Der Brückenschlag als Insellösung

Die Brücke über den Fehmarnbelt kann gebaut werden, darüber verständigten sich die deutsche und die dänische Regierung. Die Finanzierung aber steht ohne Staatsgarantie und einen hohen Zuschuss von der EU weiter auf wackligen Beinen

Von Sven-Michael Veit

Ein entschiedenes Jein zum Brückenschlag über den Fehmarnbelt ist seit gestern die offizielle Position der schwarz-roten Bundesregierung. „Grundsätzlich“ sei er bereit, das Projekt zu unterstützen, so erklärte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in Berlin. Allerdings genieße es in seinen Augen „keine hervorragende Priorität“, und Geld dafür ausgeben wolle er schon gar nicht.

Es klingt nach einem Begräbnis zweiter Klasse, was Tiefensee nach dem Treffen mit seinem dänischen Amtskollegen Flemming Hansen (Konservative) und dem schleswig-holsteinischen Ressortchef Dietrich Austermann (CDU) in Berlin erklärte. Hansen zeigte sich denn auch einigermaßen geknickt. Er müsse nun zunächst mit seinem Kabinett und dem dänischen Parlament über die Lage beraten. Diese Prüfung werde „einige Zeit“ dauern. Er könne „kein Datum vorhersagen“.

Denn der entscheidende Punkt für den Brückenschlag über den Fehmarnbelt ist recht nebulös gehalten in dem „einvernehmlichen Vorschlag“, den die drei Verkehrsminister gestern vorlegten. Die Finanzierung der zweistöckigen Straßen- und Bahnquerung über den 20 Kilometer breiten Ostseearm zwischen Deutschland und Dänemark steht weiterhin auf wackeligen Beinen.

Auf runde 4,1 Milliarden Euro werden die Kosten allein für die Brücke veranschlagt. Diese sollen zum größten Teil von privaten Investoren aufgebracht werden, die ihre Kosten später durch die Einnahmen aus der Maut refinanzieren müssten. Dafür sei, so glaubt Tiefensee, „ein Zeitraum von 25 Jahren sicher nicht ausreichend“. Die Wirtschaft erwartet deshalb staatliche Garantien, um ihre Risiken abzusichern. Dänemark ist dazu bereit, die Bundesregierung jedoch hat ihre skeptische Haltung dazu auch gestern nicht geändert.

Weitere 1,5 Milliarden Euro müssen für den Ausbau der Anbindungen ans Hinterland aufgebracht werden. Dänemark hat zugesagt, seinen Anteil von etwa 650 Millionen Euro für „die Ertüchtigung“ von Gleiskörpern und Autobahn in Richtung Kopenhagen aufzubringen. Auf deutscher Seite aber will niemand die schätzungsweise 840 Millionen Euro auf den Tisch legen.

Schon gar nicht die Deutsche Bahn. Die gab gestern bekannt, in diesem Jahr 210 Millionen Euro in Schleswig-Holstein investieren zu wollen. Das wichtigste Projekt sei die Elektrifizierung der Strecke Hamburg-Lübeck-Travemünde, sagte Sprecher Ole Constantinescu. Vom Ausbau und der Elektrifizierung der eingleisigen Strecke zwischen Lübeck und dem Fährhafen Puttgarden auf der Insel Fehmarn aber ist keine Rede. Für die Bahn hat weiterhin die Verbindung über Flensburg Priorität.

Auch für die Verlängerung der Autobahn A 1 nördlich von Oldenburg/Holstein nach Puttgarden hat Tiefensee kein Geld vorgesehen. Im Bundesverkehrswegeplan ist dieses Projekt wie bisher nicht enthalten. Ohne Anbindungen auf dem Festland aber wäre der Brückenschlag über den Fehmarnbelt eine reine Insellösung.

Zudem müsste die Europäische Union ordentlich Geld beisteuern. Die Vereinbarung zwischen Tiefensee und Hansen sieht einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro aus Brüssel für den Brückenbau vor. Das entspricht dem rechnerischen Höchstsatz von 30 Prozent, den die EU für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte zahlen darf. Der entsprechende Fördertopf wurde im vorigen Jahr allerdings erheblich gekürzt: Runde acht Milliarden Euro enthält er, auf der Antragsliste aber ist der Fehmarnbelt nur eines von 30 „vorrangigen Projekten“.

Austermann behauptete gestern dennoch, „zufrieden“ zu sein. Aus Sicht der CDU-SPD-Regierung in Kiel sei die Brücke „unverzichtbar“. Deshalb wolle das Land sich auch „finanziell engagieren“. Zahlen allerdings wollte Austermann nicht nennen.

Sehr viel nüchterner sieht denn auch sein Amtsvorgänger Bernd Rohwer (SPD) die gestrige Vereinbarung. Diese sei zwar „ein Schritt nach vorn“, kommentierte der jetzige Präsident der Industrie- und Handelskammer Lübeck. Allerdings vermisse er die „Einigung in Details“. Deshalb sei es alles andere als „ein Glanzstück für die deutsche Politik“, dass der Bund bei den Staatsgarantien „wesentlich auf die Dänen“ setze, kritisiert Rohwer, der in seiner Zeit als Verkehrsminister in der rot-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein zum entschiedenen Befürworter der Fehmarnbelt-Brücke geworden war.

Sein damaliger Gegenspieler im Kieler Kabinett, der grüne Umweltminister Rainder Steenblock, sieht das Projekt zu seiner Freude „weiter in der Warteschleife“. Allerdings vermisst der jetzige Bundestagsabgeordnete eine klare Haltung. Der Bund solle, so fordert Steenblock, „das ökonomisch wie ökologisch unsinnige Prestigeprojekt jetzt endgültig stoppen“.