Wie einst Atlantis im Ozean

Alle wollen das Klima retten, versichern CDU, SPD und Grüne in der Bürgerschaft. Bloß wie und wann muss noch diskutiert werden. Und die längere Nutzung der Atomkraft natürlich auch

Von Sven-Michael Veit

Christian Maaß legte die Messlatte hoch: „Hören Sie auf zu reden“, forderte der GAL-Abgeordnete Bürgermeister Ole von Beust (CDU) direkt auf, „handeln Sie endlich, noch heute.“ Nur so könne Hamburg werden, was es werden müsse: „Eine Modellregion für Klimaschutz.“

Denn viel Zeit bleibe nicht mehr, befand Maaß gestern in der aktuellen Debatte der Hamburger Bürgerschaft über den Klimawandel. Nach fünf Jahren als Bürgermeister habe Ole von Beust nun endlich begriffen, was den Grünen schon seit langem klar sei: „Hamburg als Küstenstadt droht eine Katastrophe“, prophezeite Maaß, „und die verlorenen fünf Jahre für den Klimaschutz gehen auf Ihr Konto, Herr von Beust.“

Auch Rüdiger Kruse (CDU) räumte ein, „dass wir nicht die Ersten waren, die ans Klima gedacht haben“. Aber es gebe noch Hoffnung, denn nun sei das Thema „Chefsache“. Noch vor dem Sommer, kündigte Umweltsenator Axel Gedaschko (CDU) darauf hin an, werde der Senat ein Rettungskonzept vorlegen. „Wir werden konkrete Vorgaben nennen, die bis 2011 zu erreichen sind“, sagte Gedaschko. Weniger Kohlendioxid-Ausstoß, höhere Energieeffizienz und mehr regenerative Energie würden Bestandteile des Programms sein, mit dem Senat und CDU die Stadt retten und die Wahl in zwölf Monaten gewinnen wollen.

Apokalyptische Szenarien gar bemühte Monika Schaal (SPD), um „den Ernst der Lage“ deutlich zu machen. „Teile Hamburgs werden in der Elbe versinken, wie einst Atlantis im Ozean“, befürchtet sie, wenn nicht endlich gehandelt werde: „Weg vom Öl, weg von der Kohle, weg vom Atom“ müsse die Devise lauten. Die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken aber, ein Lieblingsthema von CDU und Energiewirtschaft, helfe da gar nichts.

Für Sozialdemokraten bleibe die Atomkraft „eine unverantwortliche Risikotechnologie“, sagte Schaal. Wer Atomkraftwerke am Netz halten wolle wie die CDU, sagte auch ihr Fraktionskollege Jenspeter Rosenfeldt, verfahre nach dem Motto: „Habt keine Angst vor der Klimakatastrophe, wir bieten euch den Super-Gau.“

GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch begegnete dem frisch entdeckten Umweltbewusstsein von Bürgermeister und CDU mit subtiler Ironie: „Jetzt sind wir also im Wettbewerb um die Klimafreundlichkeit. Dem stellen wir uns gerne“, sagte Goetsch: „Schön, dass wir Grüne nicht mehr der einsame Rufer in der Wüste sind.“

Erste politische Kompromissbereitschaft ließ die CDU-Mehrheit denn auch bereits am gestrigen Abend erkennen. Da debattierte die Bürgerschaft über einen Antrag der Grünen, der Senat möge sich auf Bundesebene für ein Tempolimit auf Autobahnen einsetzen.

Einen nahezu gleichlautenden Antrag der GAL hatte die CDU im vorigen Jahr glatt niedergestimmt. Jetzt wurde er wenigstens zur näheren Beratung in den Umweltausschuss überwiesen. Ein erster Schritt in der Klimapolitik.