Deutlich besser als das ramponierte Image

Spanien deckt den europäischen Tisch. Doch das Obst und Gemüse von der iberischen Halbinsel steht oft für hohen Pestizideinsatz und schlechte Arbeitsbedingungen. Das stimmt längst nicht mehr für alle Produzenten. Immer mehr ökologische Produkte kommen aus dem sonnigen Süden

Francisco Casero, der Vorsitzende des Andalusischen Komitees für Ökologischen Anbau (CAAE), ist stolz: „Keine Region in Europa hat eine so starke Ökolandwirtschaft wie wir.“ 480.000 Hektar Land kontrolliere das CAAE, mehr als die Hälfte der 950.000 Hektar Ökoland in ganz Spanien. Nur Italien hat in den letzten 25 Jahren eine höhere Zuwachsrate in der Ökolandwirtschaft erlebt als das südspanische Andalusien. Ob Gemüse aus Almeria, Erdbeeren und Himbeeren aus Huelva, Olivenöl aus Jaen: die Landwirte mit dem CAAE-Siegel haben eine breites Angebot.

Casero ist ein Pionier, wenn es um ökologischen Anbau auf der Iberischen Halbinsel geht. Bereits in den Achtzigerjahren produzierte er ökologisches Olivenöl. Als 1991 CAAE mit einer kontrollierten Anbaufläche von weniger als 2.000 Hektar entstand, war er mit dabei. „Leicht war es nicht“, erinnert er sich. Spanien flößte zu Beginn dem europäischen Verbraucher nur wenig Vertrauen ein. Pestizidskandale, schlechte Arbeitsbedingungen, südländischer Schlendrian … Schwarze Schafe im Ökosektor untermauerten die Befürchtungen schließlich noch.

Auf einer der ersten Biofach-Messen – damals noch in Mannheim – kam es zu einem Eklat. Ein Fernsehteam konnte nachweisen, dass einer der Anbaubetriebe Etikettenschwindel betrieb. „Doch das ist heute alles Geschichte“, weiß Casero.

Über 3 Prozent der spanischen Landwirtschaft sind mittlerweile auf ökologischen Anbau umgestiegen. Spanien ist damit die Nummer 4 in der Europäischen Union. „Die ökologische Produktion ist einer der Hauptpfeiler einer Strategie für eine bessere Qualität der landwirtschaftlichen Produkte und einer der Hauptfaktoren für die Diversifizierung des Angebots und der Erwirtschaftung von Mehrwert“, heißt es in einem Papier aus dem sonst eher von der Interessen der traditionellen Unternehmen geprägten Landwirtschaftsministerium in Madrid.

Der Sektor hat längst mehr zu bieten als Obst und Gemüse. Knapp 2.000 Unternehmen zählt die weiterverarbeitende Industrie. „Wir versuchen damit, den wirtschaftlichen Nutzen unserer Produkte zu erhöhen“, erklärt Josep Llados, Sprecher des CCPAE, des Kontrollrates der Ökolandwirtschaft im nordostspanischen Katalonien. In keiner anderen spanischen Region ist die ökologische Lebensmittelindustrie so stark wie hier.

Eigentlich könnte der Ökosektor zufrieden sein. Die Wachstumsraten stimmen, die Gewinne auch. „Dennoch haben wir ein großes Problem: Wir haben kaum einen spanischen Binnenmarkt“, erklärt Llados. Fast die gesamte Ökoproduktion Spaniens geht in den Export. Das heimische Publikum ist nur wenig sensibilisiert. „Es fehlt am politischen Willen“, ist sich Llados sicher. Trotz vieler schöner Worte gebe es weder aus dem Madrider Landwirtschaftsministerium noch von den Autonomieregierungen Unterstützung in Form von Aufklärungskampagnen.

Hinzu kommt der Kompetenzwirrwarr. Jede spanische Region hat ihren eigenen Kontrollrat, wenn es um die Überwachung der Ökoproduktion geht. Zwar sind die Kriterien einheitlich, doch könnte sich so mancher Kunde davon verunsichern lassen. „Am besten wäre es für uns alle, wenn es endlich europaweit ein einheitliches Logo gäbe“, schlägt Llados vor. „Der Verbraucher wüsste dann sofort, was er in der Hand hält.“

Dennoch könne der Ökobereich mit Zuversicht in die Zukunft schauen, meint Victor Gonzálvez. Für ihn ist es nur „eine Frage der Zeit“, dass auch auf dem spanischen Markt zunehmend Ökoprodukte nachgefragt werden. Gonzálvez ist Landwirtschaftsingenieur und als solcher technischer Koordinator von SEAE, einem Verband, der Ökolandwirte und solche, die es werden wollen, berät und betreut. „Im konventionellen Anbau fallen die Preise stetig“, erklärt Gonzálvez, weshalb es für so manchen Bauern interessant werde, auf ökologische Produktion umzusteigen.

Selbst in einigen der in den letzten Jahren in heftige Kritik geratenen Folienzelten rund um El Ejido bei Almeria wird mittlerweile ökologisch gearbeitet. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, rechnen wir für das Jahr 2012 mit einem Ökoanteil der spanischen Landwirtschaft von 10 Prozent“, berichtet Gonzálvez optimistisch.

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