VfB Lübeck vom Winde verweht

St. Pauli schlägt Lübeck im Regionalliga-Hansederby durch zwei Last-Minute-Tore von Takyi glücklich mit 2:0. Während Lübeck trotzdem in Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen bleibt, wird auch am Millerntor wieder von Liga zwei geträumt

Das hatte Charles Takyi wirklich nicht gewollt. Mit dem Außenriss hatte der bis dahin nur durch zahlreiche Fehlpässe aufgefallene Mittelfeldregisseur des FC St. Pauli vier Minuten vor dem Spielende versucht, den von ihm ausgeführten Eckball auf den Kopf des neu verpflichteten 2,02-Meter-Meter Mannes Morike Sako zu schlagen – und wie in all seinen vorangegangenen Versuchen das Ziel gründlich verfehlt.

Statt zum eigenen Mann segelte die vom Winde verwehte Flanke direkt auf die Fäuste von Lübecks Torwart Michael Frech, dem es gelang, in einer einzigen Sprungbewegung seinen Teamkollegen Ibrahim Türkmen am Wegköpfen des Balls zu hindern und dem Leder den letzten Dreh in Richtung eigenes Tor zu verleihen. Die Entscheidung im Hanse-Derby zwischen dem FC St. Pauli und dem VfB Lübeck, in dem sich beide Seiten schon mit einem 0:0-Unentschieden abgefunden hatten.

Als Frech aus Frust in der Nachspielzeit auch noch den zweiten Hamburger Neuzugang, Ahmet Kuru, im eigenen Strafraum umriss und erneut Takyi den fälligen Elfmeter zum 2:0-Endstand einschoss, kannte der Jubel am mit 15.500 Zuschauern ausverkauften Millerntor keine Grenzen mehr. Während der VfB Lübeck durch die Last-Minute-Niederlage den Sprung auf die weiterhin von Osnabrück und Düsseldorf belegten Aufstiegsränge verpasste, darf am Hamburger Kiez wieder von der Zweiten Bundesliga geträumt werden. „Die Aufholjagd“ der in der Hinrunde enttäuschenden Kiez-Kicker „hat begonnen“, freute sich St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski. St. Pauli liegt zwar immer noch auf Platz 12 der Tabelle, verkürzte durch den Sieg den Abstand zur Aufstiegszone aber auf fünf Punkte.

Dabei hatte es zuvor nur in den ersten 20 Spielminuten so ausgesehen, als wolle St. Pauli im Kampf um den Aufstieg noch einmal angreifen. Mit flüssigem Kombinationsspiel erarbeiteten sich die Hamburger zu Beginn der Partie zahlreiche Chancen, die Marvin Braun, Florian Bruns und Jens Scharping aber ungenutzt ließen.

Lübeck beschränkte sich während der gesamten ersten Spielhälfte – zunehmend erfolgreich – darauf, den Spielaufbau der Hamburger mit zum Teil überharten Aktionen zu zerstören. Erst kurz vor dem Halbzeitpfiff vergab der aufgerückte Innenverteidiger Rouven Schröder nach einer präzise hereingeschlagenen Ecke von Dietmar Hirsch die erste Chance für die Lübecker.

„Nach der Pause wollten wir die Entscheidung erzwingen“, sagte Lübeck-Coach Bernd Hollerbach nach dem Spiel. Entsprechend offensiv legte seine Mannschaft nach Wiederanpfiff in der zweiten Halbzeit los, wurde aber nur nach Ecken und Freistößen brandgefährlich.

Nachdem Stanislawski nach gut einer Stunde mit der Einwechslung von Daniel Stendel und Morike Sako neuen Wind ins Team brachte, gelang es den Hamburgern zumindest die Partie ausgeglichen zu gestalten. Besonders der Franzose Sako, größter St. Pauli-Spieler aller Zeiten, schaffte es mit einigen gelungenen Kabinettstückchen auf Anhieb zum neuen Publikumsliebling. Lübeck beschränkte sich fortan wieder auf Torsicherung, St. Pauli aber rannte sich mit meist ideenlosen Aktionen das ein ums andere Mal an der gut postierten Hintermannschaft der Hollerbach-Truppe fest. Kampf und Krampf regierte das Spiel, bis kurz vor Schluss der große Auftritt von Takyi nahte. Nach dessen Glückstor empfahl ihm sein Trainer Holger Stanislawski: „Charles sollte heute noch Lotto spielen – das könnte passen.“ MARCO CARINI

Die anderen Ergebnisse: Holstein Kiel (14) – Wuppertal 1:1 (1:1), VfL Osnabrück (1) – Rot-Weiß Erfurt 4:0, Kickers Emden (7) – Werder Bremen II (13) 4:2 (2:1), HSV II (2) – Dortmund II 2:0 (1:0)