Brücken für die Freiheit der Wildtiere

Umweltschützer stellen erstmals Bundeswildwegeplan vor. Damit Luchs, Wolf und Wildkatze ungehindert wandern können, sollen 125 grüne Brücken entstehen. Voraussetzung: Der Bund zahlt jedes Jahr 30 Millionen Euro

BERLIN taz ■ Luchs, Wolf und Wildkatze sollen sich hierzulande wieder wohl fühlen. Autobahnen und Siedlungen sollen ihren Lebensraum nicht länger zerschneiden. Um dieses Ziel zu erreichen, legte der Naturschutzbund (Nabu) gestern zum ersten Mal einen Bundeswildwegeplan vor. Bis zum Jahr 2020 sollen demnach bundesweit 125 begrünte Brücken entstehen. So könnten Wildtiere künftig ungestörter in der Gegend herumwandern.

„Kein Tier ist heute mehr in der Lage, Deutschland zu durchstreichen, ohne dabei sein Leben aufs Spiel zu setzen“, sagt Nabu-Experte Jörg-Andreas Krüger. Ein Luchs, der vom Harz in die Lüneburger Heide spazieren wolle, laufe an der Autobahn A2 zwischen Hannover und Braunschweig schlicht gegen die Wand. Und dies sei nur ein Beispiel von vielen zerschnittenen Landschaften in Deutschland. „Autobahnen, Lärmschutzwände, ICE-Trassen und Wildschutzzäune entlang der Autobahnen trennen Artgenossen voneinander“, so Krüger. Fänden die Tiere aber keine Partner, um sich fortzupflanzen, sei der Bestand bedroht.

Der Nabu fordert daher, bis 2020 drei durchgängige Wildwege von Nord nach Süd und West nach Ost zu öffnen. Dazu sollen Brücken oder Tunnel gebaut werden. 30 Millionen Euro sollen jährlich dafür aus den Mitteln, die im Bundesverkehrswegeplan veranschlagt sind, bestritten werden.

Mit über 600.000 Kilometern hat Deutschland eines der dichtesten Straßennetze der Welt. Davon zerschnitten 230.000 Kilometer die offene Landschaft, sagt Krüger: „Aus Tiersicht gleichen manche Naturlandschaften einem Flickenteppich isolierter Gefängnisse.“ In Deutschland gebe es beispielsweise nur noch acht unzerschnittene Räume, die größer als 400 Quadratkilometer sind – ein Gebiet, das ein männlicher Luchs als Revier beansprucht.

Kurt Walter, verantwortlich für Naturschutz beim Bundesjagdverband, „begrüßt grundsätzlich“ die Forderung des Nabu. Er ist aber auch skeptisch. Er wisse aus Erfahrung, dass etwa der Rothirsch eine neu gebaute Grünbrücke nicht überqueren würde. Das spreche aber nicht gegen die Überquerungen, meint Matthias Herrmann vom Nabu. Hirsche seien nur zögerlich. Sie bräuchten mindestens drei Jahre, bis sie ein neues Bauwerk akzeptierten. Dieser Tage will der Nabu den Bundeswildwegeplan nun SPD-Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee übergeben. SVEN KULKA