Boxen auf dem Weg zum Schulsport

In Niedersachsen läuft ein Modellprojekt, das Boxen als Angebot für SchülerInnen erprobt. Die Einschränkung: Es darf keinen Körperkontakt geben. Kultusminister Busemann lobt das Projekt, Kriminologe Pfeiffer aber sieht es skeptisch

Schulsport, das war früher mal Brennball. Oder Dauerlauf. Aber die Zeiten haben sich geändert, und Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (CDU) will da nicht zurückbleiben: Seit vergangenem Herbst läuft an insgesamt neun Schulen in Niedersachsen ein Modellprojekt, in dem Boxen als schulisches Sportangebot erprobt wird. Die beteiligten Schulen sind größtenteils Hauptschulen, in denen sich das Angebot an SchülerInnen der fünften bis siebten Klasse richtet. Busemann: „Die Projektschulen greifen einen Teil der Alltagskultur ihrer Schüler auf und nehmen sie damit ernst.“ Das Programm, sagte Busemann bei einer Zwischenbilanz, sei „ein Schritt in die richtige Richtung“.

Geboxt wird am Nachmittag außerhalb des Pflichtunterrichts. Außerdem hat das Ministerium Regeln aufgestellt: Die SchülerInnen dürfen nicht gegeneinander boxen. Außerdem gebe es Betreuung durch Schulsozialarbeiter und sportliche Anleitung durch Trainer des Niedersächsischen Box-Sport-Verbandes. Ziel des Projektes sei, die Kondition, die Körperkoordination, die Reaktion und die Körperspannung zu schulen. Außerdem gehe es „um ein Anti-Aggressionstraining“, sagt Sprecher Georg Weßling. „Wir wollen die positiven Seiten des Sports herausarbeiten.“ Neben dem Box-Sport-Verband beteiligt sich auch die Opferhilfsorganisation Weißer Ring an dem Projekt.

Wie aber sieht Boxunterricht aus, bei dem es keine Zweikämpfe gibt? „Die Kinder beginnen am Sandsack“, sagt Arthur Mattheis, Leiter des Projektes und Ex-Prof-Boxer. „Wir üben Bewegungen, machen Spiele mit Drehungen und Rollen im Ring. Die Kinder lachen und merken gar nicht, wie viel sie dabei für sich tun.“ Letztlich gehe es darum, dass die Kinder körperlich besser werden und sicherer im Auftreten. „Wenn jemand dann gegen einen Gegner boxen will, kann er in einen Verein gehen.“

Bei der Opposition und dem Direktor des Kriminologischen Instituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, stößt die Idee vom kampflosen Boxtraining auf wenig Begeisterung. „Entweder ganz oder gar nicht“, sagte Pfeiffer der Hannoverschen Allgemeinen. Nur zu trainieren und das Gelernte nicht richtig anwenden zu dürfen, werde die Jugendlichen nicht befriedigen.

Das Projekt wird nun bis zum Ende des Schuljahres weitergeführt, danach gibt es eine Zwischenevaluation. „Und dann“, sagt Ministeriumssprecher Weßling, „kucken wir weiter, ob wir das Boxen flächendeckend anbieten.“ Klaus Irler