Oben schwimmen

Die neuen MySpace-Lieblinge: Der Gig von Tapes ’n Tapes am Mittwoch im Magnet Club war echt – und echt gut

Sie sind das amerikanische Äquivalent zu den Arctic Monkeys. Das aus den Tiefen des Netzes gestiegene, neue, schlaue Indierock-Ding namens Tapes ’n Tapes. Ein Blog-Hype, ein MySpace-Liebling, der lange auf den Erfolg in der realen Welt warten musste. „In Houston, in Oslo … the contracts, the con slow“, singen sie auf ihrem Debüt, das daheim in den Staaten schon ein Jahr alt ist. In Deutschland findet „The Loon“ außerhalb des Netzes erst seit wenigen Monaten statt. Trotzdem hat sich herumgesprochen, wie gut die vier aus Minneapolis sind, trotzdem sind schon genügend Stücke heruntergeladen worden, dass der Schlauch des Magnet Clubs an diesem Mittwochabend gut gefüllt ist.

Was man dort sieht, sind vier junge Männer, die sich im Bartwuchs üben und um die Begeisterung des Publikums noch kämpfen müssen. Vier junge Männer, die bestimmt schon in Bands spielen, seit sie 15 sind, und immer noch gerne lustige T-Shirts tragen. Tapes ’n Tapes können gewöhnlichen Indierock, wie man ihn von Modest Mouse oder Built to Spill kennt. Keine schlechten Bands natürlich. Das Besondere an den Tapes entwickelt sich erst langsam aus den Stücken – dann nämlich, wenn die Rhythmen variiert werden, die Gitarre einen Reggae-Anschlag verpasst bekommt oder sich daran erinnert, dass es einmal Surf-Musik gegeben hat; wenn Josh Grier seine Stimme vibrieren lässt – flüstert, wenn man flüstern muss, sprechsingt, wenn es dramatisch wird. „No sex, no sleep, it’s hard toe, it’s hard speak“: Der entscheidende Unterschied zu den zahllosen anderen Naseweisbands, die man in all den Jahren gehört hat, liegt auch in den Texten, in den Wendungen, die sie plötzlich nehmen. Man kann also sagen: Nicht alles ist neu, was diese Band macht, dafür stimmt aber alles. Sie schwimmen oben. Denn sie haben sehr gute Songs.

Im Schlauch des Magnet Clubs war es wie gesagt nicht einfach. Der Bass war zu laut, die Gitarre manchmal zu leise, und hinten sah man nicht viel. Dafür erlebte man ein recht durchmischtes Publikum. Die Tage scheinen passé, wo man solche Bands sozusagen unter Jungs guckte, weil sie von den Mädchen nicht verstanden wurden. Gut so. Josh Grier jedenfalls hatte Präsenz und Charisma, der Mann am Tamburin sah auch sehr nett aus, und der Bassist war ebenfalls dufte. Den Schlagzeuger konnte man nicht sehen. Aber er trägt wohl Brille. Grier radebrechte etwas Deutsch, weil er mal kurz in Nürnberg gewohnt hat. Zum Schluss gaben sie „Insistor“, ihren Hit, und „Jakov’s Suite“, den Höhepunkt. „When you don’t move, you don’t move away“, sangen sie und verschwanden. Eine Zugabe gab’s nicht. Groß war es trotzdem. RENÉ HAMANN