„Olympia ist eine Riesenchance“

SOMMERINTERVIEW Dietrich Wersich, Fraktionschef der CDU in der Bürgerschaft, über Olympische Spiele, die nahende Hamburg-Wahl und seine Bürgermeister-Ambitionen

50, ist Facharzt für Allgemeinmedizin, 1995 bis 2004 war er Geschäftsführer des Altonaer Theaters, zeitweise der Hamburger Kammerspiele und des Harburger Theaters. Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft von 1997 bis 2004, von 2008 bis 2011 Sozialsenator, seither Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender der CDU.

INTERVIEW SVEN-MICHAEL VEIT

taz: Herr Wersich, seit dreieinhalb Jahren opponieren Sie und Ihre CDU-Fraktion gegen Bürgermeister Olaf Scholz und dessen SPD. Ist der Frust groß?

Dietrich Wersich: Kein Stück, das ist notwendige Aufbauarbeit. Auch ein Gärtner muss erst säen, bevor er ernten kann. Ich bin nach der Wahlniederlage 2011 auf einem Tiefpunkt als Oppositionsführer angetreten, um die CDU wieder zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft zu machen. Jetzt sind wir soweit zu sagen: Wir wollen und können wieder regieren.

Regieren ist kein Wunschkonzert, schon gar nicht bei den Finanzen. Sie wollen noch mehr und härter sparen als der SPD-Senat es bereits tut?

Nein, so nicht. Aber: Ja, wir wollen die Schuldenbremse früher erreichen. Das geht, weil sich der Senat mehrere Hundert Millionen Euro Rücklagen angelegt hat, um hier und da mal Wünsche zu befriedigen. Auch dadurch wird der Haushalt zwischen 2011 und 2016 um über zwölf Prozent aufgebläht. Zum anderen ist eine Haushaltssanierung ausschließlich durch Kürzungen der falsche Weg. Im Gegenteil, wir müssen in die Zukunft investieren, vor allem in Infrastruktur, Firmenansiedlungen und Wissenschaft. Das Konzept der wachsenden Stadt führt auch zu den nötigen Mehreinnahmen.

Das ist ein langfristiges Ziel ohne Sofortwirkung. Die Schuldenbremse soll aber bereits in vier, fünf Jahren greifen.

Wir können sogar schon 2015 ohne neue Schulden auskommen. Die Einnahmen steigen, deshalb ist jede weitere Neuverschuldung nicht zu verantworten.

Warum setzen Sie sich so vehement für Olympische Spiele in Hamburg ein?

Ich finde, dass Olympische Spiele eine Riesenchance für Hamburg und den ganzen Norden sind. Die Stadt kann ein stolzer Gastgeber für die Welt sein. Das ist etwas, was man gar nicht überschätzen kann.

Die Spiele als milliardenschwere Werbekampagne für den Tourismus?

Natürlich würde das auch den Tourismus ankurbeln, wenn fünf Milliarden Menschen Hamburg wahrnehmen. Aber es geht um viel mehr, denn mit Olympischen Spielen wären sehr sinnvolle städtebauliche Projekte schneller zu verwirklichen.

Das alles haben wir im Zweifel noch vor uns. Bereits hinter uns haben wir die Europa- und Bezirkswahlen vom 25. Mai mit einer Wahlbeteiligung von nur 41 Prozent: ein Minusrekord. Sollte das neue Wahlrecht geändert werden?

Ein Wahlrecht darf nicht dazu führen, dass Menschen davon abgeschreckt werden, wählen zu gehen. Deshalb sollte es meines Erachtens Änderungen geben. Zum Beispiel ist es unsinnig, dass die Parteien doppelt so viele Kandidaten anbieten müssen wie Sitze zu vergeben sind. Die Zusammenlegung der Wahlen sehe ich eher positiv. Wir haben dadurch einen Anstieg der Beteiligung an der Europawahl. Auch in anderen Bundesländern gibt es die Erkenntnis, dass die Kombination von Europa- und Kommunalwahlen zu einer höheren Wahlbeteiligung bei den Europawahlen führt.

Der Verein „Mehr Demokratie“ möchte Hamburg als Einheitsgemeinde auflösen und aus den sieben Bezirken eigenständige Großstädte im Bundesland Hamburg machen. Was halten Sie davon?

In Hamburg dominiert nach fast zehn Jahren CDU-geführter Regierungen wieder die SPD.

■ Wahl 2011: Die SPD erreichte mit 48,4 Prozent die absolute Mehrheit (62 von 121 Mandaten). Die Opposition: CDU 21,9% (28 Sitze), Grüne 11,2% (14), FDP 6,7% (9), Linke 6,4% (8).

■ Wahl 2015: Eine erneute absolute Mehrheit der SPD ist fraglich. Gefährdet ist der Wiedereinzug der FDP, offen der erstmalige Einzug der AfD.

■ Die CDU: Hatte ihre erfolgreichste Zeit unter Bürgermeister Ole von Beust von 2001 bis 2011. Sie regierte mit Schill-Partei und FDP, dann mit absoluter Mehrheit und schließlich in Deutschlands erster schwarz-grüner Koalition. 2011 erreichte sie das schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.

Das ist eine Schnapsidee. Wir reden über Zusammenarbeit in der Metropolregion, über die Europäische Union, über weltweite Kooperationen, und dann kommen da Leute und sagen, wir wollen aus einer Stadt sieben Städte machen – das ist absurd.

Bei der nächsten Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 kandidieren Sie zum ersten Mal als Bürgermeisterkandidat der CDU gegen Titelverteidiger Scholz. Machen Sie sich ernsthaft Hoffnungen auf den Posten?

Ja. Ich will es, und die CDU kann es. Dafür trete ich an. Den Rest entscheiden die Hamburger.

Welcher Koalitionspartner wäre Ihnen am liebsten?

Ich hätte nichts gegen die absolute Mehrheit. Aber Spaß beiseite: Wir werden nach der Wahl anhand des konkreten Ergebnisses sehen, was machbar ist und was gut ist für Hamburg. Ich halte nichts von Farbenspielen vor der Wahl. Die Leute haben schon zu oft erlebt, dass nach der Wahl andere Koalitionen rauskommen als vorher angekündigt. Politiker sollten mehr Demut vor der Entscheidung des Wählers haben.

Vollständiges Interview auf www.taz.de/nord/hamburg