urdrüs wahre kolumne
: Karriere als Indianer

Von Dünnpfiff, Halsschmerz und Brechreiz gepeinigt, habe ich mich in der letzen Woche selbst von der Chronistenpflicht entbunden. Inzwischen schmecken Bier und Bulette wieder – letztere am Bremer Bratwurst-Glöckl, wo ein fetter Beagle in offensichtlich sexueller Absicht und ohne meine Genehmigung an meinem Hosenbein herumschuppert, worauf Frauchen einigermaßen verlegen erklärt: „Das macht der immer so bei fremden Männern mit Cordhose.“ Die Liebe ist ein seltsames Spiel …

Ach könnte ich reiten – hier wäre die sinnstiftende Chance meines Lebens, als antikolonialistische Rothaut über die Kalkfelsen von Bad Segeberg zu preschen. Im Kampf für meinen Stamm Tag für Tag aufs Neue mein Leben zu lassen und hinterher mit der uniformierten Kavallerie beim kühlen Dithmarscher oder ploppenden Flens über Grundfragen der Globalisierung zu streiten – und das auch noch bezahlt! Denn die Karl-May-Spiele suchen ab sofort erfahrene Reiter für „Winnetou I“ und bewerben kann man sich unter der Rufnummer ☎ 04551/95 21 19. Und für diesen Tipp bitte eine Freikarte an mich, damit ich Dir bei Deinem Ritt in die ewigen Jagdgründe Manitous wenigstens nachträumen kann!

Dass Familie Grünspecht am morgigen Sonntag, abends um 20 Uhr, in der Galerie Plantage, Plantage 13, durch die Bremer Heinrich-Böll-Stiftung einen Film zum Solidaritätslied von Hanns Eisler zeigt und dabei bittesehr auch zum gemeinsamen Singen dieses wunderschönen Schunkelmarschwalzers aufruft, lässt hoffen: Noch ist die Linkswende nicht auf ewig durch Beton und naturgewachstes Lindenholz versperrt.

Mit viel Sympathie registriere ich als Mitglied der Dampfeisenbahnfreunde Weserbergland und der Gesellschaft zur Förderung des Wienerlieds eine Neugründung in Hamburg mit dem wundervoll nichtsnutzigen Namen „Freunde des Stückgutfrachters ‚MS Bleichen‘“. Wer sein Herzblut in solche Projekte strömen lassen kann, dürfte auf alle Zeit gefeit sein vor der Mitgliedschaft in staatstragenden Parteien, Rotary Club oder Hamburger Sportverein.

In der Lüneburger Heide, wo schon der romantische Trunkenbold und vom Ekel ob seiner Profession gepeinigte Lokalredakteur Hermann Löns seinerzeit auf- und niederging und allerhand am Wege fand, soll jetzt „Europas Orlando“ entstehen, in einer Marketing-Allianz von Heidepark, Snow-Dome, Panzermuseum, Kartrennbahn und anderen Formen des groben Unfugs. Möge man diese merkantile Form der Denaturierung immer wieder kräftig durch die Frage nach der Ökobilanz solcher Event-Kacke denunzieren, bis die liebenswerte Schnucke und die zauberhafte Birke, der Wacholder und die Heidekartoffel wieder Gastgeber für Wanderer und Radlerinnen mit und ohne Kniebundhose sein können.

Bitte melden Sie mir unverzüglich, wenn irgendwo auf die Barrikaden gerufen wird! Und zeigen Sie Furchtlosigkeit vor den Triaden durch den Verzehr von Frühlingsrolle oder Gemüsesuppe süß sauer, mahnt freundlich ULRICH „SOJASOSSE“ REINEKING