Jurgen Schadeberg zum 80. Geburtstag

Sein Blick ist in die Ferne gerichtet, Gitterstäbe können ihn nicht aufhalten. Das Foto zeigt Nelson Mandela in seiner ehemaligen Zelle auf Robben Island, vier Jahre nach seiner Haftentlassung, 1994, jenem Jahr, in dem er Präsident Südafrikas wurde. Diese ikonografische Fotografie ist Teil unseres Bildgedächtnisses geworden. Sie stammt von dem Fotografen Jurgen Schadeberg, der heute 80 Jahre alt wird.

In Berlin geboren, besuchte er 1946 die dortige Fachschule für Optik und Fototechnik, um im Anschluss ein Praktikum bei der Deutschen Presseagentur in Hamburg zu absolvieren. 1950 wanderte er nach Südafrika aus, wo er mit seiner Leica zu einem Pionier der dokumentarischen Fotografie wurde. Als Cheffotograf und Bildredakteur von Drum, der ersten Illustrierten für Schwarze, wurde Jurgen Schadeberg Lehrmeister und Vorbild für viele schwarze Fotografen des Landes. Er porträtierte den jungen Rechtsanwalt und ANC-Kämpfer Nelson Mandela ebenso wie die damals nur unter Schwarzen bekannte Sängerin Miriam Makeba. Schadeberg, von den kolonialen Lebensumständen der Weißen gleichermaßen abgestoßen wie gelangweilt, tauchte ein in das pulsierende Nachtleben der schwarzen Townships, dokumentierte deren lebhafte Musik-, Tanz- und Kneipenszene. Zugleich war er auch Chronist der politischen Entwicklung des südafrikanischen Staates. Zahlreiche seiner Fotografien – von der Zwangsräumung Sophiatowns oder der Beerdigung der Opfer des Sharpeville-Massakers – sind in der Dauerausstellung des Apartheid-Museums in Johannesburg zu sehen.

Sein 2005 veröffentlichter Fotoband „Voices from the Land“ zeigt in beeindruckenden Schwarz-Weiß-Fotos die Lebenswirklichkeit der zumeist weißen Farmer und die ihrer schwarzen Farmarbeiter. Für seinen 2007 publizierten Band „Tales from Jozi“ ging Schadeberg in die von Weißen als No-go-Areas gemiedenen Viertel Johannesburgs, sprach mit den Bewohnern und dokumentierte eindringlich ihre Lebenswelten.

Jurgen Schadeberg, der sich nicht nur einen Namen als Fotograf, sondern auch als (Dokumentar-)Filmer gemacht hat, lebt seit geraumer Zeit gemeinsam mit seiner Frau Claudia in der Normandie. Als stets neugieriger, den Menschen seiner Umwelt zugewandter Fotograf kann es nicht verwundern, dass sein jüngst erschienenes Buch dem Ort gilt, an dem er wohnt: „Portrait d’un village françois. Le Pin-la-Garenne (Perche)“. Hauptstädter haben im November 2011 die Gelegenheit, dem gebürtigen Berliner zu begegnen, wenn seine Fotografien im Willy-Brandt-Haus ausgestellt werden.

WILFRIED WEINKE