden Heldinnen dieses Films, einer Gynäkologin und einer Politesse, die auch jenseits der vierzig noch Spaß haben wollen und Abend für Abend in die Disco gehen. So richtig gelingt es dem Regisseur Colin Nutley leider nicht, die etwas aufgesetzte Vergnügungssucht auf den Zuschauer zu übertragen. Da überdies die Synchronisation eher nach Deutsch für Anfänger klingt, teilt man mit den Figuren kaum den Rausch, dafür umso mehr den Kater.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL

Shoppen Deutschland 2006, R: Ralf Westhoff, D: Sebastian Weber, Anna Böger

„Komödie über einsame Großstadtsingles und eine Methode, sie zusammenzubringen: Speed Dating, bei dem den Teilnehmern nur fünf Minuten zum Kennenlernen bleiben. Trotz des oft beackerten Terrains der Partnerder Humor, ätzende Satire und randalierende Slapstick-Attacksuche angesichts des Single-Überschusses gelingt dem Kinodebütanten eine lebensnahe und nahezu gleichberechtigte Darstellung von 18 Figuren, denen er bei aller genretypischen Vereinfachung mit Gespür und Witz auf den Grund zu gehen versucht. Auch dank der guten Darsteller ein hierzulande außergewöhnliches Vergnügen.“ (filmdienst) H, HH

Shrek der Dritte USA 2007, R: Chris Miller

„Die freche Ironie, die die ersten beiden Filme so unverwechselbar machte, wirkt diesmal merklich abgemildert. Dafür wird eine relativ konventionelle Abenteuergeschichte erzählt, in der Shrek an einen farblosen König-Arthur-Verschnitt gerät und am Ende gleich dreifache Vaterfreuden erlebt. Die Abenteuer der drei pupsenden Mini-Shreks sind im Serienkonzept bestimmt schon vorgemerkt. Unter den neuen Figuren sorgt einzig ein zauseliger New-Age-Merlin für frische Akzente. Dessen Zauberkünste haben mit den Jahren etwas nachgelassen, was zu einem witzigen Körpertausch von Esel und gestiefeltem Kater führt. Davon abgesehen kommt „Shrek der Dritte“ erstaunlich bieder daher. Das giftgrüne Ungetüm hält am Ende gar eine rührselige Rede über das Gute, das selbst in den ärgsten Bösewichtern schlummert, und spätestens an dieser Stelle wünscht man sich den Shrek zurück, der sich mit einem Märchenbuch den Hintern abwischt.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Die Simpsons - Der Film USA 2007, R: David Silverman

„Familienvater Homer Simpsons Inkompetenz ist legendär. Diesmal übertrifft sich die Couch-Potatoe aber selbst und löst an seinem Arbeitsplatz im Atomkraftwerk von Mr. Burns einen schweren Störfall aus. In der Folge verseucht radioaktive Strahlung seinen Heimatort Springfield. Die Einwohner fliehen in Panik, das Trinkwasser wird verstrahlt und Homer fristlos entlassen. Lange angekündigt, endlich realisiert: Die gelbstichige Kultfamilie aus der am längsten laufenden US-Zeichentrickserie tritt an zu ihrem Kinodebüt. Kruder Humor, ätzende Satire und randalierende Slapstick-Attacken rechnen mit dem American Way of Life ab.“ (kino.de) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Sketches of Frank Gehry USA 2005, R: Sydney Pollack / Originalfassung mit Untertiteln

„Sketches of Frank Gehry“ sind wirre, kindlich anmutende Krakeleien, aus denen sich wackelige Pappmodelle, Computersimulationen und schließlich imposant expressive Bauwerke wie das Guggenheim-Museum in Bilbao entwickeln, die den amerikanischen Architekten Frank Gehry berühmt gemacht haben. Der Filmemacher Sydney Pollack (“Jenseits von Afrika“) hat über fünf Jahre lang den Meister der abenteuerlich verkrümmten Gehäuse in seinem Atelier in Los Angeles besucht und auf Baustellen begleitet, hat strenge Gehry-Kritiker wie begeisterte Bautheoretiker interviewt und aus der Fülle des Materials ein fabelhaft anschauliches und vergnügliches Porträt komponiert.“ (Der Spiegel) H, HH

Sterben für Anfänger USA 2007, R: Frank Oz, D: Matthew Macfadyen, Rupert Graves

An der aufgebahrten Leiche eines Familienpatriarchen versammeln sich seine zahlreichen Hinterbliebenen - und selbst dieser Anfang ist nicht ohne Peinlichkeiten zu bewältigen, weil das Beerdigungsinstitut die falsche Leiche angeliefert hat. Der amerikanische Regisseur Frank Oz des ansonsten rein britischen Films hat nicht umsonst seine Karriere bei der Muppetshow angefangen (und u.a. Miss Piggy seine Stimme geliehen), und weiß genau, wie er Lacher setzten und das Absurde auf die Spitze treiben muss. Die Totenfeier wird immer mehr zu einer Orgie der Peinlichkeiten, und diese ist brillant geschrieben und zugleich mit Präzision und spürbarer Spielfreude inszeniert. (hip) H, HB, HH, HL, Kl, Ol

Stirb langsam 4.0 USA 2007, R: Len Wiseman, D: Bruce Willis, Justin Long

„Zwölf Jahre nach Beendigung der erfolgreichen „Stirb langsam“-Reihe taucht Bruce Willis als Cop John McClane unerwartet und überraschend wieder auf. Diesmal kapern Terroristen das gesamte Computersystem der USA und spielen mit den Ordnungskräften des ganzen Landes ein blutiges Katz-und-Maus-Spiel. Ein schnörkelloser Actionfilm, der trotz der Computerterroristen nicht auf digitalen Schnickschnack setzt, sondern analoge Handarbeit bevorzugt. Der gut gealterte Bruce Willis erweist sich seinem Mythos gewachsen und erledigt seinen Job lässig, zynisch und unter großen Schmerzen.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL

Suite Havanna Kuba 2003, R: Fernando Pérez / Originalfassung mit Untertiteln

„Dokumentarfilm, der 24 Stunden lang dem Alltagsleben in Havanna auf der Spur ist, wobei er zehn Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen und Schicksalen folgt. Der Film besticht durch die unkonventionelle Machart. Ohne Kommentare und Interviews begnügt er sich mit Bildern und Geräuschen, aus denen ein artifiziell-poetisches Gesamtbild entsteht und die ein Kuba präsentieren, das die gängigen Klischees geschickt vermeidet.“ (filmdienst) H

T

Tanz der Vampire Großbritannien 1967, R: Roman Polanski, D: Roman Polanski, Sharon Tate, Jack MacGowran

“Kinograuen, schwere Musik, düster Szenarien und alle anderen schauererregenden Versatzstücke des Horrorfilms erwartet man vergebens. Polanski ist offenschichtlich gegen Vampirfilme herkömmlicher Art, und bringt in seinem Film eine Gagfülle, die das Horrorgenre durch den Kakao zieht. Er beherrscht zwar dessen Klaviatur (und verlangt Grundkenntnisse des Vampirismus auch von seinen Zuschauern), spielt sie jedoch auf seine Weise. Er verjuxt und variiert Einzelheiten und verdreht das Genre in seiner Gesamtheit. Wer Spaß an Vampirfilmen hat und ihre Pervertierung zuläßt, dazu Sinn für Absurditäten, für den ist „Tanz der Vampire“geradezu ein Leckerbissen.“ (Hahn/Jansen) HH

Der Teufel trägt Prada USA 2006, R: David Frankel, D: Meryl Streep, Anne Hathaway

“Lauren Weisbergers gleichnamiger Bestseller aus dem Jahr 2003 erschütterte weder die Welt der Mode, noch geriet die Bücherwelt aus den Fugen, aber die meisten Fashion-Victims krochen Weisberger auf den Leim. Viel pfiffiger als die selbstmitleidgetränkte ,Abrechnung‘ zwischen Buchdeckeln ist die Leinwandversion. Im Film spielt die erst 23-jährige Anne Hathaway einen Trampel, der keinen Schimmer hat von Mode. Die Pomeranze bewirbt sich beim Modemagazin ,Runway‘ und wird von der Chefredaktorin, der teuflischen Miranda Priestly, als zweite Assistentin angestellt. Es beginnt ein Martyrium, denn Mirandas Eleganz ist gnadenlos. Meryl Streep ist satanisch gut in der Titelrolle, und Anne Hathaway ist ganz bezaubernd.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH

Die Töchter des chinesischen Gärtners Frankreich/Kanada 2006, R: Dai Sijie, D: Mylène Jampanoi, Li Xiaoran

„„Die Töchter des chinesischen Gärtners“ begegnen sich in einem trügerischen Paradies: Auf der blühenden Insel von Botanikprofessor Chen verschwendet dessen Tochter An ihre Jugend damit, dem Vater die Fußnägel zu stutzen. Bis die Praktikantin Li erscheint. Die Frauen werden Freundinnen und schließlich Geliebte. Im China der achtziger Jahre begeben sie sich dadurch in Lebensgefahr. „Eine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die zufälligerweise Frauen sind“, möchte Autor und Regisseur Dai Sijie (“Balzac und die kleine chinesische Schneiderin“) in seinem sinnlichen Drama erzählen. Einfühlsam verhandelt er Tabus, Tochterliebe und Tradition.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, KL

Der Traum ist aus - Die Erben der Scherben Deutschland 2001, R: Cristoph Schuch

“Christoph Schuchs Dokumentarfilm über Rio Reiser und seine Politrockband ,Ton Steine Scherben‘ ist weniger TSS-Historie oder Konzertfilm, sondern untersucht vor allem die Frage nach der politischen Funktion von Musik. Seine Spurensuche bei Überlebenden und Freunden mit dazwischen montierten symbolischen Landschafts- und Industrieaufnahmen geht auf die Lage der heutigen Musikszene ein.“ (Blickpunkt:Film) HH

V

Vier Minuten Deutschland 2006, R: Chris Kraus, D: Hannah Herzsprung, Monica Bleibtreu

Endlich traut sich ein deutscher Filmemacher, großen Kino zu machen. In „Vier Minuten“ passiert alles auf der grandiosen Bühne des Melodramas, ohne dabei je pathetisch oder lächerlich zu wirken. Die Klavierlehrerin Traude Krüger gibt schon seit 60 Jahren Musikunterricht in einem Frauengefängnis, aber solch eine Gefangene wie die Jugendliche Jenny hat sie noch nie gesehen. Diese ist ruppig, unberechenbar und aufsässig, aber auch eine Virtuosin am Klavier. Alles an dieser 20jährigen Mörderin ist der alten Frau zuwider, aber den Verlockungen ihres außergewöhnlichen Talents kann sie nicht widerstehen, und so versucht sie die Widerspenstige zu zähmen und wird dabei selber aus der seelischen Versteinerung geweckt, in der sie fast ihr ganzes Leben lang gefangen war. (hip) HB, HH, KI

Von Agenten gejagt – Journey Into Fear USA 1942, R: Norman Foster, Orson Welles, D: Joseph Cotten, Orson Welles / Originalfassung ohne Untertitel

„Während des Zweiten Weltkriegs versucht ein amerikanischer Ingenieur, der in Istanbul nur knapp dem Mordanschlag eines Nazi-Agenten entkommen ist, auf einem klapprigen Kahn außer Landes zu gelangen. Doch die offene See erweist sich als ein Labyrinth, in dem von jedermann Gefahr auszugehen scheint. Die Angst reist darum immer mit in dieser Adaption eines Romans von Eric Ambler -, einem Film Noir, der so schwarz ist wie das Meer, auf dem er spielt.“ (metropolis) HH

W

Wer früher stirbt, ist länger tot Deutschland 2006, R: Marcus Rosenmüller, D: Markus Krojer, Jule Ronsted

“In einem Dorf in Bayern hört der elfjährige Sebastian, dessen Mutter vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, die Erwachsenen oft über den Tod reden. Sie denken sich nicht viel dabei. Sebastian denkt sich zuviel dabei. Aus dieser Diskrepanz entwickelt Markus Rosenmüller seine Komödie ,wer früher stirbt, ist länger tot‘. Diese überzeugt durch eine profunde Logik, in die viele bayerische Überlebensweisheiten gemischt sind. Das lokale Idiom trägt entscheidend zum Charme des Films bei.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) H, HH, HL

Z

Zabriskie Point USA 1969, R: Michelangelo Antonioni, D: Mark Frechette, Daria Halpin

“Antonionis in Amerika entstandener Film erzählt in zum Teil allegorisch-visionären Bildern vom Mythos eines Wunderlandes, von der Faszination seiner „unbegrenzten Möglichkeiten“ und von den Symptomen seines Zerfalls, wobei utopische Wunschträume unvermittelt in tödliche Albträume umschlagen. Die radikalen Befreiungsversuche der Helden korrespondieren mit einem experimentellen Erzählstil, der bewusst grelle Effekte des Actionskinos und der Kolportage mit Elementen der Pop- und Konsumästhetik verbindet.“ (Lexikon des internationalen Films) H

Zodiac – Spur des Killers USA 2007, R: David Fincher, D: Jake Gyllenhaal, Mark Ruffalo

„Auf Tatsachen beruhender Film um die vergebliche Jagd nach dem Serienkiller ‚Zodiac‘, der Ende der 1960er-Jahre den Großraum San Francisco mit fünf Morden in Angst und Schrecken versetzte. Der weitgehend aus Perspektive zweier im Dunkeln tappender Ermittler – eines Polizisten und eines detektivisch ambitionierten Zeitungskarikaturisten – inszenierte Kriminalfilm fesselt dank seiner suggestiven formalen Qualitäten. Dabei wirkt er um so verstörender dadurch, dass er im nachhinein die Gier des wirklichen Täters nach Publicity zu erfüllen scheint.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI

Zusammen ist man weniger allein Frankreich 2007, R:

Claude Berri, D: Audrey Tautou, Guillaume Canet „ Regie- und Produktionsaltmeister Claude Berri präsentiert ein charmantes Großstadtmärchen nach einer Bestsellervorlage. Eine prominente Besetzung u.a. Audrey „Amelie“ Tautou, mimt eine WG skurriler Typen, die entspannt einem vorhersehbaren Happy End entgegendriften. Feel-Good-Unterhaltung aus Frankreich.“ (Blickpunkt:Film)

H, HB, HH, HL, KI, O

2:37 Australien 2006, R: Murali K. Thalluri, D: Clementine Mellor, Marny Spillane

„Ein Schultag im Leben von sechs Teenagern, an dem sich einer von ihnen umbringt. Nur wer? Grund genug haben sie alle. Der australische Debütfilm ist ein Selbstmord-Whodunit. Ein Exploitation-Drama, das es gut meint. Der Film ist in seinem ungebremsten Eifer zu massig, zu plakativ, zu vorführend. Er greift zu fragwürdigen Methoden, um seinen Standpunkt zu vermitteln und ist ein Beispiel dafür, dass die besten Absichten nicht zwangsläufig die besten Resultate nach sich ziehen.“ (critic.de) HH