LESERINNENBRIEFE
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Alternative „Brücken“

■ betr.: „Nicht sattelfest, nicht wasserdicht“, taz vom 17. 3. 11

Derzeit gibt es in der Europäischen Union 143 tödliche Gefahrenpunkte mit Atommeilern.

Falls Deutschland seine 17 möglichen Unfallschwerpunkte beseitigt, wird sich jeder Bürger Europas freuen, dass von dort kein Risiko mehr ausgehen kann. Wenn die Bundesrepublik in Verbindung mit Brüssel darauf besteht, dass alle privaten und staatlichen Betreiber für alle Personen- und Sachschäden in unbegrenzter Höhe haften und entsprechende Rücklagen nachweisen müssen, wird allein aus Kostengründen sehr rasch ein Ausstieg aus diesem unbeherrschbaren Risiko erfolgen.

Auch der Verweis auf die Brückentechnologie sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Brücke auf halbem Wege in einen tödlichen Abgrund führen kann. Die bereits mögliche „Alternative Brücke“ ist – auch wenn sie bei Baubeginn zunächst teurer sein sollte – billiger als jeder GAU. WOLFGANG HARTENFELS, Kusel

Fukushima ist keine Überraschung

■ betr.: „Das Restrisiko“ u. a., taz vom 14. 3. 11

Zurzeit sind weltweit 210 Kernkraftwerke mit 436 Reaktorblöcken am Netz. Laut Kalkül der Betreiber passiert ja nur alle 10.000 Jahre ein GAU pro Reaktorblock. 10.000 geteilt durch 400 ist gleich 25. Das heißt, die Betreiber gehen von der Wahrscheinlichkeit aus, dass alle 25 Jahre in einem der 210 Kernkraftwerke ein GAU geschieht und nennen das „minimiertes Restrisiko“. Vor 25 Jahren war Tschernobyl. Exakte Kalkulation! Fukushima ist keine Überraschung.

SVEN JAKUBITH, Dipl.-Physiker, Berlin

Manager sollen löschen

■ betr.: „Die hilflosen Helfer“, taz vom 17. 3. 11

Schickt die Manager und „Führungskräfte“ an die Reaktoren, statt der Arbeiter und Techniker, die jetzt mal wieder den Mist ausbaden müssen, den die Kostendrücker angerichtet haben! Wasser pumpen werden die auch können. WOLFGANG NEEF, Berlin

Der kleine Mann

■ betr.: „Die Helden von Fukushima“, taz vom 17. 3. 11

Japanische Regierungen und die Manager der Betreiberfirmen haben entschieden, Atomkraftwerke maximal gegen Erdbeben der Stärke 8,0 abzusichern, weil mehr Absicherung allen Beteiligten zu teuer war. Alle, die dies entschieden, haben ihre Familie sicher schon evakuiert. Und kämpfen nicht in vorderster Front in Fukushima. Der kleine Mann darf den Helden spielen, doch seine Witwen werden später um ihre Witwenrente kämpfen müssen. Warum senden wir nicht zuerst 50 Politiker, die dies damals entschieden, als Helfer ins Kraftwerk? Und danach, wenn sie nicht mehr können, 50 Manager der Betreiberfirma? Wenn das so wäre, würde nie wieder jemand solche Entscheidungen wie damals treffen.

ST. HORVATH, Schriesheim

Sprachliche Feinheiten

■ betr.: „Atomare Hölle“ u. a., taz vom 16. 3. 11

Zur laufenden Japan-Berichterstattung fallen mir zwei sprachliche Feinheiten auf. Erstens sehe oder höre ich kaum Bekundung von „Betroffenheit“. Diese Beschreibung eines psychischen Zustands ist nicht nur abgenutzt, sie wird auch mehr und mehr als hilflose bis heuchlerische Pflichterfüllung verstanden. Das reicht hier nun wirklich nicht mehr aus, da muss man sich etwas Neues einfallen lassen. Außerdem weiß jeder, wer hier wirklich betroffen ist, und mit deren Horror wird kaum jemand wagen, sich sprachlich gleichzustellen. Obwohl tatsächlich die ganz Welt hiervon physisch massiv bedroht ist. Zweitens ist hier nun die Rede von einem Super-GAU. Der GAU selbst ist bekanntlich „der größte anzunehmende Unfall“. Schon früher fand ich es merkwürdig, wie eng die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft hier gezogen wurden, wie leichtfertig bzw. beschwichtigend da mit dem Superlativ umgegangen wurde. Wenn es nun einen noch größeren Unfall als den größten gibt, aber nicht nur angenommen, sondern schrecklich wirklich, dann heißt das wohl, dass das Kürzel GAU nur noch „Katastrophe“ oder bloß „großer Mist“ bedeutet. Das ehemals Größte lässt sich nun noch steigern: Vom Super-GAU ist ist es nicht weit zum Mega- oder gar der Giga-GAU. Hoffentlich aber nur sprachlich. ARNDT WIGGER, Königswinter