Betten für Strahlenopfer

ATOMKATASTROPHE Niedersachsen könnte rund 40 Strahlenerkrankte aus Japan versorgen

Opfer der Atomkatastrophe in Japan könnten bald auch in niedersächsischen Kliniken behandelt werden. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat sich nach eigenen Angaben bereit erklärt, zwei Intensivbetten für schwerst verstrahlte Patienten zur Verfügung zu stellen.

Insgesamt stehen nach Schätzungen des niedersächsischen Gesundheitsministeriums 30 bis 40 Betten für Strahlenerkrankte zur Verfügung, darunter neben der MHH auch im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg, das Nordstadt Krankenhaus in Hannover, das Annastift in Löningen sowie das Ubo-Emmius Krankenhaus in Norden.

„Wir sind vorbereitet“, sagte Arnold Ganser, Leiter der Onkologie und Hämatologie der MHH am Freitag. Ganser ist Mitglied des 2001 für Blut-und Knochenmarktransplantation (EBMT) gegründeten internationalen „Nuclear Accident Comitee“. Erster Ansprechpartner für mögliche Strahlenopfer in Europa sei jedoch nicht Deutschland, sondern Frankreich. „Das Armeekrankenhaus in Paris ist die Klinik mit der meisten Erfahrung.“ Europaweit habe die EBMT rund 400 Fachkliniken auf verfügbare Betten abgefragt.

„Die Betreuung der Patienten ist sehr arbeits- und zeitintensiv“, sagt Ganser. So würden zwei Strahlenopfer in etwa so viele Pflegekräfte bündeln, wie zehn normale Intensivpatienten. Je nach Gesundheitszustand würden die Patienten entweder auf die Station für Hautkrankheiten oder Knochenmarktransplantationen kommen. Ganser rechnet pro Patient mit Behandlungszeiten von vier Wochen bis sechs Monaten. „Die Menschen haben so massive medizinische Probleme, etwa im Blutbild, mit der Lunge oder mit der Haut, dass es in Einzelfällen sogar mehrere Jahre dauern kann, bis sie wieder entlassen werden können.“

Gesundheitliche Risiken für Ärzte und Pfleger ergäben sich nicht. „Jeder Patient, der nach Europa ausgeflogen wird, ist nicht kontaminiert“, betonte Ganser. „Das heißt, sie strahlen nicht selbst.“ Wer die Kosten der möglichen Intensivbetreuung übernimmt, ist laut Ganser noch unklar. „Die Kosten einer Behandlung belaufen sich schnell auf mehrere hunderttausend Euro pro Patient.“ Er gehe aber davon aus, dass entweder der japanische Staat oder die Bundesregierung einspringen werden.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan hatte in dieser Woche wiederholt medizinische Hilfe für die Opfer angeboten. Die CDU-Politikerin fordert zudem zur besseren Planung eine kurzfristige Telefonkonferenz der Gesundheitsminister der Länder.  (dpa)