Ohne Termin keine Stimmabgabe

AUSLANDSWAHL Die Beteiligung der Deutschtürken an der Präsidentenwahl lag weit hinter den Erwartungen

BERLIN taz | Vier Tage lang, vom vergangenen Donnerstag bis zum Sonntag, konnten türkische Staatsbürger erstmals in sieben deutschen Städten an einer Wahl in der Türkei teilnehmen. Doch die Beteiligung blieb weit hinter den Erwartungen zurück, die auch durch Wahlkampfauftritte von Erdogan und seinen Gegenkandidaten geschürt worden war. Nur etwa sieben Prozent der rund 1,4 Millionen wahlberechtigten Deutschtürken hätten ihre Stimme abgegeben, hat die Zeitung Hürriyet gezählt. Auch in anderen europäischen Ländern sah es nicht viel besser aus.

„Das Verfahren war zu kompliziert“, sagt die Journalistin Ferda Ataman, die beim Online-Infoportal „Mediendienst Integration“ arbeitet. Denn wer seine Stimme abgeben wollte, musste sich zuvor für einen Termin anmelden. Wer das versäumt hatte, bekam automatisch einen Termin zugewiesen – der dann aber auch nicht mehr zu ändern war, wenn er ungünstig lag. Wer sich dagegen auf gut Glück zu einem Wahllokal in seiner Nähe aufmachte, wurde zurückgeschickt.

Zwei weitere Gründe führt der Politologe Yasar Aydin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SVP) in Berlin für die niedrige Wahlbeteiligung an: „Entscheidend war, dass man in Deutschland nur in sieben Städten wählen durfte.“ In Hamburg etwa gab es kein Wahllokal, von dort musste man nach Hannover fahren. Außerdem seien derzeit Schulferien, viele Deutschtürken seien in Urlaub in der Türkei. Man müsse daher erst mal abwarten, wie viele wie bisher an einem der Flughäfen in der Türkei abgestimmt haben. Als Ausdruck einer Abnabelung der Deutschtürken von der Türkei sieht Aydin die magere Wahlbeteiligung aber nicht: „Das Interesse am politischen Leben in der Türkei ist in den letzten Jahren eher gestiegen“, hat er festgestellt.

„Wir müssen das beim nächsten Mal einfach besser organisieren“, findet Ekrem Özdemir, Anwalt und Landesvorsitzender der größten Oppositionspartei CHP in Berlin. Eine Briefwahl oder Stimmabgabe über das Internet sieht er jedoch skeptisch. „Niemand vertraut dieser Regierung, dass es dabei nicht zu Manipulationen kommt.“ Zu einer Abstimmung an Wahlurnen, die wie bisher von Vertretern aller Parteien überwacht wird, gibt es für ihn deshalb keine Alternative. BAX