Studis lernen schnorren

Für die NRW-Bank erschließt sich mit Studiengebühren ein neues Geschäftsfeld. 3.335 Darlehen für die Gebühren wurden schon vergeben, 17.000 neue Anträge liegen vor – Verschuldung inklusive

VON MORITZ SCHRÖDER

Die NRW-Bank reibt sich die Hände. Ihr Darlehen für Studienbeiträge haben insgesamt 3.335 Studierende im laufenden Wintersemester aufgenommen. 17.000 neue Anträge liegen bereits für das kommende Sommersemester vor: „Wir sind mit dem Start sehr zufrieden“, sagt NRW-Bank-Sprecher Klaus Bielstein. Zwar haben vergangenes Jahr nur rund zwölf Prozent der beitragspflichtigen Studierenden einen Vertrag mit der Bank abgeschlossen, „die relevante Zielgruppe konnte aber nur schwer durch Werbemaßnahmen erreicht werden“, erklärt Bielstein.

An 19 Hochschulen in Nordrhein-Westfalen mussten StudienanfängerInnen im Wintersemester erstmals bis zu 500 Euro Studienbeiträge zahlen. Mit einem Darlehen der NRW-Bank überweist diese das Geld an die Hochschule. Fast alle Immatrikulierten, abgesehen von AusländerInnen, haben einen Anspruch auf den Kredit, der nach einer zweijährigen Karenzzeit nach Studienende sukzessive zurückgezahlt werden muss – inklusive Zinsen von derzeit 5,9 Prozent.

Das Darlehen lohne sich besonders für BAföG-EmpfängerInnen, so Bielstein, weil die höchstens 10.000 Euro an die Bank zurückzahlen müssen. Wer schon mit seinen BAföG-Schulden über die 10.000 Euro kommt – also vorwiegend Studis mit Förderungs-Höchstsatz – der oder die zahlt für die Gebühren nichts extra. Ein Blick in den Tilgungsrechner der NRW-Bank zeigt aber, wie lange die Immatrikulierten von den Schulden abhängig sein können. Bei neun Semestern Studiendauer und 500 Euro Gebühren zahlen Neustudierende im Sommersemester bei einer Rate von 100 Euro pro Monat später bis zum Jahr 2019 zurück.

Katja Grollick, Sozialreferentin an der Universität Siegen, kennt daher auch viele KommilitonInnen, die Angst vor den Schulden haben: „Vielen Studierenden bleibt nichts anderes übrig, als sich statt dessen einen Job zu suchen.“ Das bestätigt Timo Altfelde, Sozialreferent an der Uni Bonn: „Die Leute suchen sich neue Geldquellen und fragen häufiger nach Arbeit.“

Christiane Schmidt vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren interpretiert die Zahlen ohnehin anders als die NRW-Bank. Mit zwölf Prozent habe sich nur eine geringe Zahl der Studierenden für den Kredit entschieden. „Viele, die eigentlich dafür in frage kämen, studieren erst gar nicht.“ Das Landeswissenschaftsministerium hatte zu Beginn des Wintersemesters bestätigt, dass es 5,3 Prozent weniger StudienanfängerInnen gebe als noch ein Jahr zuvor. Das begründet nicht nur Christiane Schmidt mit der Angst vor den Gebühren. Auch NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) gestand ein, dass „die Einführung von Studienbeiträgen einen Effekt auf die Anfängerzahlen hat“. Alexander Mohanty, Sprecher der KfW-Bankengruppe, kann die Zurückhaltung auch verstehen: „Für viele Studierende ist die Verschuldung ein Paradigmenwechsel.“