… DIE STREUNENDE HAUPTSTADTKATZE?
: Unters Messer kommen

Auf der Dachterrasse des taz-Hauses lebt eine Katzenkolonie. An die 100 Streuner müssen es bereits sein, und mit jedem Wurf balgen sich mehr hungrige Mäuler um die Fischabfälle, die mitleidige Redakteure ihnen hinwerfen. Auch im Rest der Stadt gerät die Samtpfotenplage außer Kontrolle: Perser- und Siamkatzen stromern in Rudeln über den Gendarmenmarkt und die Karl-Marx-Allee, der Tiergarten hallt nachts wider vom Geschrei kopulierender Miezen. Lebensmitteldiscounter schützen ihre Abfallbehälter mit Hundeattrappen. What’s next, pussycat?

Natürlich sind das alles Räuberpistolen, um nicht zu sagen: Schnurren. Von haarigen Parallelgesellschaften, wie man sie aus Italien oder Kroatien kennt, kann in Berlin keine Rede sein. Und doch: Tierschützer warnen die Öffentlichkeit regelmäßig vor einer nicht mehr zu bändigenden Muschischwemme in Berlin. Von „bis zu 100.000“ herrenlosen Tieren ist da schon mal die Rede – aber müsste die nicht irgendjemand mal gesehen haben? Nun, gezählt wurden sie tatsächlich noch nie.

Ganz aktuell trommelt das „Berliner Tierschutzbündnis“ – bestehend aus dem Bund gegen Missbrauch der Tiere, dem Berliner Tierschutzverein und den Tierversuchsgegnern Berlin und Brandenburg – für einschneidende Maßnahmen, um die „unaufhörliche“ Vermehrung der kleinen Mäusejäger zu stoppen: Nur per Kastrations- und Kennzeichnungspflicht, wie es sie beispielsweise schon in Paderborn (!) gebe, könne die Zahl der freilebenden, herrenlosen Katzen in Berlin „effektiv reduziert“ werden. „Kuscheln ohne Folgen – Wir fordern Kastration von Freigängerkatzen“, lautet das leicht schlüpfrige Motto der Kampagne. Schade eigentlich: Eine Katzenkolonie auf dem Dach hätte sowas Mediterranes. CLP

Foto: reuters