Der Krieg dauert an

ISRAEL Die Armee zieht weiter Bodentruppen aus dem Gazastreifen ab. Trotzdem wieder Tote in Gaza und Israel

Über 1.000 Raketen der Hamas vom Abwehrsystem „Eisenkuppel“ abgefangen

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Israel zieht weiter die Truppen aus dem Gazastreifen zurück, doch der Krieg dauert an. Noch kurz bevor Montag früh eine einseitige siebenstündige Waffenruhe begann, starben 17 Palästinenser, darunter ein achtjähriges Mädchen und ein führender Kommandant des Islamischen Dschihad.

Palästinensischen Berichten zufolge wurde das Mädchen erst nach Beginn der Feuerpause getötet. Die Armee will den Fall prüfen. In zwei nördlichen Regionen des Gazastreifens gab das Militär Entwarnung an die Flüchtlinge, die wieder in ihre Häuser zurückkehren könnten.

In Jerusalem starb am Mittag ein junger Israeli sowie der Angreifer bei einem Attentat mit einem Schaufelbagger. In einem anderen Viertel der Stadt schoss wenige Stunden später ein Motorradfahrer auf eine Gruppe Studenten vor der Hebräischen Universität und verletzte mehrere Menschen.

„Israels sogenannte humanitäre Feuerpause ist einseitig und kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der zionistische Feind die Welt von den Massakern ablenken will, die er an unserem Volk verübt“, kommentierte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri. Ungeachtet der israelischen Waffenruhe, die nicht für den südlichen Gazastreifen galt, schossen die Islamisten auch gestern Dutzende Raketen auf Israel.

„Wir sind heute früh schon um sechs Uhr von den Raketen geweckt worden“, schimpft der israelische Offizier Noam, der vom Dach einer Mehlfabrik aus beobachtet, wo die Raketen auf Aschkelon einschlagen. Normalerweise bliebe morgens Zeit, um in Ruhe aufzustehen und einen Kaffee zu trinken, „bevor sie anfangen und versuchen, uns zu töten“. In Noams Team sind acht Männer und drei Frauen. Seit knapp einem Monat halten sie auf dem Dach, von dem sie den besten Überblick über die Stadt haben, die Stellung. „Es ist manchmal wie bei ‚Big Brother‘ hier oben“, sagt eine der jungen Frauen, die sich die Zeit mit ihren Smartphones vertreiben. „Übermorgen werde ich 25“, sagt sie, wenigsten könne ihre Mutter kommen und einen Kuchen bringen.

Über tausend Raketen seien schon abgefangen worden von dem Abwehrsystem „Eisenkuppel“. So viele Raketen wie in diesem Krieg „hatten wir lange nicht“, meint Noams Kamerad Schlomi, der im zivilen Leben an einer Universität Geschichte unterrichtet. Seit Kriegsbeginn ist in Aschkelon eine einzige Rakete nicht abgefangen worden. Sie verletzte einen Mann schwer.

Israels Sicherheitsapparat geht davon aus, dass die Hamas-Kämpfer rund zwei Drittel ihres Raketenarsenals aufgebraucht haben. Hamas betont seit Beginn des Krieges, man werde die Kämpfe nicht einstellen, solange die Gazablockade nicht aufgehoben ist. Israel ist bei den derzeitigen Verhandlungen über einen langfristigen Waffenstillstand nicht dabei. Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt weitere Gespräche mit der Hamas ab, nachdem die sich vergangenen Freitag nicht an die beschlossene Feuerpause von drei Tagen hielt. In Kairo verhandeln nun unter ägyptischer Schirmherrschaft Palästinenser mit Palästinensern: die weltliche Fatah-Führung aus dem Westjordanland und Vertreter der Hamas und des Islamischen Dschihad.