Armin Veh, Ex-Trainer
: Opfer des Aufsichtsrats

■ 50, versuchte, das Chaos beim HSV zu ertragen, ohne Ehre und Würde zu verlieren. Nun trennte sich der Verein. Foto: dpa

Alle Elemente der Tragödie sind da: Schurkische Herrscher auf dem Thron, die mit dem Feind paktieren, Narren schlagen Purzelbäume, Helden verlieren Schlachten, weil ihre Herrscher sie längst verkauft haben. Der Anführer der Helden, Ringe unter den Augen, unrasiert, tiefe Falten, wusste schon seit geraumer Zeit, wie es für ihn ausgeht.

Vor ein paar Wochen hat Armin Veh, Trainer des Hamburger SV, angesichts auf ihn wartender Journalisten, gefragt: „Bin ich schon entlassen?“ Beim HSV, diesem Verein, der sich mit Lust zerstört, wird immer das Schlimmste wahr. Am Sonntag, nach der 0:6-Niederlage gegen den FC Bayern München, wurde, nach einer Sitzung des HSV-Vorstands mit dem aus dem Skiurlaub zurückgekehrten Vorsitzenden Bernd Hoffmann, der Trainer entlassen. Assistent Michael Oenning übernimmt bis Saisonende. Das erweckt den Eindruck, als sei Veh an irgendwas schuld, und nicht der Teil des Aufsichtsrats, der die Verträge der Vorstände Hoffmann und Katja Kraus nicht verlängerte, ohne einen Nachfolger zu haben. Hasardeure, wie sie im Buche stehen, die Verunsicherung säen: „Der ganze Verein, dieses Chaos! Es ist nicht nur die Mannschaft“, sagte Mittelfeldspieler Zé Roberto in München.

Veh versuchte, das Chaos zu ertragen, ohne Respekt, Ehre und Würde zu verlieren. Er ist, wie die Mannschaft, ein Opfer der Aufsichtsräte, die mit Erfolg den Verein ruinieren. Nicht viel, und sie haben es geschafft. Wenn Hoffmann und Kraus hinschmeißen, müssen die Aufsichtsräte Marek Erhardt, Manfred Ertel, Jürgen Hunke, Hans-Ulrich Klüver sowie Björn Floberg nur noch Schäufelchen und Eimerchen holen, und zusammen kehren. Dann können sie mit den Scherben spielen.

In der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FC Bayern München sagte Veh, als ihm ein Journalist die absurde Frage nach der Situation anderer Trainer stellte, ja, er könne sich tatsächlich gut Gedanken über Kollegen machen, „bei uns ist es ja relativ ruhig, bei uns passiert ja nix“, dann zog er die Augenbrauen hoch und schaute sich um. Und nochmal, damit es der Letzte merkt: Er könne sich mit der Lage der Kollegen beschäftigen, „weil es bei uns ja relativ ruhig ist“. Als Veh gefragt wurde, ob er seine Entscheidung, als Trainer des HSV am Ende der Saison aufzuhören, dem Aufsichtsrat mitgeteilt habe, sagte er: „Nein, die informieren mich ja auch nicht.“ Der Mann hat Mut und sagt, was er denkt, so was ist im Heckenschützenverein HSV rar.

Bald wird Veh seine Sachen holen und vom Parkplatz vor dem Volksparkstadion Richtung Süden fahren, auf der Schnackenburgallee wird er durchatmen. Tief. Er wird das Gefühl haben, einem Irrenhaus entkommen zu sein. Aber es wird auch weh tun, dann ist er auf der Autobahn. ROGER REPPLINGER

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