Flüchtlinge machen Senator fransig

ASYL Bis zu 800 weitere Plätze in Flüchtlingsunterkünften will das Landesamt für Gesundheit und Soziales bis Jahresende einrichten

Gerade erreichte die Zahl nach Berlin kommender Flüchtlinge den Höchststand seit 15 Jahren: 1.047 Erstanträge auf Asyl wurden im Juli hier gestellt, berichtet Franz Allert, Chef des zuständigen Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso), bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch. Wenige dieser Erstantragsteller bleiben aber länger als ein paar Tage in Berlin. Nur 5 Prozent der nach Deutschland kommenden Asylbewerber nimmt Berlin auf, 2014 werden das nach Schätzung des Lageso etwa 10.000 Personen sein. Das ist eine Zunahme um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr: 2013 waren Berlin 6.039 der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zugewiesen worden.

Um diese Menschen unterbringen zu können, will das Lageso noch in diesem Jahr vier weitere Flüchtlingsunterkünfte mit bis zu 800 Plätzen eröffnen. Die neuen Standorte werden Lichtenberg, Pankow, Mitte und Steglitz-Zehlendorf sein. „Damit ist es uns gelungen, eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf die Bezirke zu erreichen“, lobt Gesundheits- und Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sich selbst und das seiner Verwaltung unterstehende Landesamt. Denn zu Beginn seiner Amtszeit sah es anders aus: Damals nahmen allein die Bezirke Lichtenberg, Spandau und Tempelhof-Schöneberg 50 Prozent der Flüchtlinge auf. Drei andere Bezirke dagegen, Neukölln, Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf, stellten keine Flüchtlingsheime bereit.

Es sei gut, dass diese Aufgabe nun „von allen Bezirken geschultert“ werde, so Czaja. Denn für diese sei es „eine große Kraftanstrengung“, die Flüchtlinge mit Schul- oder Kitaplätzen und medizinischer Hilfe zu versorgen.

Umso mehr ärgert es den Senator, dass die öffentliche Aufmerksamkeit derzeit mehr auf einer anderen Gruppe als den „regulären Flüchtlingen“, so Czaja, liege. Er meint die Flüchtlinge, die den Oranienplatz und die Gerhart-Hauptmann-Schule besetzt hatten. „Ganz fransig“, so der Senator, mache es ihn, wenn gesagt werde, jenen Menschen werde die Gesundheitsversorgung vom Senat verweigert: „Für sie ist volle medizinische Versorgung gewährleistet“ – nur eben in den Bundesländern, denen sie per Verteilungsschlüssel zugewiesen wurden, so Czaja. Berlin leiste mit der Unterbringung und der sozialen Grundversorgung dieser Gruppe bereits mehr, als es tun müsse, so sein Standpunkt: „Geben wir denen mehr, die solche Sonderbedingungen mit Erpressung durchsetzen wollen, ist ein normales Asylverfahren in Deutschland bald nicht mehr möglich“, so der Senator.

Stolz ist das Lageso auf „gute Fortschritte“ bei der Inklusion Schwerbehinderter in den Arbeitsmarkt. Die Zahl der geförderten Integrationsprojekte – der Betriebe, die 25 bis 50 Prozent Schwerbehinderte beschäftigen – sei von 33 im Jahr 2012 auf 35 im Jahr 2013 gestiegen; heute seien es 38 Betriebe, berichtet Lageso-Chef Allert. „Hamburg hat nur sieben!“, betont Senator Czaja. 400.000 Menschen in Berlin gelten als schwerbehindert: „Keine kleine Gruppe“, so der Senator. Diese zu integrieren müsse deshalb „bei allen Fragestellungen mitgedacht“ werden. AKW