Linkspartei-Fusion
: Zu viel Tempo

Die Chance ist zugleich Gefahr. Die Linkspartei konnte nur entstehen und auf Anhieb in den Bundestag einziehen, weil sie mit Gysi und Lafontaine prominente Vorturner hat. Konsequent von oben nach unten aufgebaut, ist die Partei der angejahrten Männer auf schnelle Fusion fixiert; Kritik und Fragen der Basis haben da wenig Platz.

Kommentar von Marco Carini

So hat die Partei, deren Erfolg fast zu schnell kam, sich nie Zeit gelassen, eine Streitkultur zu entwickeln und von der Basis her ein stabiles Fundament aufzubauen. Das sich dieser Konstruktionsfehler rächen würde, war klar – nun kracht es im Gebälk.

Cabertas Austritt ist dabei nur ein Symptom, das sich auch in der seit Monaten stagnierenden Mitgliederentwicklung der Hamburger WASG zeigt. Die neue Linkspartei hat, bei allem Erfolg, kaum Charme und Anziehungskraft entwickelt. Wo in Lichtgeschwindigkeit die Fusion betrieben und von Wahlkampf zu Wahlkampf gehetzt wird, fehlt die Muße, innezuhalten und sich mit der eigenen Entwicklung auseinanderzusetzen.

Dass die Linkspartei in allen Hamburger Wahlumfragen die Fünf-Prozent-Hürde trotz galoppierender Armut klar reißt, muss ihr zu denken geben. Denn nur, wenn die Linkspartei bunter und lebendiger wird, wird sie ihr Haltbarkeitsdatum verlängern und mehr werden, als eine Fußnote in den Geschichtsbüchern.