Jukebox

Katharina Franck steckt in einer Schublade fest

Der Fluch des frühen Hits ereilte in der Geschichte der deutschen Popmusik kaum jemanden so gründlich wie Katharina Franck. Der Hit hieß „Blueprint“, das Jahr war 1987, die Rainbirds gewannen den damals noch ausgetragenen Senatsrockwettbewerb. Und fortan war Franck eine Popmusikerin. Ob sie wollte oder nicht. Sie wollte eigentlich nicht.

Nein Katharina Frank wollte alles sein, bloß keine Popmusikerin. Sie wollte Songwriterin sein. Mindestens. Oder Künstlerin. Sogar Dichterin. Lange vor den Rainbirds schon schrieb sie Songs und Prosa, experimentierte mit der Cut-up-Technik. Während der Rainbirds versucht sie sich im Projekt Stein, zusammen mit FM Einheit und Ulrike Haage, am Avantgardistischen. Den kommerziellen Erfolg der Rainbirds hatte sie da bereits torpediert mit einem zweiten Album, das den verkaufsfördernden Titel „Call Me Easy, Say I’m Strong, Love Me My Way, It Ain’t Wrong“ trug, ausdrücklich keine Hits enthielt und trotz eines Anton-Corbijn-Videoclips floppt. Danach reduziert sie die Rainbirds zum Duo mit Haage und die Band verschwindet endgültig in der weitgehenden Nichtwahrnehmung. Nach den Rainbirds erfindet sie für ihre ersten Solo-Alben ein eigenes Genre, den „Gesprochenen Popsong“.

Erst Anfang dieses Jahres, mit ihrer letzten Platte „First Take Second Skin“, wagte sie sich wieder zurück in die verfluchten Zeiten, als es einen kurzen Augenblick so schien, als könnten die Rainbirds die internationalen Charts übernehmen. Auf „First Take Second Skin“ ist – zumindest in Ansätzen – genau jener luftige, flirrende, selige Gitarrenpop zu hören, mit dem man in den Achtzigerjahren versuchte Punk auszutreiben. Genau dieser Gitarrenpop also, der auch zu hören ist auf dem selbstbetitelten Debütalbum der „Rainbirds“. Das allerdings, wenn man es heute noch einmal auflegt, unter den offensichtlich federleichten Gitarren und den eingängigen Melodien auch ein paar schräge Harmonien, aufgekündigte Songstrukturen und überraschend viele Brüche mit den klassischen Popprodukterwartungen bereithält. Mit dem Abstand von bald zwei Jahrzehnten ist tatsächlich schon hier zu hören, dass Katharina Franck niemals sein wollte, für was sie seitdem gehalten wird. THOMAS WINKLER