GREENPEACE ENTLÄSST MITARBEITER – ES FEHLEN WIRKSAME KAMPAGNEN
: Protest braucht neue Inszenierung

Greenpeace steckt in einer Sinnkrise. Mitarbeiter in der Hamburger Zentrale müssen jetzt gehen. Den Managern fallen keine spektakulären Kampagnen mehr ein. Der Apparat ist behäbig bürokratisch geworden. Das heißt nicht, dass die Umweltbewegung schlapp macht. Die Art der Inszenierung hat sich geändert.

Einst galt Deutschlands größte Umweltorganisation als Krachmacher. Es war spektakulär, wie Greenpeace-Leute ihre Schlauchboote vor die Harpunen der Walfänger manövrierten oder mit Transparenten auf Fabrikschlote kletterten. Sie setzten Industrielle und Politiker gefährlich unter Druck. Doch dieses Markenzeichen hat sich verbraucht. Die Regenbogenkrieger werden nur noch selten von Kamerateams begleitet.

Sicher, es gibt Ausnahmen. Die Aktivisten gegen Gift und Gentechnik im Essen verstehen ihr Handwerk. Sie haben gerade ein illegales Netz von Pestizidhändlern aufgedeckt. Sie ließen sich dabei von einem TV-Magazin filmen und sorgten schlagartig für Empörung. Bei drängenden Umweltproblemen fehlt Greenpeace aber der Biss. Setzen die Mitglieder RWE-Chef Harry Roels unter Druck, der Kohlemeiler bauen will? Machen sie BASF unmöglich, weil sich der Konzern gegen strikte Chemietests stemmt? Hörte man von ihnen nach dem Störfall im schwedischen AKW Forsmark? Eben.

Aufmerksamkeit erhielten andere. Die Deutsche Umwelthilfe fand in Radio und Zeitungen Platz, um über die Risiken der Vattenfall-Reaktoren aufzuklären. Sie macht mobil gegen Atomkraft oder Feinstaub. Umweltprotest funktioniert, aber die Formen haben sich verändert. So setzt die Umwelthilfe auf Medien- und Lobbyprofis. Unlängst hat sie einen Spiegel-Redakteur und einen Staatssekretär von Ex-Umweltminister Trittin engagiert.

Greenpeace verzettelt sich derweil, ist etwas Aktionsverein, Verbraucherberater und Ökostromhändler. Die große populäre Idee fehlt. Schade, Klimawandel oder Artensterben werden allen Menschen zu schaffen machen. Regenbogenkrieger sind zeitgemäß. Sie werden gebraucht. Fantasie der Chefs jedoch auch. HANNA GERSMANN