Status-Frage bleibt länger offen

Ob Kosovo bei Serbien bleibt oder unabhängig wird, soll erst nach den serbischen Parlamentswahlen entschieden werden. UNO erklärt Verhandlungen für gescheitert

BELGRAD taz ■ Die Entscheidung über den völkerrechtlichen Status des Kosovo wird nicht bis Ende des Jahres, sondern erst nach den Parlamentswahlen in Serbien am 21. Januar fallen. Das erklärte am Mittwoch der UNO-Chefunterhändler für das Kosovo, Martti Ahtisaari. Weitere Gesprächsrunden zwischen Belgrad und Priština werde es nicht geben, an einer „fairen“ Lösung der Statusfrage werde aber noch gearbeitet.

Belgrad reagierte sofort und warf dem „politischen Rentner“ Ahtisaari „Voreingenommenheit“ vor. Zum wiederholten Male forderte die serbische Regierung den Rücktritt des finnischen Diplomaten, weil er „albanische Sezessionisten“ protegiert und die Kosovo-Verhandlungen, die deshalb gar keine Resultate gebracht hätten, lediglich als Feigenblatt für eine Unabhängigkeitserklärung missbraucht habe.

Die Verschiebung der Entscheidung über die Statusfrage wegen der instabilen politischen Lage in Serbien stieß auch im Kosovo auf Kritik. Führende politische Parteien verzichteten jedoch vorerst darauf, im Alleingang die Unabhängigkeit im Parlament auszurufen. Allen voran rief Kosovo-Premier Agim Ceku alle Albaner dazu auf, Ruhe zu bewahren und sich noch zu gedulden. Für Priština kommt nichts anderes als die Unabhängigkeit der zu über neunzig Prozent von Albanern bewohnten Provinz infrage. Sowohl kosovo-albanische Politiker als auch Albanien warnten davor, dass eine weiteres Hinauszögern der Statuslösung Unruhen in der Provinz auslösen und die Stabilität der Region bedrohen könnte.

Nicht zuletzt, um auf einen möglichen Aufstand im Kosovo mit einer ausreichenden Anzahl einsatzbereiter Soldaten reagieren zu können, haben die EU-Verteidigungsminister vor einigen Tagen nicht beschlossen, die Friedenstruppen in Bosnien wie geplant von 6.500 auf 1.500 zu reduzieren. Im Kosovo sind rund 16.000 Mitglieder der internationalen Friedenstruppe unter dem Kommando der Nato stationiert. Im nächsten Jahr soll die EU von der UNO die Verwaltung der Provinz übernehmen.

Größte Ängste löst in Priština die Haltung Russlands in der Kosovo-Frage aus. Russische Diplomaten in Belgrad behaupten, dass Moskau eine international anerkannte Unabhängigkeit des Kosovo ohne die Zustimmung der „serbischen Freunde“ als einen Präzedenzfall für Südossetien, Abchasien und Transnistrien betrachten würde. Dagegen ist die Causa Kosovo für die EU und die USA ein Einzelfall. Belgrad, das eine Unabhängigkeit des Kosovo kategorisch ausschließt, setzt auf das Vetorecht Russlands in der Kontaktgruppe und im UN-Sicherheitsrat, der letztlich über den Kosovo-Status entscheiden wird. ANDREJ IVANJI