Ich bin in der DDR aufgewachsen.

Der Frauentag war für mich eines jener verordneten staatlichen Feiertagsrituale, die man entweder ignorierte oder über die man lästerte und dadurch die allgegenwärtige Staatsgewalt umfunktionierte und mit Alkohol dekorierte. Nach der Wende erlebte ich den Frauentag häufig als Ritual professioneller Frauenpolitikerinnen, im Begleitprogramm Nelken (Ost) oder Rosen (West) verteilende (männliche) Wahlkämpfer.

Selten durchwehten den Frauentag Mut, Stolz, Frechheit, Unbeugsamkeit und Siegesgewissheit. All das hatte ich als 17-Jährige in mein Bild der Vorkämpferinnen für Frauenrechte hineinprojiziert.

Ich wünsche uns ganz einfach mehr Idealismus.

STEFFI LEMKE, 43, BUNDESGESCHÄFTSFÜHRERIN VON BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN