DER HOCHSCHULPAKT SCHAFFT ZU WENIG STUDIENPLÄTZE FÜR DIE ZUKUNFT
: Großer Murks

So viel Schulterklopfen war nie. Die Wissenschaftsminister, egal welcher Partei und aus welchem Bundesland, bejubeln sich gegenseitig für das, was sie für ihre famose Gesamtleistung halten. Gestern haben sie einen Ausbau an Studienplätzen bis zum Jahr 2010 beschlossen. Das klingt zunächst mal gut – schließlich will man den zehntausenden von studierwilligen Abiturienten auch entsprechende Studiermöglichkeiten anbieten. Bei genauer Betrachtung aber entpuppt sich der Hochschulpakt als ein äußert wackliges Gebilde, um nicht zu sagen: als großer Murks.

Allerorten wird der sogenannte Hochschulpakt als nationaler Kraftakt gefeiert, der den bevorstehenden Studentenansturm abfangen soll. In Wahrheit aber schafft er nicht die Zahl an Studienplätzen, die wirklich vonnöten wäre: Es sind viel zu wenige, um der drohenden demografischen und technologischen Krise zu begegnen. Der Maßstab wird durch den Bedarf an akademischem und hochqualifiziertem Personal bestimmt, den ein Industrieland wie Deutschland hat.

Obendrein zeugt der Hochschulpakt von jenem schlechten Handwerk, das zum Markenzeichen von Schwarz-Rot zu werden droht. In den Details finden sich so viele Webfehler, dass die nötige Zustimmung der Ministerpräsidenten der Länder zum Hochschulpakt alles andere als gewiss ist. Zum Beispiel Berlin: Seit Jahren bildet die Hauptstadt eine gewaltige Überlast an Studierenden aus, die Modalitäten sind aber noch immer ungeklärt. Zum Beispiel Studiengebühren: Obwohl inzwischen ein Flickenteppich unterschiedlichster Bezahlsysteme existiert, tut der Pakt so, als wäre die Situation überall gleich. Wie kurzsichtig! Der Pakt erhebt den Anspruch, Studentenströme durchs Land zu leiten. Dabei missachtet er die Studentenwanderungen, die durch erhöhte Studiengebühren in einigen Bundesländern ausgelöst werden.

Um dem Föderalismus Genüge zu tun, haben die Wissenschaftsminister der Länder mit dem Hochschulpakt ein technokratisches Ungetüm geschaffen. Die Studenten werden es nicht verstehen – und davor davonlaufen. CHRISTIAN FÜLLER