Die Kultur ohne den Chef – Chef ohne Kultur

Streit im Kulturausschuss über den neuen Kulturchef Klaus Wowereit, weil der dem Gremium fernblieb und die Tagesordnung gekippt werden musste. Schindhelms Opernkonzept hält der Regierende weiterhin für nicht tragfähig

In der konstituierenden Sitzung des Kulturausschusses war es gestern zum Streit zwischen Opposition und der rot-roten Koalition gekommen, weil Berlins zukünftiger Kulturchef Wowereit im Gremium ausgerechnet beim vorgesehenen Tagesordnungspunkt „Opernstiftung“ fehlte. Oliver Schruoffeneger, Mitglied der Grünen im Ausschuss, warf dem Regierenden einen „unmöglichen Umgang“ mit dem Parlament vor. Es könne nicht sein, dass eines „der wichtigsten kulturpolitischen Themen der Stadt diskutiert wird“ – die Zukunft der drei Opernhäuser – und der Vertreter des Kulturressorts einfach fernbleibe.

Der Gescholtene saß nur ein paar Türen weiter und gab Interviews zum gerade unterzeichneten Koalitionsvertrag zwischen der SPD und Linkspartei.PDS. Brav konnte Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister und im zukünftigen Senat auch verantwortlich für die Kultur, alle Fragen beantworten. Ein zu gleicher Zeit gestellter Antrag der Opposition, in der Auftaktsitzung des neuen Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus den „neuen sogenannten Kultursenator“ in den Ausschuss zum aktuellen Thema Opernstiftung zu zitieren, wurde mit einer rot-roten Mehrheit abgelehnt. Dieser Tagesordnungspunkt wurde daraufhin verschoben.

Wowereit habe sich mehrfach „polemisch“ und ohne Rücksicht auf den Kultursenator oder das Parlament zum Thema Opernstiftung geäußert, ärgerte sich Schruoffeneger in der Sitzung. Er habe den Generaldirektor der Berliner Opernstiftung, Michael Schindhelm, „öffentlich weggemobbt“. Dazu müsse er Rede und Antwort stehen.

Auch der CDU-Abgeordnete Michael Braun empörte sich über Wowereit. Es sei „unerträglich“, dass Wowereit bei einem solchen Tagesordnungspunkt fehle. Braun bestand darauf, dass der Regierende künftig in den Ausschuss zu kommen habe. Außerdem polterte Braun, die aktuellen, manchmal schroffen kulturpolitischen Äußerungen Wowereits schadeten Berlin. Braun: „Hier schickt sich ein Herr an, Kultursenator zu werden, dem mitteleuropäische Umgangsformen fehlen.“

Sowohl die SPD-Mitglieder im Ausschuss als auch in einer späteren Stellungnahme Wowereit selbst wiesen solche Verpflichtungen zurück. SPD-Kulturfrau Annette Fugmann-Heesing sagte, der Regierende habe manchmal Wichtigeres für das Land Berlin zu tun, als in eine Ausschusssitzung zu gehen. Diese Aussage führte im Ausschuss zu Gelächter.

Wowereit ließ wissen, er sei „aus Respekt vor dem amtierenden Kultursenator“ nicht vor dem Gremium erschienen. Er nehme auch keine Termine in dieser Eigenschaft wahr, solange der neue Senat nicht im Amt sei, was erst ab Donnerstag dieser Woche der Fall sei.

Was nicht ganz stimmt: Auch gestern äußerte sich Wowereit wieder öffentlich zum Thema Opernstiftung. Er sagte, er wolle „in Ruhe“ ein tragfähiges Konzept für die Opern erarbeiten. Das ursprüngliche Konzept von Stiftungsdirektor Schindhelm, „scheint so nicht umsetzungsfähig zu sein“. Und ein wenig hat Wowereit schon vorgedacht. Er forderte erneut den Bund auf, die Staatsoper zu übernehmen. Nur so könnten drei Opernhäuser in Berlin überleben. ROLA