Fünf Jahre nach PISA: Falsche Ausbildung und zu wenig neue Stellen
: Neue Kultusminister braucht das Land

Viele deutsche Lehrer verwechseln ihr Klassenzimmer immer noch mit einer Baustelle. Mit Lehrplänen bepackt entern sie die Klasse, stellen sich vor die Schüler – und versuchen das Wissen von vorne in die Köpfe hineinzukippen. Frontbeladung nennen das die Pädagogen, die wissen, was ihre Zunft in der Klasse so treibt. Das ist übrigens kein dummes Vorurteil, sondern Ergebnis einer Befragung unter Lehrern selbst. Unterrichtet wird in den allermeisten Fällen frontal, lehrermonologisch und unter Vermeidung des individuellen Gesprächs mit SchülerInnen. So ist das – leider.

Die Schulminister haben deswegen öffentlich und laut die Lernresistenz ihrer Pauker beklagt. „Was sollen wir denn noch tun?“, lautete der fatalistische Tenor. Das Wehgeschrei war zum Teil richtig, zum größeren Teil aber wohlfeil. Denn die Minister sind selbst schuld – weil sie seit Jahren zu wenig Lehrer einstellen und falsch ausbilden.

Seit 1995 hinken die Neueinstellungen von Lehrern in ganz Deutschland weit hinter den angepeilten Quoten zurück. Und das ist nur die quantitative Seite. Wesentlich ist, dass sich an der Ausbildung der Lehrer so gut wie nichts geändert hat. Nach dem Pisa-Schock lautete das Mantra der Kultusminister: Neue Lehrer braucht das Land. Aber was ist eigentlich passiert seitdem? Wer sich die Mühe macht, dieser Tage in die Lehrerseminare der Unis zu gucken, stößt auf heilloses Durcheinander und frustrierte angehende Pädagogen. Die wissen, wenn sie als Bachelorlehrer anfangen, oft nicht, wie ihr Studium überhaupt weitergeht. Und niemand kann ihnen verraten, welches Bundesland sie überhaupt einstellen darf. Motivation zur Arbeit mit Kindern sieht anders aus.

Man könnte das abtun als die übliche Chaosproduktion des Föderalismus. Leider geht es aber um mehr. In den nächsten Jahren scheidet die Hälfte der 800.000 deutschen LehrerInnen aus. Das wäre die Chance für den fälligen Generationswechsel: weg von den Frontladern hin zu den Moderatoren von Lernprozessen. Wir sollten sie nutzen. Das heißt: viele neue Lehrer ausbilden – und sie dann auch wirklich einstellen! CHRISTIAN FÜLLER