hamburger szene
: An jeder Ecke ’ne Apotheke

Die Mittagspause in Ottensen ist knapp bemessen. Da muss eins in andere greifen, wenn man etwas beschicken will. Also schnell das Essen im Imbiss bestellt, zehn Minuten soll es dauern – genug Zeit schnell in die Apotheke zu huschen. Ist ja nur ein paar Meter entfernt. Leider verwehrt ein eisernes Gitter den Zutritt. Ich rüttle ungläubig daran, aber Tatsache: Die machen Mittagspause. Genau dann, wenn alle anderen Menschen auch Mittagspause haben, praktischerweise.

Zum Glück gibt es an jeder Ecke eine Apotheke. Wieso eigentlich? Wovon leben die alle? Zweiter Versuch. „Ich hätte gern Stilleinlagen“, sage ich, leicht unsicher, weil ich das Wort erst gestern gelernt habe. Die Apothekerin weiß, was ich meine. Sie runzelt die Stirn, seufzt, und schlurft zu einem Schrank. Sie wühlt pro forma in irgendwelchen Kompressenpaketen und sagt dann: „Die müsste ich Ihnen bestellen.“ Bestellen? Stilleinlagen? Braucht die nicht fast jede stillende Mutter? „Nee, vielen Dank“, sage ich und gehe kopfschüttelnd.

Zurück im Imbiss, die zehn Minuten sind mehr als um, hat der Koch noch nicht angefangen. Die Zutaten sind auch halb aus. Was zum Teufel ist eigentlich los heute? Die Erklärung bringt ein Blick auf die Rechnung: Streng genommen ist der Imbiss auch eine Apotheke.

Später lacht mich meine Kollegin ein wenig aus. „Stilleinlagen – die gibt’s doch in jedem Drogeriemarkt“, sagt sie. Stimmt. Für 1,99. Jan Kahlcke