el masris briefe aus amerika (3)
: „Auch Senatoren haben sich bei mir entschuldigt. Das hat mich sehr beeindruckt“

In dieser Woche verhandelte das Berufungsgericht Richmond im US-Bundesstaat Virginia die Klage des Deutschen Khaled El Masri, der 2003 vom US-amerikanischen Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt worden war. Die taz dokumentiert die Eindrücke El Masris während seiner einwöchigen Reise in die USA.

National Press Club, Washington, Mittwoch, 9 Uhr. Heute Morgen sind wir zu der riesigen Pressekonferenz gefahren. Es waren viele Journalisten da, mein Anwalt Manfred Gnjidic hat 16 Kameras gezählt. Er meinte auch, diese Veranstaltung sei die größte, die die American Civil Liberties Union je auf die Beine gestellt hat.

Nachdem meine Anwälte ihre Erklärungen abgegeben hatten, wurde auch ich befragt. Eigentlich mag ich es gar nicht, so im Rampenlicht zu stehen. Am Anfang war ich ziemlich nervös, aber mein Anwalt hat versichert, ich hätte sehr professionell gewirkt. Trotzdem – am liebsten wäre es mir, wenn ich nicht immer so viele Fragen beantworten müsste und so viele Kameras auf mich gerichtet wären.

Beim Mittagessen auf dem Capitol Hill wurde es mir dann doch zu viel. Jane Mayer vom New Yorker, die ein Interview mit uns machte, hat mich auch zu meiner Zeit im Gefängnis befragt. Da kamen die ganzen Bilder wieder hoch. Ich bin zusammengebrochen und hatte eine kleine Krise. Aber nach einer kurzen Pause ging es schon wieder.

Anschließend waren wir im Senatsgebäude, wo ich meine Geschichte noch mal erzählen durfte. Das Erstaunliche war, dass viele Leute, auch Senatoren, auf mich zugekommen sind, um sich bei mir zu entschuldigen. Das hat mich sehr berührt. Ich habe dann geantwortet: Das waren doch nicht Sie, die mir das angetan haben. Entschuldigen müssen sich andere – und zwar die Leute, die immer noch versuchen, die Dinge unter den Teppich zu kehren.

Insgesamt habe ich ein sehr positives Gefühl. Ich durfte auch ein anderes Amerika kennen lernen – ein Amerika, das sich kümmert und sich für mich interessiert. Im Interview mit der Washington Post habe ich auch gesagt, dass ich nichts gegen Amerikaner habe, sondern etwas gegen diese unmenschliche Außenpolitik, die teilweise von ihnen betrieben wird.

Kein einziger Amerikaner, den ich hier die letzten Tage getroffen habe, ist mir negativ begegnet. Nach Washington zur Pressekonferenz kamen sogar Leute von weit her, um mich zu unterstützen. Die haben mir gesagt, dass sie gar nicht einverstanden mit dem sind, was mir widerfahren ist. Das sei nicht das Amerika, das sie haben wollten.

Aufgezeichnet von Isabella Kempf