SUSANNE KNAUL ÜBER ISRAELS NEUE MOBILMACHUNG
: Bis zum letzten Tunnel

Israels Regierung will die Bodenoffensive ausweiten und die Truppen immer tiefer in immer dichter bevölkerte Wohnviertel im Gazastreifen schicken. Es wird noch mehr Blut vergossen werden, noch mehr Kinder und Frauen werden sterben. Nicht die Zivilisten sind das Ziel, sondern die radikalislamische Hamas, die die Schlacht gegen Israel ohne Erbarmen für die eigenen Landsleute schlägt. Israels Feind ist skrupellos, und angetrieben vom Wahnsinn des Märtyrertodes preist die Hamas jeden noch so kleinen Erfolg gegen die übermächtige Armee. Mit jedem gefallenen Soldaten schlägt umgekehrt Israel immer erbarmungsloser zurück. Wirf eine Tonne Sprengstoff ab, und es wird nicht mehr zurückgeschossen, meinte ein israelischer Militäranalyst.

Wie viele versehentlich getötete Menschen sind moralisch vertretbar in diesem Krieg, der nur das Ziel hat abzuschrecken und die Grenzen zu sichern? Israel kann nicht mit der Bedrohung leben, dass sich Hamas-Kommandos einschleichen. Die geheimen Tunnelanlagen zu zerstören ist legitim. Doch Schulen oder Kliniken zu bombardieren und wissentlich Opfer unter denen in Kauf zu nehmen, die auf der Flucht sind, darf nicht sein.

Die neue massive Mobilmachung von Reservisten könnte der Auftakt zum Finale sein. Die hohe Zahl der eigenen gefallenen Soldaten, gepaart mit den mäßigen militärischen Erfolgen bei der Zerschlagung der terroristischen Infrastruktur und dem wachsenden internationalen Druck werden Israels Regierung zum Teilrückzug bewegen, auch wenn die diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand fruchtlos bleiben. Die Truppen sollen im Grenzgebiet weiter nach Tunneln suchen, bis der letzte zerstört ist. Der Rest des Gazastreifens muss kampffreie Zone bleiben und schnell wieder sicher werden für die, die den Krieg nicht mehr wollen.

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