Bekloppte Birnenkäufer

In Australien werden Glühbirnen demnächst gesetzlich verboten. Bleibt die Frage: Warum muss man Menschen zu so sinnvollen und einfachen Dingen wie Energiesparlampen eigentlich erst zwingen?

VON MALTE KREUTZFELDT

Australien verbietet – als zweites Land nach Kuba – klassische Glühbirnen und zwingt die Bewohner, von 2009 an komplett auf Energiesparlampen umzusteigen. Und sofort setzt in Deutschland die Debatte ein, ob es nicht auch hierzulande an der Zeit ist, die mehr als 100 Jahre alte Technik, die nur 5 Prozent der Energie in Licht und 95 Prozent in Wärme verwandelt, per Gesetz ins Museum zu verbannen.

Neben der Verwunderung darüber, dass diese Idee ausgerechnet aus einem Land kommt, das ansonsten zu den größten Klimasündern des Planeten gehört, wirft diese Entwicklung eine andere Frage auf: Warum um alles in der Welt braucht man eigentlich ein Gesetz, um Energiesparlampen zum Durchbruch zu verhelfen?

Denn bei kaum einem anderen Ökoprodukt liegen die Vorteile so deutlich auf der Hand. Um sich eine Solaranlage aufs Dach zu bauen, braucht man erst mal ein Haus. Für ein Auto mit geringerem CO2-Ausstoß (oder auch eine Jahreskarte für die Deutsche Bahn) müssen die meisten Menschen erst einen Kredit aufnehmen. Und der Umstieg auf einen Ökostromanbieter führt zwar kaum zu Mehrkosten, erfordert aber immer noch die Fähigkeit, einen Anbieter herauszusuchen und eine Postkarte abzuschicken. Alles perfekte Ausreden für jeden, der eigentlich gern aktiv würde, aber es dann doch irgendwie nicht schafft.

Aber Energiesparlampen? Der ökologische Nutzen (gleiches Licht bei einem Fünftel des Stromverbrauchs) ist leicht einsehbar. Erhältlich sind sie inzwischen praktisch überall. Das Reindrehen gestaltet sich nicht komplizierter als bei einer Glühbirne. Ihre Form und Größe hat sich in den letzten Jahren so verändert, dass sie in fast jede Lampe passen (auch wenn sie im antiken Kronleuchter immer noch einen besonderen Hinguckereffekt auslösen). Und das immer wieder gern zitierte finanzielle Argument – „Klimaschutz darf nicht auf dem Rücken der Armen stattfinden“ – zieht bei diesem Produkt nun überhaupt nicht.

Ganz im Gegenteil: Jede Energiesparlampe holt ihren Anschaffungspreis von 2 bis 15 Euro schon im ersten Jahr über den im Vergleich zu einer gleich hellen Glühbirne eingesparten Strom wieder ein. Und damit ist die Sache ja noch nicht vorbei: Die Sparlampe hält 10- bis 20-mal so lange wie die klassische Birne und spart über ihre gesamte Lebensdauer – bei 3 Stunden Licht am Tag sind das über 10 Jahre – mehr als das Zehnfache ihres Anschaffungspreises an Stromkosten ein. Eine solche Rendite – 1.000 Prozent insgesamt und mehr als 100 Prozent im Jahr – bietet kein noch so spekulativer Hedgefonds. Und selbst wer sich bei einem Kredithai mit Wucherzinsen Geld für die Anschaffung von Energiesparlampen leihen müsste, würde noch ein gutes Geschäft machen.

Angesichts dieser großartigen Werte erstaunt eine andere Zahl um so mehr: In Deutschland wurden im letzten Jahr zehnmal so viele klassische Glühbirnen verkauft wie Energiesparlampen. Und nach einer Umfrage der Initiative EnergieEffizienz sind zwar in jedem dritten deutschen Haushalt mehr als fünf Sparlampen im Einsatz, gibt es aber in knapp einem Drittel keine einzige Sparlampe.

Wir bleiben also ein Volk von bekloppten Birnenkäufern. Diese Feststellung ist nicht nur eine traurige Tatsache. Sie stellt zudem die gesamte Vorstellung in Frage, dass Umweltpolitik auf aufgeklärte Verbraucher und marktwirtschaftliche Anreize setzen kann. Wenn Vernunft und Marktwirtschaft selbst bei einem so eindeutigen Thema wie Glühbirnen nicht funktionieren, darf bei komplizierteren Problemen erst recht nicht viel vom Verbraucher erwartet werden.

Ein Trost bleibt. Denn ganz schlecht sind die Menschen nicht: Im Gegensatz zum Verhalten an der Ladentheke sprechen sich breite Mehrheiten in Umfragen regelmäßig für Umweltschutz und andere positive Ziele aus. Diese Diskrepanz findet sich auch anderswo: Wenn Meinungsäußerungen und Kaufverhalten übereinstimmen würden, dürfte es in Deutschland kaum ein Ei aus Käfighaltung mehr geben.

Aus dieser Sicht ist der australische Weg der richtige: Der Verbraucher will zu seinem Glück gezwungen werden. Die Politik sollte ihm diesen Gefallen tun. Wenn die Mehrheit überzeugt ist, dass ein Produkt schädlich ist, muss nicht darauf gewartet werden, dass auch beim Letzten alte Gewohnheiten oder Informationsmangel überwunden werden. Der australische Birnenbann ist ein Weckruf an die deutsche Umweltpolitik: Statt nur über komplizierte Steuer-, Zuschuss- oder Pfandsysteme zu diskutieren, ist ein simples Verbot oft die beste Lösung.