Überwachen ohne Beweise

Staatsanwaltschaft führt keine Statistik zur Überwachung

VON SVENJA BERGT

Ein menschliches Auge ist auf dem Schild abgebildet, daneben steht: „Zu Ihrer Sicherheit“. Es ist der Hinweis auf Videoüberwachung in einem Berliner U-Bahnhof. Und es ist eine Behauptung, die den Beweis schuldig bleibt. Videoüberwachung ist in praktisch keinem Bereich auch nur einigermaßen gut erforscht, einzige Ausnahme ist der Zusammenhang mit Straftaten. Die Ergebnisse hier: Kameras verdrängen Kriminalität, verhindern sie aber nicht.

Wirkung im Dunkeln

Nun hat die Innenverwaltung eingestanden, dass auch der einzige Bereich, in dem die Wirkung der Überwachung problemlos evaluiert werden könnte, im Dunkeln bleibt: der Beitrag zur Aufklärung von Straftaten. Denn die Berliner Staatsanwaltschaft führt keine Statistik darüber, wie häufig Straftaten mit Hilfe von Aufnahmen aus den Überwachungskameras in Bussen, Bahnen und auf Bahnhöfen aufgeklärt werden – und wie häufig die Aufnahmen zwar helfen, man den Täter aber auch ohne sie gefasst hätte.

Auf dieser Grundlage können Politiker also auch in Zukunft nach jedem Überfall in einem Bahnhof laut nach noch mehr Videoüberwachung rufen. Macht sich schließlich immer gut, Lösungen anzubieten, vor allem, wenn sie nur geringe Kosten verursachen.

Nur eines könnte dem ein Ende setzen: belastbare Zahlen. Erst wenn die Staatsanwaltschaft endlich anfängt, eine Strichliste zu führen, kann es eine Debatte über den Sinn von Videoüberwachung geben. Und darüber, wie viel sie zur Aufklärung beitragen muss, um ihren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht zu rechtfertigen.