Juristen kritisieren Schulgesetz

SCHULDEBATTE Der juristische Beratungsdienst des niedersächsischen Landtags moniert Schlechterstellung der Gesamtschulen. Grüne Abgeordnete fordern Verfahrens-Stopp. Kommunen könnten klagen

„Ohne Begründung ist die Ungleich- behandlung Willkür“

Ina Korter, grüne Abgeordnete

Die Hausjuristen des Niedersächsischen Landtages haben erneut rechtliche Bedenken am geplanten neuen Schulgesetz geäußert. Es gebe eine „nicht unerhebliche Ungleichbehandlung von Gesamtschule und Oberschule“, heißt es in einer Vorlage des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes (GBD), der der taz vorliegt. Es fehle eine „einleuchtende Begründung“ dafür, dass für eine neue Gesamtschule mindestens 120 Schüler pro Jahrgang nötig sind, für eine Oberschule aber nur 75.

Dies ist bereits der zweite Rüffel der Juristen. Laut Gesetz, das Mitte März verabschiedet werden soll, darf die neue Oberschule, die aus kleinen Haupt- und Realschulen hervorgehen soll, einzige Schule am Ort sein. Gesamtschulen haben diesen Status nicht und dürfen nur ergänzend zu anderen Schulformen errichtet werden.

Es stelle sich die Frage, ob diese Ungleichbehandlung „im Hinblick auf Artikel 3 im Grundgesetz gerechtfertigt werden kann“, schreiben die Juristen. Organisatorische Regelungen für zulässige Schulformen müssten „in sich widerspruchsfrei“ sein.

Die Regierung zeigt sich gelassen. „Wir teilen ausdrücklich die Bedenken des GBD nicht“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler. Man habe mit dem GBD gesprochen. Dieser sei bei seinem Standpunkt geblieben, wolle aber seine „Position überdenken“.

Die Opposition hält die Bedenken für schwerwiegend. „Ohne sachliche Begründung ist eine Ungleichbehandlung von Oberschule und Gesamtschule Willkür und damit ein Verstoß gegen das Grundgesetz“, sagt die Grüne Schulpolitikerin Ina Korter. „Landkreise, die eine Gesamtschule einrichten wollen, können dagegen klagen.“

Die Vorlage war am Mittwoch Thema im Rechtsausschuss. Die CDU- und FDP-Vertreter hätten dort „nicht überzeugt“, sagt Korters Fraktionskollege Helge Limburg. Bis die Bedenken des GBD ausgeräumt seien, müssten die Beratungen über das Schulgesetz ausgesetzt werden. KAIJA KUTTER