Verschwundene weiterhin unauffindbar

Auch nach der Aussage eines wichtigen Belastungszeugen bleiben die Leichen von Karen und Clara Gaucke aus Hannover verschwunden. Der Mitinsasse behauptet, der Angeklagte Michael P. habe ihm den Doppelmord gestanden

Die größte Hoffnung hat sich auch mit dem wichtigsten Zeugen nicht erfüllt: Dass durch seine Aussage endlich die Leichen der seit Juni vermissten Karen und Clara Gaucke aufgefunden werden. Nachdem ein Mitgefangener des Angeklagten Michael P. der Polizei mitgeteilt hatte, der 38-Jährige habe ihm beim gemeinsamen Hofgang den Doppelmord geschildert, hat diese erneut zwei Hundertschaften zur Leichensuche losgeschickt. Doch auch das Absuchen eines Moors bei Röhrse im Landkreis Peine am Montag blieb ohne Erfolg. Gestern nun bestätigte jener Mitgefangene seine polizeiliche Aussage als Zeuge vor dem Landgericht Hannover.

Der Häftling der JVA Sehnde sagte, Michael P. habe ihm kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres die Taten geschildert. Demnach habe er seine Ex-Freundin Karen Gaucke, mit der er im Streit um Unterhaltszahlungen lag, mit einem Messer getötet – er habe ihr die Kehle durchgeschnitten. Anschließend habe er die gemeinsame siebenmonatige Tochter Clara mit einem Kissen erstickt. Dann habe er die Leichen an einem unbekannten Ort vergraben. So habe es der in erster Instanz verurteilte Frauenmörder geschildert. Kennen gelernt hatten sich die beiden Häftlinge bei gemeinsamen Hofgängen im Gefängnis.

Neu an dieser Aussage ist der Zeitpunkt, zu dem Michael P. Karen und Clara Gaucke ermordet haben soll. Die Anklage geht davon aus, dass er sie wohl am Abend des 15. Juni zwischen 20 Uhr und 22 Uhr tötete. Um 20 Uhr waren Michael P. und Karen Gaucke in ihrer Wohnung verabredet, nach 22 Uhr traf er bei Freunden im Biergarten ein. Der Mithäftling sagte aber aus, Michael P. sei nach dem Besuch im Biergarten gegen Mitternacht in die Wohnung von Karen Gaucke gegangen, habe sie in der Küche von hinten gepackt und mit dem Messer in den Hals gestochen. Als er die Leiche in einem Müllsack in seinem Mietauto verstaut hatte, sei er erneut in die Wohnung gegangen und habe seine Tochter ermordet. „Da habe ich selbst Mordgedanken bekommen“, sagte der Zeuge. „Ich dachte: Was für ein Schwein“.

Während die Staatsanwaltschaft zunächst keine Einschätzung dieser Zeugenaussage abgab, bezeichnete die Nebenklage den Mann als glaubhaft. „Er hat Details geschildert, die er nur vom Täter wissen kann“, sagte Rechtsanwalt Matthias Waldraff, der die Eltern von Karen Gaucke vertritt. Deren größte Hoffnung ist, im Prozess den Fundort der Leichen zu erfahren, damit sie nach Monaten der Ungewissheit endlich trauern können.

Über 20 Suchaktionen hat die Polizei inzwischen durchgeführt. Michael P. schweigt vor Gericht. Unterdessen haben weitere Zeugen ihn schwer belastet. Am Montag hatte eine 48-jährige Frau geschildert, was sie vor sieben Monaten am Ahrbecker See südlich von Burgdorf erlebt hatte: Ein oder zwei Tage nach dem Verschwinden von Karen und Clara Gaucke will sie in Ufernähe einen Mann gesehen haben, der am offenen Heck eines Kombis hantierte. Rechts im Heck habe ein großer blauer Müllsack gestanden, links im Kofferraum ein etwa 80 Zentimeter großer, verschnürter Stoffbeutel. Beim Vorbeijoggen habe sie den Mann gegrüßt – der sehr ungehalten auf die Begegnung reagiert habe. Als der Vorsitzende Richter die Frau fragte, ob sie in jenem Mann den Angeklagten Michael P. wiedererkennt, sagte die Zeugin: „Ja, das ist er.“ Elke Spanner