„Wölfe“ stoppen Schalke

Zwei lichte Momente von Marcelinho und Diego Klimowicz haben den VfL Wolfsburg vor größeren Sorgen in der Fußball-Bundesliga bewahrt. Schalkes Siegeszug ist vorerst gestoppt

Von Peter Unfried

Es ist nicht so, dass Diego Fernando Klimowicz, 32, Löcher in die Tornetze schießt. Aber ist der Argentinier gesund, liefert er verlässlich die eingekauften 13 oder 14 Tore pro Saison. Ansonsten macht er nicht viele Worte. So hat er nach dem 2:2 seines VfL Wolfsburg gegen Tabellenführer Schalke 04 seinen neuen Mitspieler Marcelinho gelobt, der das Spiel des VfL verändert habe und speziell das Zusammenspiel zwischen Mittelfeld und Sturm. Nicht geredet hat er darüber, wie seine eigene Rückkehr den VfL revitalisiert hat.

Klimowicz war fast die ganze Vorrunde malad, nun hat er die Torproduktion wiederaufgenommen. Wie viele Tore er gegen Schalke geschossen hat? „Eins hundertprozentig“, sagt Klimowicz, das 1:2 nämlich (56.), als er Marcelinhos Freistoß einköpfte. Ob er beim späten 2:2 (89.) erneut den Kopf dran hatte, vermochte er „nicht genau“ zu sagen. Die Fernsehbilder legen nahe, dass Marcelinhos Freistoß diesmal unberührt in Neuers Tor landete, womit der Brasilianer seinen ersten Pflichtspiel-Treffer für den VfL verbucht hätte. Wenn das so ist, hat Klimowicz in den letzten vier Spielen jeweils ein Tor erzielt. Mit 55 Treffern in 139 Bundesligaspielen ist er in der Wolfsburger Bundesliga-Geschichte eine Klasse für sich.

Wenn man ehrlich ist, war der VfL gegen ein sehr kompaktes, laufstarkes und extrem ballsicher agierendes Schalke chancenlos. Nationalstürmer Kevin Kuranyi hatte einen Stellungsfehler von Madlung zum frühen 1:0 (11.) genutzt und danach eine dieser Hochgeschwindigkeitsaktionen mit Hilfe eines Querschlägers von Quiroga zum 2:0 (29.) abgeschlossen. Wenn man so führt, zieht man sich zurück, nimmt das Tempo raus und wartet auf den einen Konter, mit dem man das Spiel vollends killt. Dieser Konter wurde nach 79 Minuten über Rafinha gefahren, der Ball kam auch präzise bei Kuranyi an, nur dass der diesmal an Simon Jentzsch scheiterte. „Natürlich hat er gut gehalten“, sagte Kuranyi, „aber…“ Genau. Derweil hatte Wolfsburg zwar mehr Ballbesitz in Gegners Hälfte, aber das war es dann auch. Marcelinho wurde von Fabian Ernst kontrolliert und war nur ein einziges Mal andeutungsweise mit einem Slalom unterwegs Richtung Tor. Tja, und da braucht man einen wie Klimowicz, dessen exzeptionelle Kopfballstärke gegen Krstajic ein Anschlusstor aus dem Nichts brachte.

Augenthaler feiert den Punkt offiziell als Sieg der „Moral“ und sieht seine Philosophie vom Fußball bestätigt, nach der man – neben der Defensivorganisation – vor allem wollen muss. Er nennt das „Herz und Mumm“ haben. Ansonsten war er reichlich angesäuert, weil er sein Team 40 Minuten gar nicht auf dem Platz wähnte. Vielleicht wird der Schalker, nennen wir ihn, Tempo-Kombinations-Konterfußball auch einfach mit so viel Organisation, Druck, Präzision und individueller Klasse am Ball aufgeführt, dass einem nach wie vor abstiegsgefährdeten Team wie dem VfL Wolfsburg Hören und Sehen vergeht – wenn er funktioniert. Aber, so what? „Jetzt haben wir halt mal Glück gehabt“, sagte Keeper Jentzsch. Das sei Fußball. Wer könnte widersprechen?