36 Jahre später

„Rot ist tot?“ Auf Einladung des „Asta für alle“ diskutierten Bürgermeister und der Gründungsrektor der Universität

„Früher stand die Uni vor der Stadt – heute liegt sie mittendrin und ist fest eingebunden.“ Das Statement von Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) bei der Diskussionsveranstaltung „Rot ist tot?“ gilt bekanntlich auch für die Einbettung der Hochschule in die Finanzprobleme der Stadt. Die hochschulpolitische Gruppe „ASTA für alle“ hatte auch Thomas von der Vring eingeladen, 1971 Gründungsrektor der Universität.

Der fiel seinem Parteigenossen nicht in den Rücken und war bemüht, den Dissens zwischen alten Standpunkten und heutiger Handlungsweise zu verkleinern: „Die Sozialdemokraten haben 1974 ein grundsatzpolitisches Hochschulprogramm entwickelt und bis heute nicht aufgehoben“ sagte er, begleitet vom teilweise amüsierten Beifall der ZuhörerInnen – das Papier mit seiner gesellschaftlichen Wertorientierung gilt als Manifest der „roten Kaderschmiede“.

Die heutige Realität sieht anders aus. Die Uni ist Spitzenreiter im Anwerben von Drittmitteln und damit mehr denn je der damals angestrebten Unabhängigkeit von Forschung und Lehre abtrünnig geworden. Dass gleichzeitig die Fächervielfalt bis zum Streichen ganzer Studiengänge zunehmend eingeschränkt wird, beklagte der gerade emeritierte Ökonomie-Professor Rudolf Hickel. Auch Böhrnsen, der sich gern als Gegner von Studiengebühren geriert, wurde nicht müde seinen Willen zum Erhalt des Studiums für alle gesellschaftlichen Schichten zu betonen. Beklagenswert sei, „dass immer weniger junge Menschen aus unteren gesellschaftlichen Kreisen ein Studium beginnen“.

Sowohl Böhrnsen als auch von der Vring mutmaßten, dass dies weniger mit schlechten Bedingungen an den Hochschulen als mit geringen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu tun hätte. Eine Analyse der Folgen heutiger Einsparungen und eine mögliche Suche nach Alternativen blieben aus. Kai-Erik von Ahn