portrait
: Die Nichtraucherin, die nach oben strebt

Sabine Bätzing ist eine, die nie geraucht hat. Eine, die den Spielsüchtigen und den Rauchgiftabhängigen helfen will und die in ihrer Heimat im Westerwald dem Tierschutzverein angehört. Eine, die 2002 im Bundestag als jüngste SPD-Abgeordnete kurz nach Gerhard Schröder reden durfte. Sie war 27, es war ihre allererste Rede, und sie hat gesagt, dass die Politiker in Berlin nicht so viel nörgeln und miesmachen sollen. Es hörte sich nach Streberin an.

Inzwischen ist sie 32 Jahre alt und Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Als sie neu im Amt war, hat sie sogar mit den Betreibern von Zigarettenautomaten einen auf lieb gemacht, aber inzwischen hat sie gemerkt, dass der Lobbykampf ums Rauchen eine Geschichte ist, in der es böse zugehen kann.

Bätzing hat gelernt, dass Medienpräsenz Politikern Macht verleiht. Deswegen spielt sie mit, wenn Journalisten so tun, als sei ihr Wort das der Kanzlerin. Neulich war es wieder so: Eine Zeitung klopfte an ein Fensterchen der Berliner Regierungsburg, und ein freundlicher Backfisch guckte raus: „Wir prüfen gerade, ob und wie es möglich ist, Rauchen beim Autofahren zu verbieten.“ Alle Wetter! Bundesregierung prüft Rauchverbot in Autos!

Sogar Rauchgegner waren aufgebracht: Bätzing nutze mit derart überzogenen Ideen der Tabaklobby. Es gibt aber noch eine andere Sichtweise: Die Debatte müsse am Laufen gehalten werden, jetzt, wo die Zigarettenindustrie so schön unter Druck steht und Aussitzen nicht mehr hilft. Wie auch immer, Bätzing ist noch häufiger in den Medien. Vielleicht ist sie eine Streberin, naiv ist sie nicht.

Am Anfang hatte sie es schwer. Ihre Vorgängerin war Marion Caspers-Merk, die sie in der Antiqualmlobby ehrfurchtsvoll CM nannten – wie die Agenten in James-Bond-Filmen ihre Chefin geheimnisvoll M nennen. Aber weil Staatssekretärin, Drogenbeauftragte und Abgeordnete etwas viel auf einmal ist, gab CM das eine Amt ab. Die 20 Jahre jüngere Bätzing übernahm, im Bundestag hatte sie sich schon ein bisschen mit Alkopops beschäftigt. CM und die Neue verbindet, dass sie gerne Henning Mankell lesen.

Als Union und SPD im Herbst um Rauchverbote rangen, wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Das Gesundheitsministerium schickte nicht die Drogenbeauftragte, sondern CM. Im Dezember verkündete CM die Ergebnisse, als Erste und exklusiv. Ein paar Tage später erklärte die Regierung die Pläne größtenteils für verfassungswidrig.

Seitdem steigt die Bedeutung der Sabine Bätzing. Beim Nichtrauchergipfel der Gesundheitsminister am Freitag in Hannover ist sie zwar nicht mal dabei, aber in der Vorberichterstattung spielt sie eine Rolle, als sei sie längst Ministerpräsidentin. GEORG LÖWISCH