Einzelfallprüfung im Verzug

ASYL Flüchtling vom Oranienplatz droht Abschiebung nach Italien – Flüchtlingsrat kritisiert den Senat

Einem Flüchtling vom Berliner Oranienplatz droht die Abschiebung nach Italien. Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) bestätigte Angaben des Flüchtlingsrats Berlin, wonach der Mann aus Mali seit 29. Juli im Abschiebegewahrsam in Grünau mit einem gültigen Abschiebe-Haftbefehl aus Sachsen-Anhalt sitze.

„Wir können nicht Recht und Gesetz ersetzen“, sagte Krömer der Nachrichtenagentur dpa. Das Asylverfahren des Afrikaners sei in Sachsen-Anhalt schon abgeschlossen gewesen, bevor der Senat mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz Mitte März die Vereinbarung geschlossen habe. „Es liegt eine unanfechtbare Begründung für die Ablehnung seines Asylantrags aus Sachsen-Anhalt vor“, sagte der Staatssekretär.

Der Mann aus Mali hatte zunächst ein Asylverfahren in Sachsen-Anhalt beantragt und sich dann vor eineinhalb Jahren den Protesten auf dem Oranienplatz angeschlossen. Mitte März hatte der Senat den Flüchtlingen im Einigungspapier zugesagt, sie nicht abzuschieben, bevor ihre Einzelfallprüfung in Berlin abgeschlossen sei.

Der Flüchtlingsrat kritisiert nun, diese Einzelfallprüfung sei noch gar nicht in Berlin angelaufen. Die Hilfsorganisation forderte den Senat auf, sich umgehend für die Freilassung des Mannes einzusetzen und die ausländerrechtliche Zuständigkeit für ihn zu übernehmen.

Der Flüchtling habe für den 23. Juli eine Ladung vor die Berliner Ausländerbehörde gehabt, sagte Krömer. Diesen Termin habe er nicht wahrgenommen. Nun gebe es den Abschiebe-Haftbefehl aus Sachsen-Anhalt. Der Afrikaner sitze im Abschiebegewahrsam in Berlin, weil Sachsen-Anhalt über keine geeigneten Hafteinrichtungen verfüge. Wann die Abschiebung geplant sei, sagte Krömer nicht.

Der Mann aus Mali ist nicht der erste der Oranienplatz-Aktivisten, dem die Abschiebung droht. Schon im Juni hatte einem anderen Flüchtling, dessen Asylverfahren ebenfalls in Sachsen-Anhalt durchgeführt wird, die Abschiebung gedroht. In dem Einigungspapier, das Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) im April mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz geschlossen hatte, war diesen die Übernahme ihrer Asylverfahren durch das Land Berlin zugesagt worden. Dass das nicht geschehen ist, kritisieren JuristInnen und AktivistInnen, die die Flüchtlinge unterstützen. Der Abschiebebeschluss vom Juni war von einem Gericht erst in letzter Minute aufgehoben worden. (dpa, taz)