Großer Karnekrawall

Lag es am Klima? Am Alkohol? Die Zahl der Gewalttaten im Kölner Karneval hat sich in diesem Jahr vervierfacht. In der stellvertretenden Karnevalshochburg Düsseldorf gab es nach Unfällen zwei Tote

VON CIGDEM AKYOL

Die Kölner Weiberfastnacht stand 2007 unter dem heimlichen Motto „Schlagen statt schunkeln“: 1.147 Mal musste die Polizei ausrücken, davon 160 Mal wegen Körperverletzung. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. Eine Polizistin wurde verletzt, als sie eine Närrin durchsuchte. Der Start in die heiße Karnevals-Phase endete für 143 Personen in Haft.

Der Anstieg der Gewalttaten hat nach Angaben der Kölner Polizei wenig mit der närrischen Jahreszeit zu tun. Die Gewaltbereitschaft der Menschen sei in den letzten Jahren gestiegen, „unabhängig vom Karneval“, sagt Sprecher Christoph Gilles. Eine andere Erklärung für den Gewaltanstieg hat Sigrid Krebs. Die Sprecherin des Festkomitees des Kölner Karnevals hat zwar keine Schlägereien beobachtet, doch mit den Zahlen konfrontiert, fällt ihr nur eine Erklärung ein: „Je schöner das Wetter ist, desto mehr Menschen sind auf der Straße“. Mehr Jecken also gleich mehr Gewalt? Oder sind die Kölner Narren einfach nur besonders reizbar?

In anderen Städten Nordrhein-Westfalens wurde wesentlich friedlicher geschunkelt. Bei der Bonner Polizei sind 900 Anrufe eingegangen, insgesamt 60 Einsätze wegen Körperverletzungen waren nötig. „Insgesamt verlief die Weiberfastnacht ruhig“, sagt Robert Scholten von der Bonner Polizei. „Die Karnevalisten haben zwar ordentlich gefeiert, waren aber friedlich.“ Vor allem die Aktion „Keine Kurzen für die Kurzen“, die sich gegen den Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen richtet, sei erfolgreich gewesen. „Wir mussten viel weniger alkoholische Getränke von Minderjährigen wegschütten als sonst“, so Scholten.

In Aachen aber wurde während der Weiberfastnacht ein elfjähriger Junge mit einer Alkoholkonzentration von zwei Promille im Blut in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Junge habe an einer Kindersitzung teilgenommen und vermutlich von Jugendlichen alkoholische Getränke erhalten, berichtet sein Vater. Die Polizei leitete ein Strafverfahren gegen Unbekannt wegen gefährlicher Körperverletzung ein. Insgesamt mussten die Aachener Beamten 314 Mal ausrücken, davon 80 Mal wegen Körperverletzung. Genau wie in Bonn sei auch hier die Gewaltbereitschaft zurückgegangen, sagt Paul Kemen von der Aachener Polizei. Warum gerade die Kölner Jecken so streitlustig seien, kann auch er sich nicht erklären. Das gute Wetter jedenfalls sei nicht daran Schuld, so Kemen.

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf endete das Karnevalstreiben mit zwei tödlichen Unfällen. Am Donnerstagabend war ein Mann in der Innenstadt unter eine Straßenbahn geraten. Zuvor war ein 19-Jähriger aus Solingen unter eine S-Bahn geraten. „Die beiden Opfer sind aber nicht eindeutig dem Narrenvolk zuzuordnen“, sagt Andre Hartwig von der Düsseldorfer Polizei. „Beide Unfälle hätten auch zu einem anderen Zeitpunkt passieren können.“