Bildung schlecht, Zähne schlecht

Neue Studie: Unter Zahnschäden leiden vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien

BERLIN taz ■ Die meisten Kinder können aufatmen: Der Zahnarzt muss immer seltener bohren. Bis zum Alter von 12 Jahren haben Kinder im Durchschnitt nicht einmal einen faulen Zahn. Dies belegt die vierte Mundgesundheitsstudie, die Zahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Vereinigung gestern vorstellten. Vor neun Jahren mussten Zahnärzte im Schnitt noch zwei Zähne bei Kindern behandeln.

Grund für die Verbesserung seien regelmäßige Kontrolle und die so genannte Versiegelung der Zähne, sagte Ulrich Schiffner vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Doch nicht alle profitieren: Auf eine Risikogruppe von 10 Prozent der Minderjährigen konzentrieren sich zwei Drittel aller Krankheitsfälle – überwiegend Kinder aus sozial schwachen Familien, deren Eltern niedrige Schulabschlüsse haben. „Das ist ein ernstes Problem, dem sich die Gesundheitspolitik stellen muss“, mahnte einer der Autoren der Studie.

Bei den Älteren sind die Unterschiede in Bildung und Status noch deutlicher an den Zähnen ablesbar. So fehlen Senioren mit niedriger Bildung im Durchschnitt 16 Zähne, während die Über-65-Jährigen mit höherer Bildung durchschnittlich 9 Zähne eingebüßt haben. Forschungen des wissenschaftlichen Instituts der AOK bestätigen den Zusammenhang zwischen Herkunft und Zahnweh. „Die soziale Schichtung ist maßgebend für die Entwicklung der Zahngesundheit“, sagt Antonius Wienefoet vom AOK-Vorstand. Insofern sei es nicht zu rechtfertigen, wenn jeder persönlich für Gebissschäden haften müsse. Die Zahnarztvertreter fordern aber genau das: Der Patient müsse stärker in die Pflicht genommen werden. ANNA LEHMANN