BUCH, FLEISCH, FOTO, MUSIK: Allet jut, allet schick
Geld gegen Ware ist langweilig. Viel lustiger sind Tauschgeschäfte. Zweimal habe ich jetzt mit dem Fleischer Ingo Rast, der samstags auf dem Boxhagener Platz seine Ware feil bietet, Ware gegen Ware getauscht. Bisher wusste ich nur, dass er Ostberliner ist, wegen seinem „Allet schick, allet jut?“ und seiner kecken Igelfrisur über dem Schnauzbart.
Neulich fragte er, ob ich an einem neuen Jugendroman schreibe, und wir sprachen über Literatur. Als ich erfuhr, dass er eine pubertierende Tochter hat, brachte ich ihm eine Woche später ein signiertes Exemplar meines ersten Jugendromans mit. Er gab mir dafür zwei Rindersteaks. Die waren so lecker, dass ich sofort noch einen Roman aus dem Regal nahm, diesmal für den Fleischer selbst. Eine Woche später brachte ich ihm das Buch und fragte, woher er sein Fleisch bekommt. „Ick bin jar keen Fleischer“, antwortete er, „sondern Järtner.“ Ja, ja, sehr lustig, dachte ich, während er mir zwei große Rindersteaks einpackte.
Kaum waren die Steaks verspeist, fragte ich ihn wieder nach dem Fleisch, und er erzählte von Großhändlern, die er zur Auswahl habe. Schnell war klar, der Rast ist keiner, der seine Kunden mit Vorträgen über glückliche Kühe und schmerzfreies Schlachten einlullt. „Allet schick, allet jut?“, fragte er lachend, überließ die Kundschaft seiner Frau und kam raus aus seinem Fleischerwagen. „Ick bin ja eigentlich Fotograf“, erzählte er und gab mir eine Visitenkarte: „Ingo Rast, Photography, Music is my passion“. Im Netz fand ich Bilder von Lionel Richie, Neil Young, Pink, Rihanna, Shakira, Simply Red. Allet schick, allet jut.
Während es über Schuster heißt, sie sollen bei ihren Leisten bleiben, dachte ich über den fotografierenden Fleischer, der eigentlich Gärtner ist und Rast heißt: Wer rastet, der rostet. Wir gingen zum Du über und wollen demnächst mal ein Bierchen trinken gehen. BARBARA BOLLWAHN
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