Der nächste Edward Snowden

USA Frisch geleakt: ein neuer Report der Anti-Terrorismus-Behörde

BERLIN taz | Das Dokument ist nur wenige Seiten lang, dürfte der Obama-Administration aber noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Am Dienstag stellte die von Glenn Greenwald mitgegründete Website The Intercept einen geheimen Bericht des Directorate of Terrorist Identities (DTI), einer Abteilung der Anti-Terror-Behörde NCTC, online.

Klar ist: Der Report kann nicht von Edward Snowden kommen, der sich längst im Moskauer Exil befand, als das Papier verfasst wurde. Damit muss es einen neuen Whistleblower innerhalb der US-Behörden geben. Wer ist das? The Intercept spricht von einer Quelle in Geheimdienstkreisen. Offen ist, auf wie viele weitere Dokumente sie Zugriff hat.

Die jetzt geleakten Daten bestätigen noch einmal das, was schon durch Snowden bekannt wurde: Die USA haben nach dem 11. September die Überwachung eigener und ausländischer Bürger stark ausgeweitet. Mehr als 680.000 Personen befinden sich derzeit in einer „Terrorist Screening“-Datenbank, die auch als Grundlage für eine Liste unerwünschter Flugpassagiere dient. Auf der stehen derzeit 47.000 Menschen. Das Bemerkenswerteste: Rund 280.000 der 680.000 erfassten Personen werden von den US-Behörden keiner terroristischen Gruppe direkt zugeordnet. Bereits vor einem Monat hatte The Intercept Richtlinien bekannt gemacht, nach denen es keiner „konkreten Fakten“ bedarf, um auf die Liste zu gelangen. Ein „begründeter Verdacht“ reicht dafür aus.

Während Obamas Regierungszeit ist die Liste der verdächtigen Personen stark angewachsen. Infolge harscher Kritik standen 2009 nur noch 4.000 Personen auf der No-Fly-Liste. Nach dem missglückten Anschlag auf ein Flugzeug nach Detroit zu Weihnachten 2009 lockerte Obama die Kriterien für eine Aufnahme wieder. Seitdem hat die Antiterror-Behörde 430.000 Personen mit angeblichen terroristischen Verbindungen in die Liste aufgenommen und nur 50.000 wieder gelöscht.

Mit der CIA arbeitet die DTI in einem Projekt namens „Hydra“ zusammen. Damit sollen biografische und biometrische Daten von Verdächtigen gesammelt werden. Hydra läuft derzeit als Pilotprojekt in Pakistan, soll aber auf andere Staaten ausgedehnt werden. MARTIN REEH