Teilzeitmodell auf dem Rasen

Zum ersten Mal in dieser Saison verlor Hertha BSC am Samstag vor eigenem Publikum. Mit der Laxheit von Freizeitkickern überließen sie die zweite Halbzeit dem FSV Mainz 05

Dimo Wache und Pal Dardai hatten am Samstag eines gemein: Sie wunderten sich, dass ihre Teamkollegen ins Lager der Teilzeitarbeiter übergetreten waren. Laut Trainer Jürgen Klopp fragte der Mainzer Torhüter Wache zur Pause seine Mitstreiter: „Ist das hier ein Freundschaftsspiel?“ Seine Vorderleute bestritten nämlich ihre Zweikämpfe mit reichlich übertriebener Zurückhaltung. Aber nur Dardai hatte dies ausnützen können. In der 22. Minute rauschte sein Schuss aus gut 20 Metern zur Berliner Führung ins Netz.

In der zweiten Hälfte war Dardai mit Staunen an der Reihe. Jetzt traten die Herthaner mit der Laxheit von Freizeitkickern auf. „Wir sind in die zweite Halbzeit gegangen, als ob wir schon gewonnen hätten“, berichtete der Ungar hinterher perplex. Ernsthaftes Bemühen konnte man beiden Teams jeweils nur für 45 Minuten nachsagen. Am Ende erwies sich das Teilzeitmodell vom FSV Mainz 05 als das effektivere. Die Berliner verloren 1:2 und rangieren in der Liga weiter auf dem sechsten Platz.

Zum ersten Mal mussten sie sich in dieser Saison vor eigenem Publikum geschlagen geben. Die Glücksgöttin Fortuna, die den Herthanern zu Hause bislang ein verlässlicher Partner war, schlug sich dieses Mal auf die andere Seite. In der 54. Minute entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter für Mainz, obwohl Marco Rose vor dem Strafraum gefoult wurde. Mohamed Zidan ließ sich die Chance zum Ausgleich nicht nehmen. Zehn Minuten später spitzelte Leon Andreasen den Ball vor Dick van Burik ins Tor. Die beiden ehemaligen Bremer sorgten dafür, dass die in diesem Jahr noch ungeschlagenen Mainzer vor Stolz nur so strotzten. Andreasen erklärte: „Es ist unglaublich, wie gut wir drauf sind.“

Das können die Berliner nicht von sich behaupten. Der Fall Ashkan Dejagah verdüsterte zuletzt die Stimmung bei Hertha erheblich. Die Vereinsführung erfuhr vergangenen Mittwoch über die Medien, dass ihr 20-jähriges hoffnungsvolles Talent im Sommer zum VfL Wolfsburg gehen wird (siehe Kolumne). Der zornige Manager Dieter Hoeneß gab kurz darauf bekannt, Dejagah gehöre von nun an nicht mehr dem Profikader an. Alle, einschließlich die Redaktion der Hertha-Homepage, hatten Hoeneß so verstanden, dass diese Sanktion bis zum Saisonende Gültigkeit hat. Am Wochenende suchte dieser aber nach einer Hintertür. „Von einer generellen Suspendierung war nie die Rede“, behauptete er.

Hertha kann sich ihre Wut gegenüber Mittelfeldspieler Dejagah nicht wirklich leisten. In der Zentrale fällt neben Kevin Boateng neuerdings wieder Yildiray Bastürk für vier Wochen aus. Er verletzte sich am Freitag beim Training. Dazu kommt, dass Hertha in den nächsten Wochen mit dem VfB Stuttgart und Bayern München auf schwere Gegner trifft. Johannes Kopp