Ein Schlussstrich über den Fehmarnbelt

Große Enttäuschung in Dänemark über die ablehnende deutsche Haltung zum Brückenbau über die Ostsee. Industrieverband schiebt Frust, parlamentarische Zustimmung unsicher. Auch Kiel will kein Risiko eingehen

Bei Bjarne Palstrøm breitet sich „Frust“ über die deutsch-dänische Vereinbarung zum Bau der Fehmarnbelt-Brücke aus. Er befürchte, „dass die ganze Sache jetzt stecken bleibt“, sagt der Verkehrschef des dänischen Industrieverbands. Die Aussage des deutschen Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD), das Projekt habe für die Bundesregierung „keine hervorragende Priorität“, findet Palstrøm „enttäuschend“. Alle Prognosen und Analysen würden „klar das wirtschaftliche Potenzial“ des Brückenschlags nachweisen, hatte Palstrøm noch vor zwei Wochen hoffnungsvoll im Interview mit der taz nord erklärt.

Tiefensee hatte am Dienstag nach einem Treffen mit seinem dänischen Amtskollegen Flemming Hansen (Konservative) und dem schleswig-holsteinischen Ressortchef Dietrich Austermann (CDU) in Berlin dem Projekt ein Begräbnis zweiter Klasse in Aussicht gestellt. Nach „offenen und ehrlichen Verhandlungen“, so Hansen rückblickend, wurde eine „einvernehmliche Lösung“ präsentiert, die nach Tiefensees Worten „den Ball ins dänische Spielfeld“ beförderte.

Danach müsste Dänemark den Löwenanteil der etwa 4,1 Milliarden Euro für die 20 Kilometer lange Brücke selbst aufbringen oder private Vorinvestitionen mit Staatsgarantien absichern. Der Bund habe keinen Cent für das Projekt übrig. Auf wackeligen Beinen steht zudem die veranschlagte Ko-Finanzierung durch die EU in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Um den Brüsseler Verkehrstopf von lediglich knapp acht Milliarden Euro konkurriert die Fehmarnbelt-Brücke jedoch mit weiteren 28 „vorrangigen Projekten“.

Nach „endlosen Jubelmeldungen ohne Substanz“ solle man nun besser „einen Schlussstrich ziehen“, kommentierte Walter Christophersen, Verkehrspolitiker der Dänischen Volkspartei, die Berliner Vereinbarung. Von den Rechtspopulisten ist das Minderheitskabinett des konservativen Ministerpräsidenten Rasmussen abhängig. „Ein kleines Land wie Dänemark kann keine größere Verpflichtung übernehmen als Deutschland“, sagte Christophersen.

Die große Koalition in Schleswig-Holstein aber will noch nicht alle Hoffnung fahren lassen. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) erklärte die Bereitschaft zu einer „Anschubfinanzierung“ für eine deutsch-dänische Projektgesellschaft, die den Bau planen solle. Eine „Mitfinanzierung oder Risikoabdeckung der Baukosten“ aber kommt auch für ihn nicht in Frage. SVEN-MICHAEL VEIT