Der neue Beckham

Endlich wieder Superlative beim HSV. Nach Last-Minute-Rettung, AG-Gründung und Beiersdorfer-Rückholung traut sich zwar noch niemand, wieder offen von der Champions League zu träumen, aber einzelne Spieler werden schon wieder in den Himmel gehoben. „Didis erster Superdeal“, „Hamburgs neuer Star“, „neuer HSV-Leader“ war zu lesen.

Der 29-jährige Schweizer Nationalspieler Valon Behrami wechselt für etwa 3,5 Millionen Euro vom SSC Neapel an die Elbe. Das sind keine Namen und keine Summe mit Sensationswert – was den Boulevard aus dem Häuschen geraten lässt, ist das kolportierte Image des Mittelfeldspielers. „Seine Tattoos, seine Frisur, das Model an seiner Seite brachten ihm den Beinamen ,Beckham der Schweiz‘“, jubelt die Mopo.

Geboren wurde Behrami im Kosovo und wuchs nach der Flucht ab 1990 im Tessin auf. Mehrfach stand die Familie kurz vor der Abschiebung und bekam erst 1998 das endgültige Aufenthaltsrecht. Als Profi spielte er bei fünf verschiedenen italienischen Klubs sowie bei West Ham United in der Premier League. Bei der Weltmeisterschaft in Brasilien stand er in allen vier Begegnungen der Schweiz auf dem Platz und überzeugte vor allem bei der knappen Achtelfinalniederlage gegen Argentinien.

Für diesen Deal dürfte Mäzen Klaus-Michael Kühne, der dem neuen HSV eine Anschubfinanzierung von 20 Millionen Euro zugesichert hat, den Geldhahn gern aufgedreht haben. Seit er vor zwei Jahren das damalige Ehepaar van der Vaart nach Hamburg zurückholte weiß man um seine Vorliebe für Glamourpaare, die die „Beckhams von irgendwo“ sein sollen.

Rafael van der Vaart, der dieses Abziehbild inzwischen zerstört hat, wird mit der Ankunft des neuen Kollegen größere Sorgen als die um die Ablösung als Coverboy verbinden. Der Kapitän wird registrieren, wie demonstrativ Vereinsboss Dietmar Beiersdorfer den 186 Meter großen Schweizer zur neuen Führungsfigur erhebt.

„Er soll der Mannschaft eine neue Struktur geben“, sagt Beiersdorfer. „Ich erwarte von ihm, dass er die Mannschaft leitet und ihr hilft. Für mich steht er wie kein anderer für Mentalität und Charakter.“ Wer darin ein Misstrauensvotum gegenüber dem jetzigen Kapitän liest, muss kein Verschwörungstheoretiker sein.

Sollte van der Vaart beim HSV bleiben, was derzeit völlig offen ist, könnte der neue Mann auf dem Platz eine wertvolle Ergänzung für ihn werden. Behrami, der in früher Jugend ein erfolgreicher Geländeläufer war, hat seine Stärken vornehmlich im defensiven Mittelfeld und soll dem Abwehr- sowie Aufbauverhalten des HSV neue Stabilität geben.  RLO