SPD-Parteirat will Firmensteuer light

Die geplante Entlastung für Unternehmen falle zu großzügig aus, bemängeln SPD-Politiker aus den Bundesländern und die Parlamentarische Linke. Reform dürfe keine Steuerausfälle verursachen. Parteirat fordert wirksame Erbschaftsteuer

VON HANNES KOCH

Zahlreiche SPD-Politiker wollen die Unternehmensteuerreform der Bundesregierung entschärfen. Kritik kommt von der Parlamentarischen Linken und aus den Bundesländern. Bei seiner gestrigen Sitzung beschloss der SPD-Parteirat, dass sich die Reform „so rasch und eng wie möglich“ selbst finanzieren müsse. Eine dauerhafte Entlastung der Unternehmen lehnte das Gremium ab.

Außerdem plädierten die SPD-Politiker aus den Bundesländern für die Einführung einer wirksamen Erbschaftsteuer auf Vermögen und Immobilien. Der Parteirat fasste seinen Beschluss mit großer Mehrheit.

Als Grundlage diente eine Vorlage aus Schleswig-Holstein. SPD-Chef Kurt Beck hielt zunächst eine Rede, mit der er das Vorhaben der Bundesregierung unterstützte, stimmt dem Antrag dann aber zu. Das Votum des Parteirats lässt freilich Interpretationsspielraum. Während die Partei-Linke Andrea Nahles die Unterschiede zum Plan der Regierung betonte, erklärte Fraktionsvize Joachim Poß, der Parteirat habe die Steuerreform grundsätzlich gebilligt.

Unter der Leitung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte die Bundesregierung unlängst beschlossen, die Unternehmen in Deutschland um insgesamt 28,8 Milliarden Euro pro Jahr zu entlasten. Als wichtigste Maßnahme soll der Satz der Körperschaftsteuer auf die Gewinne von Konzernen von heute 25 Prozent ab 2008 auf 15 Prozent reduziert werden. Den größten Teil der Entlastung wollen Steinbrück und Koch aber gleich wieder einkassieren, indem sie viele bislang existierende Vergünstigungen für Unternehmen streichen. Unter dem Strich soll die Reform anfangs 5 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Weil die Steuererleichterung das Wachstum stimuliere, rechnet die Koalition langfristig mit höheren Einnahmen als heute.

„Sehr skeptisch“, ob dieses Ziel zu erreichen ist, gibt sich etwa der ehemalige Hamburger Bürgermeister und Bundestagsabgeordnete Ortwin Runde. „Die Gegenfinanzierung der Reform ist unsicher“, sagte Runde gestern der taz. Die Entlastung der Unternehmen um 5 Milliarden Euro sei zu großzügig.

Runde plädiert dafür, mehr Steuerschlupflöcher für Unternehmen zu streichen als bisher geplant. Er schlägt bessere Regelungen vor, damit Betriebe ihre Gewinne nicht durch vermeintliche Kosten gegen null rechnen und dadurch die Steuerzahlung vermeiden. Auch die geplante Abgeltungsteuer betrachtet Runde mit Argwohn. Sein Kollege Florian Pronold sagte der taz: „Die Abgeltungsteuer sollte nicht Bestandteil der Reform sein.“ Steinbrück und Koch hatten beschlossen, dass Privatleute ihre Kapitalerträge nicht mehr bis zu 42 Prozent, sondern ab 2009 nur noch mit 25 Prozent versteuern müssen. Das kostet den Staat 1,7 Milliarden Euro.

Nach Ansicht vieler Kritiker steht das Steinbrück-Koch-Paket im Gegensatz zu zwei zentralen Vereinbarungen. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD von 2005 heißt es, die Reform müsse „weitgehend finanzierungsneutral“ erfolgen. Das bedeutet: im Wesentlichen ohne Steuerausfälle. Auf diese Prämisse hatte sich auch der SPD-Parteitag am 14. Mai dieses Jahres geeinigt. Die SPD beschloss damals den Passus der „annähernden Aufkommensneutralität“.

Teilweise gibt es allerdings auch Annäherungen zwischen Steinbrück und seinen Kritikern. So wies Florian Pronold gestern darauf hin, dass die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer für Unternehmen mittlerweile höher ausfallen als im Jahr 2000 – trotz der damaligen Steuersenkung für Unternehmen.