Hartz IV bestätigt

VON BARBARA DRIBBUSCH

Hartz-IV-Empfänger müssen sich mit den geltenden Regelsätzen zufriedengeben. Das Bundessozialgericht in Kassel entschied gestern, dass die Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes nicht verfassungswidrig ist. Nach Auffassung der Richter sichert die monatliche Unterstützung von 345 Euro für einen Erwachsenen das Existenzminimum.

Mit der Gundsatzentscheidung wies das Gericht die Klage einer 49-jährigen Frau aus Baden-Württemberg zurück. Ihr war auf Antrag das Arbeitslosengeld II versagt worden, weil die Schwerbehindertenrente ihres Mannes nach der Bedarfsrechnung für Hartz-IV-Empfänger hoch genug sei, um ein gemeinsames Auskommen der Eheleute zu sichern.

Die Klägerin aus dem Landkreis Lörrach war nach 20-jähriger Berufstätigkeit bei einem örtlichen Maschinenbauer arbeitslos geworden. Bis 2004 bekam sie Arbeitslosenhilfe. Nach Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform im Jahre 2005 war ihr die Unterstützung gestrichen worden. Ihr Mann erhält eine Schwerbehindertenrente von monatlich 928 Euro. Die zuständige Arbeitsagentur hatte für die Eheleute nach der Hartz-IV-Reform einen Bedarf von 857 Euro errechnet – da das Einkommen des Mannes darüber liegt, galt die Frau als nicht anspruchsberechtigt.

Die Klägerin jedoch hatte geltend gemacht, dass die Hartz-IV-Regelleistung zu niedrig bemessen sei und nicht das gesetzlich garantierte Existenzminimum widerspiegele.

Das Bundessozialgericht urteilte jedoch, der Regelsatz sei sowohl mit dem materiellen als auch mit dem sogenannten soziokulturellen Existenzminimum vereinbar. Er führe nicht automatisch zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung von Hartz-IV-Empfängern (Az.: B 11b AS 1/06 R). Gegen die Höhe der Regelsätze und die Art der Bedarfsermittlung gebe es „keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken“.

Der Regelsatz wird ermittelt, indem die zuständigen Behörden einen bestimmten Prozentsatz der monatlichen Ausgaben der untersten Einkommensgruppe als „Bedarf“ für die Leistungsempfänger errechnen. Dabei werden die Ausgaben für Lebensmittel anteilig eher hoch angesetzt, die Ausgaben für soziokulturelle Aktivitäten jedoch eher niedrig.

Nach Ansicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes decken die 345 Euro daher nicht den monatlichen Grundbedarf, der Verband fordert einen Regelsatz von monatlich 415 Euro für einen Erwachsenen. Der Anwalt der Frau, Bernd Wieland, will nun eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereiten.

Das Bundessozialgericht wies gestern auch die Klage eines 1943 geborenen Hartz-IV-Empfängers ab, der vier Jahre lang, bis zum Dezember 2004, Arbeitslosenhilfe in Höhe von zuletzt 986 Euro monatlich bezogen hatte und danach nur das erhebliche niedrigere Arbeitslosengeld II bekam.

Der Mann klagte auf Gewährung einer Leistung in Höhe der alten Arbeitslosenhilfe und berief sich dabei auf den Vertrauensschutz. Er hatte im Jahre 2001 die sogenannte 58er-Regelung unterschrieben, die Älteren Arbeitslosenunterstützung zusichert, auch ohne dass sie dem Jobmarkt noch zur Verfügung stehen.

Das Bundessozialgericht wies die Klage an das zuständige Landesozialgericht zurück. Der Gesetzgeber habe die Arbeitslosenhilfe nicht als „rentenähnliche Dauerleistung“ bis hin zur Inanspruchnahme einer Altersrente mit einem damit verbundenen schutzwürdigen Vertrauen angelegt, urteilten die Richter.

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