Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Heute Abend wird in der Baiz über das Schwulsein in den „beiden deutschen Staaten“ gesprochen, also über Homosexualität in BRD und DDR. „Zwei Gäste stellen sich und ihre sexuelle Biographie im Kontext der jeweiligen Situation für Schwule in ihrem damaligen Vaterland vor“, heißt es im Text der Veranstalter. Das Wort „Vaterland“ ist in diesem Kontext allerdings gleich doppelt irritierend. Zeitgleich wird im Café Morgenrot über die „stille, konservative Koalition in Ägypten“ gesprochen, Attila Steinberger von der Krisis-Gruppe spricht über die „Muslimbrüder und den Staat“ und ihre vielfältigen beiderseitigen Verflechtungen. Das ist höchst interessant, waren die Muslimbrüder, obschon offiziell verfemt bis maximal geduldet, gleichzeitig eine Stütze des Mubarak-Regimes. Aber: woher nimmt Steinberger die Idee von der „stillen“ und der „konservativen“ Revolution, die gerade stattgefunden haben soll. Sind die Würfel schon gefallen? Weiß er mehr als wir? Am Mittwoch wird im Buchladen Schwarze Risse im Mehringhof das Buch „Unter dem Jolly Roger“ von Gabriel Kuhn vorgestellt, das nicht weniger will als eine „radikale Piratologie“ sein. Nun, zumindest versucht es eine Geschichte der Piraterie aus linker Sicht zu schreiben und beschäftigt sich vornehmlich mit dem „goldenen Zeitalter“ der Piraterie von 1690 bis 1725. Wir können hier sicher einiges lernen. Aber waren die Piraten linke Sozialrevolutionäre? Wir fürchten: nein. Am Samstag schließlich findet, ebenfalls im Mehringhof, diesmal aber in der Schule für Erwachsenenbildung, eine „Solidaritätskonferenz für die politischen Gefangenen“ statt, zu der das Berliner Antirepressionsforum aufgerufen hat. Da es wirklich eine gruppenübergreifende Konferenz ist, ist dies sicher die beste Veranstaltung zur roten Hilfe seit langem.

■ Deutsche Schwule: Baiz, Christinenstr. 2. Montag, 19 Uhr

■ Ägyptische Demokraten: Morgenrot, Kastanienallee 85. Mo, 19 Uhr

■ Linke Piraten: Schwarze Risse, Gneisenaustr. 2a. Mittwoch, 20 Uhr

■ Politische Gefangene: SFE, Gneisenaustr. 2a. Samstag, 12 Uhr